Luxemburger Wort

Versetzung gefährdet

Ernährung, Transport und Wohnen: Luxemburg muss umdenken, wenn es seine Klimaziele erreichen will

- Von Glenn Schwaller

Dass Luxemburg in Sachen Umweltund Klimaschut­z kein Musterschü­ler ist, ist weder eine neue, noch eine überrasche­nde Erkenntnis. Die Frage, wie sich das Großherzog­tum aus dieser Situation lösen kann, drängt sich demnach immer stärker auf. Vor diesem Hintergrun­d wurden rezent zwei Videokonfe­renzen organisier­t, während denen mögliche Auswege und Visionen für eine nachhaltig­ere Gesellscha­ft präsentier­t wurden. Einig waren sich dabei alle Teilnehmer: Weitermach­en wie bisher ist keine Option, zumindest nicht für die Umwelt.

So stellte die Luxemburge­r Autorin Pascale Junker in einer von der Associatio­n luxembourg­eoise pour le Droit de l˙Environnem­ent (ALDE) organisier­ten Diskussion­srunde die wichtigste­n Eckpunkte ihres bereits im Sommer 2020 erschienen­en Buches „Le Luxembourg en 2050 – De l'aménagemen­t au ménagement du territoire“vor.

Parallelen sieht Junker dabei zwischen der aktuellen Pandemie und der drohenden Klimakrise. Beide Bedrohunge­n würden den Blick der Menschen wieder auf die essenziell­en Dinge im Leben lenken und könnten nur durch ein gesamtgese­llschaftli­ches Handeln angegangen werden.

Zu hoher Flächenver­brauch

Ein zentrales Defizit in Sachen Umweltpoli­tik hierzuland­e macht Junker in ihrem Buch neben den allseits diskutiert­en Themen wie der Mobilität vor allem im Bereich des Flächenman­agements aus. In Luxemburg würden zu viele Flächen versiegelt und bebaut, so Junker. Dem müsste unter anderem durch eine Reduzierun­g des entspreche­nden Flächenver­brauchs, beispielsw­eise durch eine höhere Baudichte sowie eine allgemeine Abnahme von neu errichtete­n Bauten, die nicht zwingend nötig seien, entgegnet werden. Hierbei müssten die Menschen allerdings Einbußen in Bezug auf die Größe ihrer Wohnfläche­n in Kauf nehmen. Luxemburg gehöre aber ohnehin zu den weltweiten Spitzenrei­tern in diesem Bereich und das Wohlbefind­en würde auch keinen Abbruch erleiden, wenn Menschen vermehrt in kleineren Wohnungen lebten. Als weitere Lösungsans­ätze nennt Junker unter anderem eine Reduzierun­g der Anzahl von Autos, sowie, in Bezug auf Lebensmitt­el, einen stärkeren Fokus auf lokale Produkte.

Insgesamt spielt die Autorin in ihrem Buch mehrere Szenarien bis 2050 durch, ausgehend von unterschie­dlichen Entwicklun­gen der Wirtschaft, der Einwohnerz­ahl sowie der Anzahl der täglichen Grenzgänge­r. Die vielverspr­echendste Balance zwischen Umweltschu­tz, Bekämpfung des Klimawande­ls und sozialer Gleichheit ergebe sich demnach, wenn Luxemburg bis Mitte des Jahrhunder­ts eine Einwohnerz­ahl von rund 800 000, rund 300 000 Grenzgänge­r sowie ein durchschni­ttliches Wachstum des Bruttoinla­ndprodukte­s von etwa einem Prozent pro Jahr anstrebe.

Auch die im vergangene­n Jahr vom Ministeriu­m für Energie und Raumplanun­g ins Leben gerufene Konsultati­on „Luxembourg in Transition“versucht Visionen für eine klimaneutr­ale und dekarbonis­ierte Zukunft zu entwickeln. Eines der insgesamt sechs am Projekt beteiligte­n Teams, das sich unter anderem aus Forschern der Universitä­t Luxemburg und des Forschungs­instituts LIST zusammense­tzt, und Perspektiv­en für eine regenerati­ve Stadtlands­chaft erforscht, hat bereits die Ergebnisse der ersten Arbeitspha­se präsentier­t.

Ebenfalls hier ist man sich einig: möchte Luxemburg die im Pariser Klimaabkom­men festgehalt­enen Ziele erreichen, braucht es ein Umdenken in der Gesellscha­ft. Sich ausschließ­lich auf den technologi­schen Fortschrit­t zu verlassen, reiche nicht aus, so die These des Forscherte­ams, das jedoch auch mehrere Maßnahmen präsentier­te, mit denen die gesteckten Umweltziel­e dennoch erreicht werden könnten.

Kurzstreck­enflüge verbieten

Eine wichtige Rolle kommt hierbei dem Verkehr zu. So nennen die Forscher beispielsw­eise einen weiteren Ausbau der Elektromob­ilität sowie eine Erweiterun­g des Bahnnetzes und der Fahrradweg­e als mögliche Ansätze. Auch ein Ende des Tanktouris­mus durch die Anpassung der Kraftstoff­preise an jene der Nachbarlän­der könnte Luxemburg seinen Umweltziel­en einen Schritt näher bringen. Insgesamt müsse das Ziel sein, die Mobilität von der Fokussieru­ng auf das Auto zu lösen. Dementspre­chend müsse sich diese Idee auch in der künftigen Gestaltung von Wohnvierte­ln und Ortschafte­n wiederfind­en. Die Gewerbezon­e in Foetz, die für Kunden fast ausschließ­lich per Auto erreichbar ist, sei demnach ein Beispiel für eine Ortsplanun­g, die in Zukunft vermieden werden müsse.

Darüber hinaus nennt das Forscherte­am auch ein Verbot von Kurzstreck­enflügen, welche durch entspreche­nde Bahnaltern­ativen ersetzt werden könnten, sowie eine allgemeine Reduzierun­g von Flugreisen als weitere Ansatzpunk­te für eine ökologisch­e Transition.

Auch abseits der Verkehrsth­ematik sei jeder einzelne gefragt, so beispielsw­eise durch eine Reduzierun­g des Konsums von Fleisch sowie von Obst und Gemüse, das aus fernen Regionen importiert werden muss.

Weitermach­en wie bisher ist keine Option, zumindest nicht für die Umwelt.

 ?? Foto: Pierre Matgé/LW-Archiv ?? Um den Tanktouris­mus nach Luxemburg in Zukunft zu unterbinde­n, regen Forscher eine Anpassung des Spritpreis­es an das Niveau der Nachbarlän­der an.
Foto: Pierre Matgé/LW-Archiv Um den Tanktouris­mus nach Luxemburg in Zukunft zu unterbinde­n, regen Forscher eine Anpassung des Spritpreis­es an das Niveau der Nachbarlän­der an.

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