Ein letzter Blick ins Innere
Die Kapellen von Warken und Grentzingen werden leer geräumt und einer neuen Nutzung zugeführt
Ettelbrück. Am Osterwochenende bietet sich für alle interessierten Bürger eine letzte Gelegenheit, die beiden gemeindeeigenen Kapellen in Warken und Grentzingen in ihrer vollen Pracht zu bewundern. Denn danach werden sie vom Verwaltungsfonds der katholischen Kirche leer geräumt.
Die beiden Kapellen sind 2016, im Rahmen der Trennung von Kirche und Staat und im Zuge der Neuordnung der Besitzverhältnisse, an die Gemeinde Ettelbrück gegangen. Allerdings nur die Gebäude, die Inneneinrichtung mit ihrem Mobiliar, wie Hochaltar mit Tabernakel, Altar, Sedilien, Stühle, Kreuzweg, Statuen, Skulpturen, Harmonium sowie alle liturgischen Gegenstände und die Paramente, blieben in Kirchenbesitz. Dies alles wird wohl in anderen Kirchen einen neuen Platz erhalten. So soll beispielsweise der Altar in die neue Kapelle des Campus Belval überführt werden.
Beide Kapellen haben ihre Besonderheiten und stehen unter Denkmalschutz. Die Geschichte der Kapelle von Warken reicht bis in das Jahr 1904 zurück, als sie feierlich eingeweiht wurde. Allerdings existierte vor ihr bereits ein kleines Bethaus in Warken. Es wurde 1645 an der Einmündung der Rue de Burden in die Rue de Welscheid als Privatgotteshaus von Peter Grals und Nikolaus Arents in Niederwarken erbaut. Sehr klein und mit einem „unwürdigen
Dach aus Stroh“fand das private Gotteshaus aber schnell Zuspruch bei der restlichen Bevölkerung Warkens, die den Ort zum Beten aufsuchten. So wandten sich die Eigentümer mit der Bitte an ihren Pastor, die Kapelle in ein öffentliches, geweihtes Bethaus umzuwandeln. Und so kam es, dass der Weihbischof Otto von Trier das bis dahin als Gralskapelle bezeichnete Bethaus am 9. August 1645 feierlich weihte und sie unter den Schutz der Heiligen Anna stellte. An die Weihung war aber auch die Bedingung geknüpft, dass jährlich wenigstens drei Messen in ihr gelesen werden mussten.
Aus dem Bericht einer kirchlich vorgeschriebenen Visitation von 1750 geht hervor, dass die Kapelle in Warken sich zu dem Zeitpunkt
Das gesamte Mobiliar wird in den kommenden Wochen vom Kirchenfonds abtransportiert.
in einem guten Zustand befand. Sie besaß einen geweihten Altar, einen Kelch mit einer Cuppa aus Silber und war mit den übrigen Ornamenten versehen. Und es fand eine Wochenmesse in ihr statt. 30 Jahre später wurde sie renoviert, wofür sich das Dorf Geld leihen musste. Zu dem Zeitpunkt zählte Warken 139 Pfarrkinder.
Nun ein Sprung ins Jahr 1900. Damals berieten sich die Gemeinderäte von Ettelbrück, die alte, mittlerweile baufällig gewordene Kapelle an den Staat abzugeben, auch, weil sie ein Hindernis für den Verkehr an der Kreuzung darstelle, besonders, da nun der Postkutschendienst hier seine Wege abfuhr. Zudem hätten sich großmütige Wohltäter aus Warken angeboten, ein passendes Gelände für einen Neubau bereitzustellen. Und so kam es, dass die alte Kapelle entweiht und abgerissen wurde.
Die neue Kapelle wurde nach den Plänen des Distriktsarchitekten Jean-Pierre Knepper-Gloesener aus Diekirch geplant und vom Unternehmer J-P. Hipp aus Ettelbrück errichtet. 1904 wurde das Gotteshaus feierlich geweiht. Es war Pfarrer Heinrich Müller, der zwischen 1896 und 1932 in Ettelbrück tätig war, der die erste heilige Messe zelebrierte. Ihren Stationsweg erhielt die Kapelle 1906, derweil 1912 eine Glockenweihe in Warken gefeiert wurde.
Grentzingen und seine Kapelle
1773 wurde der Jesuitenorden aufgehoben und der aus Grentzingen stammende Vize-Rektor des Jesuitenkollegiums der Stadt Luxemburg,
Michel Andreae, kehrte in seinen Heimatort zurück. Dort wurde ihm zu Ehren noch im gleichen Jahr eine private Kapelle im sogenannten Steffes-Garten errichtet. Später muss das nach der Trösterin der Betrübten als Consolatrix-Kapelle geweihte Bethaus sowohl ausgebaut, als auch in den Besitz der Baronin de Broqueville gekommen sein. Denn 1983 kam es zu einem Tauschabkommen zwischen der Baronin und der Gemeinde Ettelbrück, durch das die Stadt in den Besitz der Kapelle kam. Diese war wegen ihrer einsamen Lage immer wieder Opfer von Vandalismus geworden und verfiel in den 1960er-Jahren zusehends. So war es nicht verwunderlich, dass die 1970 ins Leben gerufene kommunale Kulturkommission auf eine kunstgerechte Sanierung drang. Es sollte aber noch über 17 Jahre dauern, ehe die Sanierung dieses kulturgeschichtlichen Erbes abgeschlossen war.
Nachdem die beiden Kapellen 2016 in den Besitz der Gemeinde gekommen waren, wurden am 14. November 2017 die Warkener Kapelle und am 2. März 2018 die Grentzinger Kapelle unter Denkmalschutz gestellt. Anfang dieses Jahres wurden sie dann entweiht und sollen nun weltlichen Zwecken zugeführt werden.
Während für die Kapelle in Grentzingen derzeit noch keine konkreten Nutzungspläne vorliegen, soll das Bauwerk in Warken in den geplanten Schulcampus integriert werden. Sie wird den Vorplatz der neuen Schulinfrastruktur dominieren, so Bürgermeister Jean-Paul Schaaf, der weiter von einer vielfältigen Nutzung sprach. So soll sie nicht allein dem Schulbetrieb vorbehalten bleiben, sondern der gesamten Einwohnerschaft dienlich sein. Dem Bürgermeister schwebt vor, einen Ort für kulturelle Manifestationen, wie Lesungen, Konzerte oder Ausstellungen, aber auch für Versammlungen und Begegnungen, zu schaffen. Dabei soll aber stets die Dignität des historischen Bauwerks und seiner Geschichte gewahrt und respektiert bleiben.
Wer die mehr oder minder reichhaltige Ausstattung der beiden ehemaligen Gotteshäuser noch ein letztes Mal bewundern will, dem stehen die Türen tagsüber am Ostersonntag, Ostermontag und am Dienstag offen.
Die Kapelle in Grentzingen ist 248 Jahre alt, wie aus der Gravur am Türbogen hervorgeht.