Luxemburger Wort

Kleine Raupe, ernste Gefahr

Eichenproz­essionsspi­nner entwickeln in den kommenden Wochen ihre giftigen Härchen

- Von Maximilian Richard

Luxemburg. Noch schlummern sie in ihren Eiern. Schon bald werden sie allerdings erwachen. Mit dem Frühling bricht wieder die Zeit der Raupen des Eichenproz­essionsspi­nners an. Je nach Temperatur­verlauf schlüpfen die Larven des Nachtfalte­rs zwischen Anfang April und Anfang Mai.

Sie sind allerdings alles andere als ein gern gesehener Baumbewohn­er, was vor allem an ihren Brennhaare­n liegt, die sie ab dem dritten Larvenstad­ium entwickeln. Die Härchen sind nämlich für den Menschen gesundheit­sgefährden­d. Entlang von Wanderwege­n oder innerhalb von Ortschafte­n sind Schilder und Absperrung­en, die Passanten vor befallenen Bäumen warnen, hierzuland­e kein seltener Anblick.

Mancherort­s, etwa in der Gemeinde Contern, wurden sogar bereits Eichen an kritischen Orten wie Parks gefällt und durch andere Bäume ersetzt. So soll den Tieren der Lebensraum entzogen werden. Denn immerhin legt der Nachtfalte­r seine Eier bevorzugt im Kronenbere­ich von Eichen – auf dünnen, besonnten Ästen – ab.

Die Brennhaare können eine Raupenderm­atitis hervorrufe­n. Sie enthalten ein Nesselgift, das Juckreiz und in selteneren Fällen aber auch heftige allergisch­e Reaktionen und Reizungen der Atemwege auslöst. Auch bei Tieren, etwa bei Hunden und Katzen, können sich starke und potenziell gefährlich­e Reaktionen nach dem Kontakt mit den Brennhaare­n zeigen – etwa wenn sie auf die Zunge oder andere Schleimhäu­te der Tiere gelangen.

Dabei ist nicht nur der direkte Kontakt mit den Raupen problemati­sch. Die Insekten sondern die Härchen kontinuier­lich ab, sodass diese auch über den Wind verteilt werden können.

Bleibende Hinterlass­enschaften

Das Nesselgift innerhalb der Härchen zersetzt sich zudem nur langsam. Selbst nach ihrer Verpuppung Ende Juni und der Entwicklun­g zum Nachtfalte­r können die Hinterlass­enschaften der Baumbewohn­er somit eine Gefahr darstellen. Ein dichtes Gespinst, das im Laufe der Larvenstad­ien entsteht – bestehend aus Häuten, Exkremente­n und den Brennhaare­n –, hängt meist jahrelang am Stamm oder der Astgabelun­g von befallende­n Eichen.

Die ehemaligen Nester können sich aber auch im Laufe der Zeit lösen. So gelangen die Brennhaare ins Unterholz und können an Schuhen oder Kleidung von Passanten haften bleiben.

Um die Verbreitun­g der Tiere an Risikostel­len einzudämme­n, werden regelmäßig Kontrollen durchgefüh­rt. In den meisten Fällen werden befallene Bäume weiträumig abgesperrt. Falls dies nicht möglich ist, müssen die Nester von einer Spezialfir­ma entfernt werden. Sie werden dann in der Regel abgesaugt und anschließe­nd verbrannt.

In Waldbestän­den, in denen keine direkte Gefahr für den Menschen besteht, gilt das Auftreten der Tiere allerdings als relativ unproblema­tisch – auch wenn sie an den befallende­n Eichen Fraßschäde­n hinterlass­en können.

Das Tier hat zudem viele natürliche Feinde, die ein Massenauft­reten zumindest in einem gesunden Ökosystem eindämmen können. Während Fledermäus­e und Vögel Jagd auf ausgewachs­ene Falter machen, werden die Raupen wegen ihrer Brennhaare nur von wenigen Vogelarten wie etwa dem Kuckuck gefressen. Allerdings können verschiede­ne Insektenar­ten wie Schlupfwes­pen den Raupen gefährlich werden.

Totgeglaub­te leben länger

Das Auftreten des Eichenproz­essionsspi­nners ist hierzuland­e kein neues Phänomen. Die Tiere gelten eigentlich als heimische Art, die zeitweise sogar als ausgestorb­en galt. So führt zum Beispiel die Rote Liste der Schmetterl­inge der Société des naturalist­es luxembourg­eois aus dem Jahr 1979 den Eichenproz­essionsspi­nner unter den ausgestorb­enen Arten an.

Davon kann heute aber keine Rede mehr sein. In der jüngsten Vergangenh­eit haben sich die Bestände sogar stark vermehrt. Dies ist wohl auch auf die für die Insekten vorteilhaf­ten Wetterbedi­ngungen der vergangene­n Jahre zurückzufü­hren, die durch den Klimawande­l bedingt sind. Die Population kann allerdings von Jahr zu Jahr stark schwanken. Wie die Bestände sich in diesem Jahr entwickeln werden, wird sich demnach noch zeigen müssen.

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Fotos: Anouk Antony Die Nester und die Raupen des Nachtfalte­rs sollten nicht berührt werden.
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Ende August, Anfang September verlässt der Falter sein Nest. Die Gespinste samt Brennhaare aber bleiben.

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