Kleine Raupe, ernste Gefahr
Eichenprozessionsspinner entwickeln in den kommenden Wochen ihre giftigen Härchen
Luxemburg. Noch schlummern sie in ihren Eiern. Schon bald werden sie allerdings erwachen. Mit dem Frühling bricht wieder die Zeit der Raupen des Eichenprozessionsspinners an. Je nach Temperaturverlauf schlüpfen die Larven des Nachtfalters zwischen Anfang April und Anfang Mai.
Sie sind allerdings alles andere als ein gern gesehener Baumbewohner, was vor allem an ihren Brennhaaren liegt, die sie ab dem dritten Larvenstadium entwickeln. Die Härchen sind nämlich für den Menschen gesundheitsgefährdend. Entlang von Wanderwegen oder innerhalb von Ortschaften sind Schilder und Absperrungen, die Passanten vor befallenen Bäumen warnen, hierzulande kein seltener Anblick.
Mancherorts, etwa in der Gemeinde Contern, wurden sogar bereits Eichen an kritischen Orten wie Parks gefällt und durch andere Bäume ersetzt. So soll den Tieren der Lebensraum entzogen werden. Denn immerhin legt der Nachtfalter seine Eier bevorzugt im Kronenbereich von Eichen – auf dünnen, besonnten Ästen – ab.
Die Brennhaare können eine Raupendermatitis hervorrufen. Sie enthalten ein Nesselgift, das Juckreiz und in selteneren Fällen aber auch heftige allergische Reaktionen und Reizungen der Atemwege auslöst. Auch bei Tieren, etwa bei Hunden und Katzen, können sich starke und potenziell gefährliche Reaktionen nach dem Kontakt mit den Brennhaaren zeigen – etwa wenn sie auf die Zunge oder andere Schleimhäute der Tiere gelangen.
Dabei ist nicht nur der direkte Kontakt mit den Raupen problematisch. Die Insekten sondern die Härchen kontinuierlich ab, sodass diese auch über den Wind verteilt werden können.
Bleibende Hinterlassenschaften
Das Nesselgift innerhalb der Härchen zersetzt sich zudem nur langsam. Selbst nach ihrer Verpuppung Ende Juni und der Entwicklung zum Nachtfalter können die Hinterlassenschaften der Baumbewohner somit eine Gefahr darstellen. Ein dichtes Gespinst, das im Laufe der Larvenstadien entsteht – bestehend aus Häuten, Exkrementen und den Brennhaaren –, hängt meist jahrelang am Stamm oder der Astgabelung von befallenden Eichen.
Die ehemaligen Nester können sich aber auch im Laufe der Zeit lösen. So gelangen die Brennhaare ins Unterholz und können an Schuhen oder Kleidung von Passanten haften bleiben.
Um die Verbreitung der Tiere an Risikostellen einzudämmen, werden regelmäßig Kontrollen durchgeführt. In den meisten Fällen werden befallene Bäume weiträumig abgesperrt. Falls dies nicht möglich ist, müssen die Nester von einer Spezialfirma entfernt werden. Sie werden dann in der Regel abgesaugt und anschließend verbrannt.
In Waldbeständen, in denen keine direkte Gefahr für den Menschen besteht, gilt das Auftreten der Tiere allerdings als relativ unproblematisch – auch wenn sie an den befallenden Eichen Fraßschäden hinterlassen können.
Das Tier hat zudem viele natürliche Feinde, die ein Massenauftreten zumindest in einem gesunden Ökosystem eindämmen können. Während Fledermäuse und Vögel Jagd auf ausgewachsene Falter machen, werden die Raupen wegen ihrer Brennhaare nur von wenigen Vogelarten wie etwa dem Kuckuck gefressen. Allerdings können verschiedene Insektenarten wie Schlupfwespen den Raupen gefährlich werden.
Totgeglaubte leben länger
Das Auftreten des Eichenprozessionsspinners ist hierzulande kein neues Phänomen. Die Tiere gelten eigentlich als heimische Art, die zeitweise sogar als ausgestorben galt. So führt zum Beispiel die Rote Liste der Schmetterlinge der Société des naturalistes luxembourgeois aus dem Jahr 1979 den Eichenprozessionsspinner unter den ausgestorbenen Arten an.
Davon kann heute aber keine Rede mehr sein. In der jüngsten Vergangenheit haben sich die Bestände sogar stark vermehrt. Dies ist wohl auch auf die für die Insekten vorteilhaften Wetterbedingungen der vergangenen Jahre zurückzuführen, die durch den Klimawandel bedingt sind. Die Population kann allerdings von Jahr zu Jahr stark schwanken. Wie die Bestände sich in diesem Jahr entwickeln werden, wird sich demnach noch zeigen müssen.