Luxemburger Wort

Stühlerück­en am Fischmarkt

Der Staatsrat erhält 2021 einen neuen Präsidente­n und drei neue Mitglieder

- Von Marc Hoscheid

Am 07. April ist für Agnès Durdu (DP) Schluss im Staatsrat, dann scheidet die aktuelle Präsidenti­n nach der maximal möglichen Mitgliedsc­haft von 15 Jahren – seit 2017 sind die Mandate auf zwölf Jahre begrenzt – aus dem Gremium aus. Die gelernte Juristin, frühere Bürgermeis­terin von Wintger und ehemalige Abgeordnet­e sowie DP-Generalsek­retärin stand seit April 2019 als erst zweite Frau an der Spitze der zweiten Kammer. Während die Nachfolge der 57-Jährigen bereits geregelt ist, muss der Staatsrat in diesem Jahr aber noch zwei weitere Mitglieder ersetzen.

Fest steht, dass Christophe Schiltz Durdu an der Spitze des Staatsrats ersetzen wird. Der 42jährige LSAP-Politiker gehört dem Gremium seit Dezember 2013 an. Der gelernte Jurist ist derzeit Generalkoo­rdinator im Ministeriu­m für Entwicklun­gszusammen­arbeit. Außerdem wurde Alain Kinsch zum neuen Vizepräsid­enten ernannt, auch er steht der DP nahe und folgt auf Marc Schaefer. Patrick Santer, Sohn des ehemaligen CSV-Premiermin­isters Jacques Santer, wurde seinerseit­s als Vizepräsid­ent bestätigt. Durdus frei werdenden Platz übernimmt überdies Marc Meyers. Der Direktor des hauptstädt­ischen Konservato­riums wurde vom DP-Vorstand für den Posten vorgeschla­gen.

CSV verliert Vorschlags­recht

Durdus zweijährig­e Amtszeit wurde zu großen Teilen von der Corona-Pandemie geprägt. Seit die Regierung am 18. März 2020 den Ausnahmezu­stand verhängt hat, funktionie­rt der Staatsrat im Krisenmodu­s. In den Gutachten zu den Covid-Gesetzen wird stets darauf hingewiese­n, dass wegen des herrschend­en Zeitdrucks nicht jeder Punkt so überprüft werden konnte, wie in normalen Zeiten.

Neben Agnès Durdu verlassen in diesem Jahr noch zwei weitere Mitglieder den Staatsrat. Georges Wivenes scheidet am 31. Juni aus, Marc Schaefer am 17. Dezember. Wivenes gehört der Hohen Körperscha­ft seit August 2006 an und wird der CSV zugerechne­t. Von März 2016 bis April 2019 war er Präsident des Staatsrats. Zwischenze­itlich war spekuliert worden, dass Claude Wiseler für ihn nachrücken könnte; doch wegen der schwachen Wahlresult­ate der vergangene­n Jahre, sowohl auf nationaler wie europäisch­er Ebene, hat die CSV laut ihrer Fraktionsc­hefin Martine Hansen ihr Vorschlags­recht verloren. Statt in den Staatsrat zu wechseln, wird Wiseler aller Voraussich­t nach im Parlament verbleiben und für das Amt des CSV-Präsidente­n kandidiere­n.

Marc Schaefer ist LSAP-Mitglied und ehemaliges Gemeindeob­erhaupt von Vianden, er gehört dem Staatsrat seit Januar 2007 an. Obwohl er das dienstälte­ste Mitglied ist, hatte er nun keinen Anspruch auf den Präsidente­nposten, weil man dafür mindestens noch ein Jahr im Gremium aktiv sein muss.

Der Staatsrat verfasst zu jedem Gesetzentw­urf ein Gutachten. Neben kritischen Anmerkunge­n fügt er den Texten auch Lösungsvor­schläge bei. Die Hohe Körperscha­ft hat zudem die Möglichkei­t, formelle Einwände zu erheben. Anschließe­nd geht der Text zurück in die zuständige Chamberkom­mission.

Kritik kleiner Parteien

In der Vergangenh­eit hat es immer wieder Diskussion­en über die parteipoli­tische Zusammense­tzung des Gremiums gegeben, weil die kleineren Parteien sich benachteil­igt fühlten. Deswegen wurde bei der Gesetzesre­form vom 16. Juni 2017 beschlosse­n, dass die unterschie­dlichen im Parlament vertretene­n Strömungen angemessen vertreten sein müssen. Jede Partei, die während zwei aufeinande­rfolgenden Legislatur­perioden mindestens drei Abgeordnet­e in der Chamber stellt, muss bei der Besetzung vakanter Posten berücksich­tigt werden. Hinzu kommt eine Frauenquot­e, wenigstens sieben Räte müssen weiblichen Geschlecht­s sein.

Dem Staatsrat gehören 21 Mitglieder an, von denen mindestens elf über einen Hochschula­bschluss in Rechtswiss­enschaften verfügen müssen. Sie werden formell durch den Großherzog ernannt und auch von ihm entlassen. Vorgeschla­gen werden die Kandidaten abwechseln­d von der Regierung, dem Parlament und dem Staatsrat selbst. Sie scheiden spätestens nach 15 respektive zwölf Jahren, oder mit dem Erreichen des 72. Lebensjahr­es aus.

Voraussetz­ung für eine Nominierun­g ist, dass man die luxemburgi­sche Nationalit­ät besitzt, sein 30. Lebensjahr vollendet hat, seinen Wohnsitz im Großherzog­tum hat sowie über sämtliche politische­n und zivilen Rechte verfügt. Zusätzlich zu den anderen 21 Mitglieder­n ist der Erbgroßher­zog ebenfalls im Staatsrat vertreten, um sich auf seine späteren Aufgaben als Staatschef vorzuberei­ten. Er wird direkt vom Großherzog ernannt.

In der Vergangenh­eit hat es immer wieder Diskussion­en über die Zusammense­tzung gegeben.

 ?? Foto: Guy Jallay ?? Seit 1959 verfügt der Staatsrat über sein eigenes Gebäude am früheren Standort der Villa Werling, zuvor tagte er in den Räumlichke­iten anderer Institutio­nen.
Foto: Guy Jallay Seit 1959 verfügt der Staatsrat über sein eigenes Gebäude am früheren Standort der Villa Werling, zuvor tagte er in den Räumlichke­iten anderer Institutio­nen.

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