Umstrittene Annäherung
Die EU bietet der Türkei trotz vielkritisierter Entwicklungen eine engere Partnerschaft an – ein diplomatischer Drahtseilakt
Brüssel/Ankara. Der politische Kurs der Türkei sorgt in zahlreichen EU-Staaten für große Besorgnis. Trotzdem reisten Spitzenvertreter der EU jetzt nach Ankara, um Möglichkeiten einer stärkeren Zusammenarbeit auszuloten. Verrät die EU damit ihre Werte?
Weitere EU-Gelder für die Versorgung von Geflüchteten könnten rasch auf den Weg gebracht werden. Alles andere dürfte dauern – zumal die Zusagen an eine anhaltende Deeskalation und Dialogbereitschaft geknüpft sind. Zypern könnte zudem darauf bestehen, dass die Türkei vor weitreichenden Entscheidungen einer Beilegung des Konflikts um die Teilung der Insel zustimmen und Zypern offiziell anerkennen muss.
Was sagen die EU-Spitzen zu der Kritik?
Von der Leyen betonte in Ankara, dass sie und Michel Präsident Erdogan deutlich gemacht hätten, dass die Achtung der Grundrechte und der Rechtsstaatlichkeit für die EU von entscheidender Bedeutung bleibt. Menschenrechtsfragen seien „nicht verhandelbar“und hätten Priorität. Die Türkei müsse die internationalen Menschenrechtsregeln und Standards einhalten. Sie verknüpfe eine engere Zusammenarbeit allerdings nicht direkt mit positiven Entwicklungen in dem Bereich.
Wegen anhaltender Rückschritte bei Grundrechten hatte die EU 2018 beschlossen, mit der Türkei vorerst nicht über den Ausbau der Zollunion zu reden. Sind die aktuellen Entwicklungen ein Sieg für Erdogan?
Zumindest ein Etappensieg. Klarheit wird es erst in einigen Monaten geben, wenn es darum geht, die Ankündigungen auch umzusetzen. EU-Ratspräsident Michel kündigte an, dass beim EU-Gipfel im Juni wieder über die Beziehungen zur Türkei gesprochen werden soll. dpa