Grundstückshandel unter der Lupe
Anklage fordert im Berufungsverfahren eine mildere Strafe gegen Ex-Bürgermeister
Luxemburg. Im Jahr 2009 kehrt Charles Unsen zurück an die Spitze. Nach zehn Jahren übernimmt er im Zuge eines Misstrauensvotums gegen den damaligen Bürgermeister John Breuskin (CSV) zum zweiten Mal die Leitung der Kommune Sandweiler. Sein Mandat kann er nicht lange halten. Vorwürfe wegen illegaler Vorteilnahme und Korruption im Zusammenhang mit Grundstückskäufen zwingen ihn 2011, sich als LSAPSpitzenkandidat bei den Gemeindewahlen zurückzuziehen.
2019 folgte schließlich ein juristisches Nachspiel: Der Ex-Bürger- meister wurde in erster Instanz zu einer Geldstrafe von 50 000 Euro und drei Jahren Haft – davon zwei zur Bewährung – verurteilt. Die ebenfalls beschuldigte Habiba Z. wurde zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe und einer Geldbuße von 5 000 Euro verurteilt. Die beiden Angeklagten beteuern bis heute ihre Unschuld. Sie legten Einspruch gegen das Urteil ein, weshalb die Tatvorwürfe nun nochmals vor dem Berufungsgericht verhandelt wurden.
Im Mittelpunkt stehen Grundstückskäufe aus dem Jahr 2010. Charles Unsen soll als Privatmann Habiba Z. ein neun Ar großes Grundstück für etwa 16 500 Euro pro Ar abgekauft haben. Die Gemeinde hatte kurz zuvor unter seiner Leitung von derselben Frau ein angrenzendes drei Ar großes Grundstück für rund 70 000 Euro pro Ar für den Bau einer Abwasserleitung erworben.
Die Preisunterschiede an sich sind nicht zwingend illegal. Laut den Ermittlungen fanden die Geschäfte aber unter fragwürdigen Bedingungen statt. Nicht nur wurde die Halbtagsstelle von Habiba Z. als Reinigungskraft bei der Gemeinde auf 40 Stunden ausgeweitet, später erhielt eine ihrer Verwandten eine Anstellung. Zudem beläuft sich zwar der Kaufvertrag zwischen Unsen und der Frau auf 150 000 Euro. Die Frau erhielt aber zusätzlich Anfang 2011 von Charles Unsen 100 000 Euro.
Beide Angeklagten beteuerten bereits in erster Instanz, dass es sich um ein Darlehen gehandelt habe. Ein Schuldschein wurde aber erst ein Jahr später unterzeichnet – als die Justiz ihre Ermittlungen bereits aufgenommen hatte.
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, sagte Charles Unsen zu Beginn
des Berufungsverfahrens. Er sei nicht auf Basis von etablierten Fakten, sondern von Vermutungen verurteilt worden. Sein Strafverteidiger forderte denn auch einen Freispruch für den heute 74Jährigen – ebenso wie die Anwältin von Habiba Z.
Gutachten nicht berücksichtigt
Die Strafverfolgungsbehörden seien von Anfang an darauf aus gewesen, seinen Mandanten zu verurteilen, so der Anwalt von Charles Unsen. Deshalb seien unter anderem auch mehrere vom Untersuchungsrichter beauftragte Gutachten von Experten nicht berücksichtigt worden. Diese würden belegen, dass Unsen das Grundstück von Habiba Z. sogar für einen zu teuren Preis gekauft habe.
„Warum sollte Charles Unsen das Grundstück kaufen, wenn er glaubt, dass die Parzelle nicht einmal den Preis einer Kuhwiese wert ist?“, sagte die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft. Charles Unsen habe gewusst, dass die Fläche mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Bauperimeter der Gemeinde aufgenommen werden würde. Dafür, dass das Grundstück einen gewissen Marktwert gehabt habe, spreche auch, dass ein Paar bereit war Habiba Z. 460 000 Euro dafür zu zahlen. Dem Handel willigte die Frau aber nicht ein.
Die Anklägerin betonte, dass die Vorwürfe erwiesen seien. Beide Angeklagten hätten sich bei den Geschäften auf einer illegalen Weise Vorteile verschafft. Sie forderte die Bestätigung des Urteils aus erster Instanz. Die Haftstrafe für Charles Unsen solle aber in ihrer Gesamtheit zur Bewährung ausgesetzt werden.