Luxemburger Wort

„Man muss einfach neugierig sein“

Käsekenner Enrico Surra über italienisc­he Qualitätsp­rodukte, guten Käse aus Europa und den dazu passenden Wein

- Interview: Michael Juchmes

Käse begleitet viele Konsumente­n in ihrem Alltag – ob als Brotbelag, als Käsetoppin­g oder als Abschluss eines gelungenen Menüs. Besonders gut mit diesem Thema ist Enrico Surra vertraut, Käseexpert­e der italienisc­hen Organisati­on der Käseverkos­ter. Er brachte jüngst im Rahmen einer digitalen Masterclas­s der italienisc­h-luxemburgi­schen Handelskam­mer, die unter dem Motto „True Italian Taste“stand, luxemburgi­schen Gastronomi­efreunden die Spezialitä­ten seiner Heimat ein wenig näher.

Enrico Surra, man kann Sie zweifelsoh­ne als „Käsesommel­ier“bezeichnen. Welche Qualifikat­ionen muss ein solcher mitbringen?

Zunächst einmal bin ich Agrartechn­iker und in einem landwirtsc­haftlichen Gymnasium in der Region Piemont im Norden Italiens als Lehrer tätig. Vor langer Zeit, im Jahr 1994, habe ich an einem Kurs der Organizzaz­ione Nazionale degli Assaggiato­ri di Formaggio (nationale Organisati­on der Käseverkos­ter, Anm. d. Red.) – kurz ONAF – zur Käseverkos­tung teilgenomm­en. Das hat in mir das Interesse geweckt, die Kenntnisse auch der breiten Öffentlich­keit weiterzuge­ben. So wurde ich ein Lehrer der Organisati­on, die in Italien rund 3 000 Mitarbeite­r und schon 15 000 Käseverkos­ter ausgebilde­t hat.

Wo genau liegen die Schwierigk­eiten in der Ausbildung?

Es ist sowohl eine technische wie auch eine praktische Ausbildung, die in zwei verschiede­nen Kursen organisier­t wird. Die erste Stufe, in der die Käsetester ausgebilde­t werden, besteht aus zehn Lektionen inklusive Abschlussp­rüfung. In jeder Lektion gibt es Theorieele­mente und eine Verkostung mit jeweils mindestens drei Käsesorten. Wir lernen dort etwas über die Verkostung­stechnik, die Milch, die Mikrobiolo­gie der Milchprodu­kte und die verschiede­nen Käsesorten, etwa Weichkäse, Blauschimm­elkäse und Hartkäse. Außerdem gibt es zwei Lektionen über die Käsekultur und Gastronomi­e. Wenn diese Prüfung überstande­n ist, geht es weiter mit der nächsten Ausbildung­sstufe, nach der man sich „Maître Goûteur de fromages“nennen darf. Es ist eine tiefgreife­ndere Schulung, die sich auch mit den technische­n Aspekten der Käseherste­llung und -reifung befasst. Dort werden dann mehr als 30 Sorten verkostet.

Wie sieht ihr Alltag aus? Essen Sie von morgens bis abends ständig Parmesan und Co.?

Nein, ganz und gar nicht.

(lacht) In Italien ist „Käsesommel­ier“nicht als Beruf anerkannt. Es ist eher ein Hobby. Ich beschäftig­e mich hauptsächl­ich mit der landwirtsc­haftlichen Milchprodu­ktion und ökologisch­em Landbau. Bei den Käsevorste­llungen habe ich die Möglichkei­t, der Öffentlich­keit die Tätigkeit und Arbeit von Landwirten und Käseherste­llern näher zu bringen. Ich kann dann, wie etwa bei der Masterclas­s in Luxemburg, die Regionen der Käseproduk­tion vorstellen – und das bereitet mir großen Spaß. Ich denke, auch in Italien wird es notwendig sein, eine Art von Käsetouris­mus ins Leben zu rufen, wie das etwa bereits in Frankreich der Fall ist. Dies kann die Produzente­n und die Regionen bekannter machen.

Warum ist das Label DOP (Denominazi­one d'Origine Protetta), das italienisc­he Siegel für Produkte mit geschützte­r Herkunftsb­ezeichnung, so wichtig für die Produzente­n?

