Nuckes Majerus zum Gedenken
Die Nachricht traf mich voll, als Paul Majerus mir neulich per SMS mitteilte, dass sein Vater im Ettelbrücker Krankenhaus verschieden sei. Musste Herr Majerus doch erst kürzlich von seiner ihn stets mit Hingabe umsorgenden Frau Abschied nehmen, hat es Ihn nun selbst getroffen.
Bereits kurze Zeit nach Eintritt in die wohl verdiente Rente erlitt er einen schweren Schlaganfall, was für ihn ein sehr hartes Schicksal war. Vor allem, da dieser ihm seine von uns allen geliebte, sonore Stimme nahm. Er wurde gezwungen, seinen gewohnten Lebensrhythmus runterzufahren.
Diesem starken, robusten Menschen, dem wir immer gerne zuhörten, war es auf einmal nicht mehr gegönnt, sich sprachlich so mitzuteilen, wie er es gewollt hätte. Obwohl es ihm nach jahrelangem, intensivem Training gelang, sich sprachlich besser zu verständigen, konnte er leider nicht mehr auch nur annähernd an seine gewohnte Redegewandtheit anknüpfen. Dieser Verlust machte ihm besonders zu schaffen. Gott sei Dank aber hatten seine geistigen Fähigkeiten ihn nicht verlassen. Denn sein Kopf blieb helle und das war er schon immer.
Viele, sehr viele des Schierener Musikvereins werden traurig sein, da es immer schön und abwechslungsreich war, ihn nach der Musikprobe in der Runde zu haben. Nicht nur als Musikant war er geschätzt, sondern auch seine handwerklichen Kenntnisse waren sehr oft gefragt, sei es bei mechanischen Problemen aller Art oder beim Reparieren von Musikinstrumenten. Vor allem aber bei den Vorbereitungen der vom Verein organisierten Feste, wie etwa dem „Zigeinerbal“oder dem „Summerfest“, war er unabkömmlich.
Er war ein Allroundtalent, welches er oft unter Beweis stellte und scheute sich nicht, fest mit anzupacken. Sein Gedankenfluss war von großer Schnelle, manch einem gar zu schnell und so wurde er zum Meister der Improvisation. Dieses Improvisationstalent erwies sich oft als Rettung bestehender Probleme.
Ich erinnere mich noch gut, dass es ihm gelang mit Hammer und Zange zu bewerkstelligen, was Andere oft mit bestens ausgestattetem Werkzeugkasten nicht hinbekamen.
Auch bei seinem Arbeitgeber, der CFL, hieß es: „Den Nuckes kann alles“. Noch kurze Zeit nach seinem Eintritt ins Rentendasein, wandten sich frühere Arbeitskollegen an ihn, wenn sie einen schnellen Lösungsvorschlag zu einem bestehenden Problem haben wollten.
Zufällig erfuhr ich einmal von seinem Chef, dass es für ihn nicht immer einfach war, Nuckes in das bestehende System einzuordnen. Im gleichen Atemzug erwähnte dieser aber auch, dass alle zusammen sich schwer täten, ihm auch nur ansatzweise, in seiner Sparte, das Wasser zu reichen. Auch das war Nuckes.
Er tat dies aus warmer Menschlichkeit, ohne dem Wort Selbstlob hinterher zu jagen. Er half vielen, wenn er nur konnte. Sogar dem Dorfpfarrer hätte er nie seine Hilfe verweigert, wohlwissend, dass alles vom „hellegen Saam“– das war seine Bezeichnung für alles, was sich so unterm Kirchturm zutrug – nie sein Ding war.
Kehrte er der Arbeit mal den Rücken, fuhr er gemeinsam mit seiner Frau nach Frankreich. Genauer Richtung Bretagne, wo das Segeln es ihm angetan hatte. Genau dort besuchte ich vor langer Zeit sein Segelboot im Ort „Rosbras“. Sein Segelboot betrachtend, klopfte mir ein Fischer auf die Schulter mit den Worten: „Bonjour, Monsieur Nicolas est avec vous?“. War er nicht, und trotzdem lud der nette Fischer mich auf ein Glas Rotwein auf die Terrasse einer naheliegenden Dorfkneipe ein. Er erzählte mir von seinem Fischerjob, aber stets in Verbindung mit dem was sie in all den Jahren so von dem „luxembourgeois“über das Segeln zu berichten wussten. Wie er sein technisches Wissen in der oft rauen Nautik einzusetzen wusste oder, dass er ihnen manchmal bei der Instandsetzung der Seilwinde ihres Fischkutters schnelle Abhilfe bat und dies ohne auch nur einen Centime als Dank entgegennehmen zu wollen. Bei den von den Fischern zubereiteten Meeresfrüchten, zeigte er aber stets großes Interesse, was sie sehr erfreute.
Kochen konnte Nuckes schon immer, er verstand es hervorragend, sein kulinarisches Wissen passend mit dem der Önologie in Verbindung zu bringen.
Auch die Technik des Flambierens hatte er inne. Wenn er die Kochschürze anlegte, roch es stets gut in seiner Küche. Neben zahlreichen Gewürzen stand stets ein erlesener Calvados in Reichweite, von dessen Qualität ich mich öfters überzeugen konnte.
Sogar als Sommelier hätte er glänzen können, da seine organoleptischen Fähigkeiten ihn nie im Stich ließen, wenn es um einen edlen Tropfen ging.
Bei meinem letzten Besuch der Familie, wurde mir auf dem rustikalen Eichentisch neben der Küche ein Rotwein angeboten. Beim Betrachten des Etiketts auf der Flasche, erklärte er mir, dass er der ganzen Etikettierung – und sei sie auch noch so vielversprechend – keinen besonderen Wert zumesse. Er sagte: „Wäin- an Teppechhändler sinn all iwwer ee Leescht gezunn“, wobei ich ihm kopfnickend zustimmte.
Jedenfalls der Weintropfen, der mir angeboten wurde, war ein „grand vin“, ausgeschenkt von einem „grand homme“.
Äddi Nuckes, a schlof gudd!
Ed Wagner