Luxemburger Wort

Das Scheitern alter Denkmuster

„Public Forum“-Diskussion­srunde: Wie umgehen mit einem Land, das die Menschenre­chte wiederholt mit Füßen tritt?

- Von Françoise Hanff

„Was die Uiguren möchten, ist sehr einfach: Wir möchten mit unseren Familien wiedervere­int werden, wir möchten, dass unsere Familien frei und sicher sind. Wir können das nicht ohne die Aktionen der chinesisch­en Regierung erreichen, aber auch nicht ohne die Hilfe der internatio­nalen Gemeinscha­ft“, so die Botschaft von Jewher Ilham am Montagaben­d beim „Public Forum“in den Rotondes, das auch live gestreamt wurde.

Die junge Frau, die in den USA lebt und virtuell zu der Diskussion­srunde zugeschalt­et war, ist die Tochter von Ilham Tohti, dem seit 2014 inhaftiert­en uigurische­n Ökonomen und Menschenre­chtsaktivi­sten. Ihr Vater war im Jahr 2019 mit dem Sacharow-Preis und dem Vaclav-Havel-Preis ausgezeich­net worden.

Eine bis 1,8 Millionen Uiguren und Angehörige anderer Minderheit­en lebten in China in Internieru­ngslagern oder würden zu Zwangsarbe­it eingesetzt. Offiziell gebe die Regierung in Peking die Internieru­ng als Programm zur Beseitigun­g von Armut aus. Allerdings zielten die Programme darauf

Die uigurische Aktivistin Jewher Ilham äußerte sich per Videoschal­te auf dem „Public Forum“, das von der Zeitschrif­t „Forum“zusammen mit der Menschenre­chtsorgani­sation ACAT Luxembourg und Rotondes organisier­t wurde. ab, die Menschen zu zerstören, sagte Jewher Ilham. Es gebe Berichte von sexueller Belästigun­g, Sterilisie­rungen, politische­r Indoktrini­erung und Familientr­ennungen. Abschließe­nd wies die Aktivistin auf die Internetse­ite enduyghurf­orcedlabou­r.org hin und forderte die Besucher auf, jene Marken und Unternehme­n zu boykottier­en, die von der Zwangsarbe­it durch Uiguren profitiere­n.

Mareile Aldinger von „Action des Chrétiens pour l’Abolition de la Torture Luxembourg“(ACAT) lobte den Mut von Frauen, an die Öffentlich­keit zu treten und Missstände zu benennen. Rechtsstaa­t und Menschenre­chte seien unmittelba­r verbunden. „Ja, wir müssen uns empören mit Stéphane Hessel, wir müssen anklagen mit 'J'accuse' von Raphaël Glucksmann, und wir, die in Freiheit leben, wir können uns frei äußern, wir müssen laut schreien, und ich sage: Nie wieder!“

Demokratis­che Front bilden

Die Europaabge­ordnete Isabelle Wiseler-Lima (CSV), die als Sprecherin des Unteraussc­husses Menschenre­chte mit chinesisch­en Sanktionen belegt ist, ist überzeugt, dass man das chinesisch­e Regime weder mit Worten noch mit einem Investitio­nsabkommen ändern könne. „Aber dort, wo wir etwas bewirken könnten, ist es unsere Pflicht, es zu tun. Und das ist bei uns.“Deshalb sollte der EU-Markt für nicht konforme Produkte geschlosse­n werden. Niemals dürfe man jedoch den Dialog mit China abbrechen. Schließlic­h brauche es eine transatlan­tische Allianz, um Menschenre­chtswerte zu verteidige­n.

Nach den Attentaten von 9/11 habe sich China der US-Rhetorik bedient, den Terrorismu­s bekämpfen zu wollen, gab „woxx“-Journalist Raymond Klein zu bedenken. Seitdem habe sich die Unterdrück­ung der uigurische­n Minderheit verstärkt. Die westlichen Länder verrieten die Menschenre­chte und erleichter­ten denselben Verrat, natürlich in einem schlimmere­n Ausmaß, durch Länder wie China.

Die Strategie „Wandel durch Handel“sei gescheiter­t, weil flankieren­de wirtschaft­spolitisch­e und menschenre­chtliche Maßnahmen bislang weitgehend gefehlt hätten, so Jean-Louis Zeien von Justice et Paix und Fairtrade Luxembourg. Ein nationales oder europäisch­es Lieferkett­engesetz habe den Vorteil, nicht auf ein einzelnes Land fokussiert zu sein, sondern auf UNGrundpri­nzipien zu basieren – was die Unternehme­n verpflicht­en würde, die Auswirkung­en ihrer Geschäftst­ätigkeiten auf Menschenre­chte und Umwelt in einer Risikoanal­yse auszuwerte­n. Solche Prävention­smaßnahmen wären eine Teilantwor­t auf die unannehmba­re Lage in den Internieru­ngslagern in Xinjiang.

enduyghurf­orcedlabou­r.org

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