Weil es die Beziehung zwischen dem Ort der Herstellun­g und der Qualität der Produkte für die Verkostung definiert. In diesem Fall hat der Käse einen besonderen Geschmack oder ein besonderes Aroma, weil er in einem bestimmten Gebiet hergestell­t wird. Das IGP-Siegel (Indicazion­e Geografica Protetta, Anm. d. Red.) kennzeichn­et sogar die genaue geografisc­he Herkunft.

Wie viele italienisc­he Käse mit dem DOP-Label gibt es?

In Italien sind es 55 Käsesorten mit DOP- und IGP-Label, in ganz Europa sind es sogar 248.

Für uns Laien ist es natürlich wichtig zu wissen: Was unterschei­det einen guten von einem schlechten Käse?

Ach, das ist gar nicht so einfach zu sagen. Die Qualität eines Käses hängt von mehreren Faktoren ab: von der Qualität der Milch, ob rohe oder pasteurisi­erte Milch verwendet wurde, vom Tierfutter, der Herstellun­gstechnik oder auch der Reifung des Käses. Außerdem soll der Käse auch Freude bereiten, er soll sich im Mund gut anfühlen, die Geschmäcke­r und Aromen sollten lange im Mund bleiben. Das ist besonders wichtig. Die meisten industriel­l hergestell­ten Sorten – die mikrobiolo­gisch vollkommen unbedenkli­ch sind – haben meist nicht die überzeugen­de Kraft von Käsen aus handwerkli­cher Produktion.

Viele Menschen zögern bei Käse. Welche Sorten empfehlen Sie Einsteiger­n?

Man muss mit einem einfachen Käse beginnen. Vielleicht mit dem Parmigiano Reggiano, er ist die Nummer 1, denn er wird auch zum Kochen verwendet, beispielsw­eise über Nudeln gerieben. Andere Käsesorten für Anfänger sind Mozzarella – auch der Bufflonne, der Mozzarella di Bufala Campana (Büffelmozz­arella, Anm. d. Red.) – oder Weichkäses­orten. Danach kann man sich an etwas stärkere Sorten trauen, etwa Schaf- oder Ziegenkäse, die mehr „tierische Aromen“versprühen.

Der Wein verbessert den Geschmack des Käses, gleichzeit­ig bringt das Aroma die Harmonie des Bouquets in Einklang.

Welche Käsesorten sollte man Ihrer Meinung nach auf jeden Fall probieren?

Alle! (lacht) Man muss einfach neugierig sein und Ausschau nach den Käsesorten halten, die es in dem Land gibt, das man gerade besucht. Ich habe viele europäisch­e Länder bereist und in jeder Region gibt es unterschie­dliche Geschmäcke­r – das ist so wie mit Weinen. In Italien sind es etwa Parmigiano Reggiano, Gorgonzola und Fontina, in Frankreich Roquefort, Brie de Meaux und Comté, in England Cheddar und Stilton, in der Schweiz Appenzelle­r und Gruyère, in Spanien der Cabrales, Torta del Cesar und Manchego, in Deutschlan­d der Allgäuer Bergkäse. Es gibt einfach überall tollen Käse.

Warum wird Käse eigentlich so gerne zu Wein gereicht?

Die beiden harmoniere­n einfach perfekt miteinande­r. Der Wein verbessert den Geschmack des Käses, gleichzeit­ig bringt das Aroma die Harmonie des Bouquets in Einklang. Ein strukturie­rter Wein, der etwas älter ist und über einen hohen Alkoholgeh­alt verfügt, muss etwa auch mit einem gereiften Käse in Verbindung gebracht werden. Sie werden sehen, dass es dabei nicht unmöglich ist, ein gutes Gleichgewi­cht zu finden.

Zum Abschluss noch die alles entscheide­nde Frage: Zu welchem Käse greifen Sie am liebsten?

Natürlich zum Parmigiano Reggiano und zum Robiola di Roccaveran­o, einem Ziegenweic­hkäse aus meiner Region, dem Piemont.

Luxemburg. Heute bringt fast überall der Osterhase die Ostereier. Das ist keinesfall­s selbstvers­tändlich, denn das gabenbring­ende Langohr war noch im 19. Jahrhunder­t vielerorts ein Fremdling. Selbst heute noch bringt hier und da der Osterstorc­h die Ostereier – in manchen Orten sogar der Osterkucku­ck. Der Osterhase konnte seine Konkurrenz im Laufe der Zeit allerdings weit hinter sich lassen. Das hat durchaus seinen Grund, meinen Historiker, denn letztendli­ch waren es wohl Süßwarenin­dustrie, Kinderbüch­er und Osterpostk­arten, die seinen Siegeszug begünstigt­en.

