Steuerruder umgelegt
Neuer Präsident des Tourismusverbands Müllerthal zieht Bilanz der Einsparungen und ruft zu Digitalisierung auf
Echternach. Es waren deutliche Worte, die der neue Präsident Christophe Origer wählte, um die Situation des Tourismusverbands der Region Müllerthal zu charakterisieren. „Wenn man auf einem sinkenden Schiff steht, muss man handeln und darf nicht die Augen verschließen“, sagte Origer am Donnerstag bei seiner ersten Generalversammlung.
Viel ist in den acht Monaten geschehen, seit Christophe Origer das Amt des Präsidenten angetreten hat. Als Erster hatte er öffentlich auf die desolate Finanzlage des Tourismusverbands (ORT) hingewiesen. Jahrelang hatte der Dienstleister in guten Jahren von der Hand in den Mund gelebt, in schlechten Jahren mussten Kredite aufgenommen werden.
„Für mich war gleich am Anfang klar, dass es nicht so weiter geht“, unterstrich Origer bei seiner Rede am Donnerstag noch einmal. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt kniete er sich in die Finanzen des Tourismusverbands. „Es war schon eine Mammutarbeit aufzuarbeiten, wo die Schieflage herkommt“, sagt er heute.
Die Konsequenzen ließen nicht lange auf sich warten. Noch im Jahr 2020 gab Origer die Parole aus, die allgemeinen Ausgaben müssten um 30 Prozent sinken. Der größte Einschnitt war die Reduzierung der Personalkosten, die um den gleichen Prozentsatz gekürzt wurden. Es folgten die freiwilligen Abgänge der Geschäftsführerin Sandra Bertholet und einer weiteren Mitarbeiterin.
Zusätzlich musste das ORT eine Kündigung aussprechen, sodass in diesem Jahr drei Beschäftigte weniger in dem Büro in der ehemaligen Echternacher Jugendherberge arbeiten. Die Leitung des Verbands wurde aus den eigenen Reihen besetzt: Linda Salentin ist seit Januar Geschäftsführerin, zunächst für ein Jahr, aber mit Option auf eine unbefristete Position.
Auch bei den übrigen Ausgaben setzte Origer den Rotstift an, zum Beispiel bei Printprodukten wie Broschüren und Faltblätter, von denen viel aufs Internet und in die App des ORT wanderte. Im Budget 2021 stehen folglich wieder schwarze Zahlen. Für die Zukunft soll eine neu eingesetzte Arbeitsgruppe zusätzliche Einnahmen erschließen. An den Beiträgen für die Gemeinden ändert sich für dieses Jahr nichts, sie bleiben bei fünf Euro pro Einwohner, was bereits der höchste Satz unter den Tourismusverbänden des Landes ist.
Säulen kommen gut an
Die bereits begonnene Digital-Offensive möchte das ORT fortsetzen, zum Beispiel durch mehr elektronische Säulen, an denen Touristen sich über Sehenswürdigkeiten informieren und Übernachtungen buchen können. Derzeit stehen Säulen in Echternach, Fels und an einigen Tourist-Infos. „Sie wurden 2020 viel benutzt, genauso wie unsere App und die Internet-Seite“, sagt Origer.
Der regelrechte Ansturm auf die Region Müllerthal im vergangenen Corona-Sommer mit 160 000 Wanderern allein auf dem Müllerthal Trail hatte auch seine Schattenseiten. „Entlang der Wege lag ungewöhnlich viel Müll in den Wäldern“, bilanziert Christophe Origer. Mülleimer gebe es zwar genug, doch in Zukunft müsse man die Besucher sensibilisieren, sie auch zu benutzen. „Die Natur ist kein Vergnügungspark“, meint der Präsident. „Ich denke, dass es nicht die erfahrenen Wanderer sind, die Müll in die Landschaft werfen, sondern eher Leute, die das noch nicht gewohnt waren.“
Geschäftsführerin Linda Salentin will in diesem Jahr beim Vëlosummer groß in den Fahrradtourismus einsteigen – ein Segment, das trotz der unsicheren CoronaLage gut laufen dürfte.