Staatlich choreographierte Abzocke beim Wohnungskauf
Der Wohnungsbauminister Henri Kox (Déi Gréng) wird nicht müde, die Wohnungsbaupolitik seiner CSV-Vorgänger zu rügen. Er brüstet sich damit, dass nun die von den öffentlichen Wohnungsbauproduzenten verkauften Wohnungen dauerhaft als „subventionierte“Wohnungen erhalten bleiben. Sein „Ei des Kolumbus“ist die konsequente Anwendung des Vorkaufsrechtes durch die SNHBM und den Fonds du Logement, dies während der gesamten Laufzeit des Erbpachtvertrages. Bislang war das Vorkaufsrecht auf zehn und 20 Jahre beschränkt. Danach konnten die Eigentümer über ihr Hab und Gut frei verfügen, d.h. weiterhin bewohnen, verkaufen oder vermieten, der Königsweg der sozialen Mischung.
Durch die Vorgehensweise von Gambia mutiert nun der Eigentümer faktisch zum Mieter, dies kombiniert mit erheblichen finanziellen Nachteilen: Der Verkaufspreis wird an den Baukostenindex am Tag der Transaktion angepasst. Davon abgezogen wird ein Wertverlust von 1 % p. a. der verflossenen Laufzeit des Vertrages.
Ein Beispiel von 2020: Bei einem Verkaufspreis von 494 300 Euro + 3 % MWSt ergibt sich ein Vertragsbetrag von 509 129 Euro.
Wegen einer Scheidung muss das Haus nach 20 Jahren verkauft werden. Der öffentliche Bauherr macht von seinem Vorkaufsrecht gebrauch und errechnet den Wert wie folgt: Unter der Annahme dass sich der Baukostenindex ähnlich entwickelt wie während der beiden letzten Dekaden (524,53 /837,53) würde sich ein Wert von 812 939 Euro ergeben minus der Wertminderung ergibt ein Rückkaufpreis von 650 351 Euro.
Das Resultat scheint auf den ersten Blick gerecht und korrekt. Tatsächlich aber ist die Haltung des Ministers, so wie sie auf die öffentlichen Wohnungsproduzenten übertragen wurde, sehr perfide.
Das Beispiel gründet auf einer „vente en l’état futur d’achèvement“. Es oblag dem Wohnungskäufer den Bau des Hauses vorzufinanzieren. Die Kosten belaufen sich auf ca. 11 000 Euro. (Im Rahmen der Wertermittlung werden bei der Wertminderung die Erschließungskosten des Bauplatzes mitberücksichtigt, obwohl die öffentliche Infrastruktur gratis an die Gemeinde abgetreten wurde.) Der Pachtzins des Grundstückes beträgt 50 Euro (Index 100) p.a., und ergibt eine Last von ca. 11 450 Euro. Ebenso obliegt es dem Eigentümer die Grundsteuer zu zahlen, d. h. mind. ca. 1 600 Euro. Die Honorare des Notars kosten ca. 1 600 Euro. Die staatlichen Gebühren betragen 100 Euro. Die Restschuldversicherung kostet 29 950 Euro. Die Feuerversicherung beträgt 580 Euro p. a. (Mietrisiken nur 243 Euro), das ergibt einen Betrag von mindestens 11 600 Euro. Die Kreditzinsen belaufen sich auf ca. 134 430 Euro.
Die finanzielle Gesamtbelastung des Haushaltes beläuft sich demnach auf den Betrag von mindestens 710 859 Euro, der öffentliche Bauherr zahlt aber nur 650 351 Euro im Rahmen seines Vertragsrechtes. Dies ergibt ein Minus von mehr als 60 000 Euro.
Diese Menschen sind ruiniert, da sie vom Staat irregeführt wurden. Der öffentliche Bauherr aber kann sich an Wertsteigerung des Bauplatzes frei ergötzen.
Daniel Miltgen, Luxemburg-Kirchberg