Qualm und Fledermäuse
Die Feuerwehrübungsanlage Wasserbillig liegt in einer Natura-2000-Zone – Genehmigt ist sie bis heute nicht
Wasserbillig. An diesem trüben Morgen steigt dichter Rauch über den Containern auf, als die zwölf Feuerwehrmänner ihren Helm und die Sauerstoffmaske aufsetzen und ein letztes Mal ihre Ausrüstung überprüfen. Ein rostiger Holzofen – unter den Feuerwehrleuten „Smoker“genannt – bläst unentwegt Qualm in die Container, in denen außerdem ein Feuer aus Paletten knistert. Innen ist es derart verraucht und stockdunkel, dass man die Hand nicht vor Augen sieht. Außerdem macht die Hitze den Männern mit ihrem schweren Atemgerät zu schaffen. So hoch ist die Belastung, dass nur die Hälfte der Kursteilnehmer in die Container dürfen, die eine brennende Wohnung simulieren. Nach 20 Minuten wird gewechselt und die andere Hälfte begibt sich in das flammende Inferno.
Die Übungsanlage für Feuerwehrleute mit Atemschutz liegt unmittelbar unter der Autobahnbrücke der A 1, einige 100 Meter vor der Aire de Wasserbillig. Das Trainingsgelände ist das einzige in Luxemburg, wo die Einsatzkräfte Löscheinsätze unter realistischen Bedingungen mit Holzfeuer trainieren können. Mit einer zweiten Trainingsanlage am Verwaltungssitz des Corps grand-ducal d'incendie et de secours (CGDIS) in Luxemburg lassen sich zwar zum Beispiel Brände in einem mehrstöckigen Haus simulieren, jedoch nur mit Feuer aus Gas, was einem echten Brand weniger nahe kommt.
Am Anfang nur ein Container
Die früher „Ragtal“(Regionale Atemschutz-Geräte-Träger-Ausbildungsanlage) genannte Einrichtung bei Wasserbillig ist 2006 auf private Initiative von Feuerwehrleuten entstanden. Mit Erlaubnis der Baustoff-Firma Wickler stellten sie einen Container auf eine wenig benutzte Fläche am Rand der Asphalt-Produktion. Mit der Zeit wuchs die Anlage und es kamen weitere Übungsgeräte und ein Containergebäude mit Umkleiden und einem Schulungsraum dazu.
Bei dem improvisierten Ausbau geriet allerdings in Vergessenheit, dass das Gelände in einer Grünzone liegt. Eine Genehmigung für die Trainingsanlage gibt es bis heute nicht. Das Umweltministerium sieht zwar den öffentlichen Nutzen der Übungsanlage. Trotzdem müsse man sehen, wie der laufende Betrieb mit den Naturschutzzielen in Einklang zu bringen sei, teilt das Ministerium auf LW-Anfrage mit.
In den verrauchten Containern üben die Feuerwehrleute in Zweier-Teams mit je einem Trainer.
Sie müssen in Hitze und Dunkelheit Brandopfer suchen und anschließend das Feuer löschen.
Hinter dem Übungsgelände sind die ehemaligen Stollen zu sehen, heute Rückzugsort für viele Fledermausarten.
Für den CGDIS ist die Anlage unverzichtbar, meint Pressesprecher Cédric Gantzer. „Nach der Gründung des CGDIS haben wir das Trainingsgelände gekauft und einiges investiert.“Kürzlich wurde eine elektrisch betriebene Pumpe für Löschwasser angeschafft. Dieses wird zum Teil aus Regenwasser gewonnen. Eine Trinkwasserleitung gibt es auf dem Gelände nicht. Im letzten Jahr kamen weitere Container dazu, mit denen die Einsatzkräfte lernen, mit der Durchzündung von Rauchgasen umzugehen.
Unerträgliche Hitze
„Dann rollt eine Feuerwalze an der Decke entlang. Die Männer müssen dieses Phänomen unbedingt trainieren“, sagt Christian Dimmer, Ausbildungsleiter beim Institut National de Formation des Secours des CGDIS. Mit dem Finger deutet er auf den blauen Container, in dem ein Brand unter Sauerstoffmangel in einem geschlossenen Raum nachgestellt wird. „Dort entstehen Temperaturen von über 600 Grad“, sagt er.
Qualm, Wasserdampf und die Hitze auf dem Gelände wirken wie aus dem Traum eines Feuerwehrmanns. Bisher haben sich die unauffälligen Nachbarn auf dem Gelände
des ehemaligen DolomitSteinbruchs offenbar nicht davon abschrecken lassen. In den 1985 aufgegebenen Stollen leben 17 Fledermausarten, darunter die Große Hufeisennase, die Mops- und die Wimperfledermaus. Unter anderem ihretwegen wurde das 20 Hektar große Gelände westlich der Autobahnbrücke zur Natura-2000Zone ernannt.
Das Umweltministerium hat nun einen Management-Plan ausgearbeitet, wie die Fledermauspopulationen geschützt werden können, ohne dass die Übungsanlage weichen muss. „Derzeit wird an einer Genehmigung gearbeitet, die der nationalen Bedeutung der Übungsanlage Rechnung trägt“, heißt es vom Ministerium. Auch für die Asphaltproduktion auf der anderen Seite der Brücke laufe die Regularisierung.
Auf dem Trainingsgelände öffnen derweil die Feuerwehrmänner die Türen des qualmenden Containers, kommen heraus und reißen sich die Helme von den verschwitzten Köpfen. Wie es aussieht, brauchen sich Ausbildungsleiter Christian Dimmer und seine Kursteilnehmer keine Sorgen zu machen, dass der Trainingsbetrieb in Wasserbillig bald zu Ende sein wird.
vum Lex Roth