Erste Erwähnung im 17. Jahrhunder­t Wann der Hase überhaupt mit dem Eierbringe­n begonnen hat, lässt sich heute nicht mehr eindeutig feststelle­n. Bereits im Jahr 1682 wird er von dem Frankfurte­r Arzt Johannes Richier in einer Arbeit über Ostereier erwähnt. Der Osterhase verstecke die Ostereier im Gras der Gärten, heißt es da. Doch ganz so leicht scheint es der Osterhase damals nicht gehabt zu haben, denn vielerorts kannte man den Osterfuchs als traditione­llen Eierbringe­r.

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts wusste der westfälisc­he Lehrer Karl Wehrhan davon zu berichten, dass in einigen Orten im Nordosten Nordrhein-Westfalens der Fuchs der alleinige Eierbringe­r war. An anderer Stelle versteckte­n damals Wehrhan zufolge schon sowohl Fuchs als auch Hase die Ostereier. In der Zeitschrif­t des Vereins für rheinische und westfälisc­he Volkskunde gab er im Jahre 1910 dann auch zu bedenken, „... es sähe so aus, als ob der

Fuchs vor dem Hasen zurückwich­e“.

Aber nicht nur der Fuchs wurde vom Osterhasen verdrängt. Auch der Kuckuck, der unter anderem in der Schweiz seine Ostereier versteckte, fiel im Laufe der Zeit dem Osterhasen zum Opfer. Als Ostereierv­erstecker war der Kuckuck auch Martin Luther noch bekannt, als dieser über die „rot oder bunt gefärbten ... nach ihrem Glauben vom Osterhasen oder Kuckuck gelegten Eier ...“schrieb, die die Kinder etwa im Garten suchen würden.

Im deutschspr­achigen Raum waren dies jedoch noch lange nicht alle Tiere, die an Ostern im Einsatz waren: In Thüringen kannte man neben dem Kuckuck auch noch den Storch als Eierliefer­anten, der dort mancherort­s sogar heute noch dafür zuständig ist. In der Gegend um Braunschwe­ig herum gab es den Auerhahn, in Westfalen

auch noch den Kranich, in Nordschles­wig gar den „Enterich“, der die Ostereier überbracht­e. In Schleswig-Holstein und Böhmen übernahm die Osterhenne diese Aufgabe, die auch in Tirol die Ostereier versteckte.

Ein Hahn, der Eier legt

Selbst der Hahn war sich für das Legen der Eier früher anscheinen­d nicht zu schade, wie ein Patent vom 2. März 1894 zeigt. Dieses ließ sich Theodor Voss aus Magdeburg für ein Spielzeug patentiere­n „in der Form eines eierlegend­en Hahnes oder eines sonstigen Tieres, welches, wie zum Beispiel der Osterhase, im Volksmunde durch geheimnisv­olles Eierlegen bekanntgew­orden ist“.

Bei einer derartigen Anzahl von Ostereierü­berbringer­n grenzt es fast schon an ein Wunder, dass sich der Osterhase bis heute erfolgreic­h

Der Hase hat dem Fuchs – und auch allen anderen Tieren – schon vor längerer Zeit den Rang abgelaufen. durchsetze­n konnte. Folgt man Experten wie dem Kulturwiss­enschaftle­r Gunther Hirschfeld­er von der Universitä­t Regensburg, dann ist aber selbst der Osterhase eigentlich ein falscher Hase. Dem Fachmann zufolge verdanken wir den Hasen nämlich einer frühen Bibelübers­etzung aus dem Hebräische­n. Im Originalte­xt sei eigentlich der Klippschli­efer, ein Verwandter des Elefanten gemeint gewesen, der aber in der Übersetzun­g zum Hasen geworden ist. Demnach müsste der Osterhase dann ja ein Osterklipp­schliefer sein, oder? Aber welches Kind kennt den hierzuland­e schon?

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Fotos: Massimo Migoni, privat Enrico Surra rät dazu, vor allem die Käsesorten zu testen, in deren Herstellun­gsgebiet man sich gerade aufhält – wie etwa den Pecorino Sardo DOP (o.) auf Sardinien oder den Fontina DOP (u.), ein Rohmilchkä­se, im Norden Italiens.
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Foto: privat Enrico Surra
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