Konkreter Plan statt nur Versprechen
Déi Gréng-Sektion aus der Hauptstadt stellt ein eigenes Radverkehrskonzept vor
Luxemburg. Dass die Fahrradinfrastrukturen der explodierenden Zahl von Nutzern in der Hauptstadt hinterherhinken, ist längst kein Geheimnis mehr. Da man bei Detailfragen in Gemeinderatssitzungen kein Vorankommen mehr sehe, hat die Hauptstadtsektion von Déi Gréng nun ein eigenes Fahrradkonzept präsentiert.
„Wir haben in diesem Bereich sehr viele Motionen im Gemeinderat eingebracht“, sagt François Benoy, der Vorsitzende der grünen Gruppe im Stadtrat, im Gespräch mit dem „Luxemburger Wort“. „Oftmals wurde das dann zunächst zurückgewiesen. Später haben wir dann aber festgestellt, dass der Schöffenrat dennoch manche Ideen wieder aufgegriffen hat.“
Demnach zahle es sich aus, Druck für neue Ideen zu machen. Nur die Umsetzung erfolge dann oftmals recht halbherzig. Benoy legte dann auch gestern bei einer Pressekonferenz von Déi Gréng Stad eine Liste mit zehn Vorschlägen aus den vergangenen Jahren vor, die seine Kritik untermauert.
Jetzt aber sei der entscheidende Moment zum Handeln gekommen: Vergangene Woche wurde die neue Hauptverkehrsachse für Radfahrer in der hauptstädtischen Avenue de la Liberté in Betrieb genommen. Und auch eine ganze Reihe von anderen Dauerbaustellen sind jüngst abgeschlossen worden – oder werden es bald sein. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, um den entscheidenden Schritt nach vorne zu machen, und sich nicht noch jahrelang hinter weiteren technischen Studien zur Verkehrslage zu verstecken, so Benoy im Vorfeld der Pressekonferenz.
Wir brauchen keine weiteren Studien, sondern politischen Willen zur Umsetzung. François Benoy
Bestehendes vernetzen
„Es gibt jetzt mehrere wichtige Achsen für den Radverkehr“, fährt er fort. „Wir haben deshalb über Monate daran gearbeitet, uns einen Gesamtüberblick über die in der Stadt bestehenden Infrastrukturen zu verschaffen, und uns gefragt, wie wir aus den bestehenden Teilen ein zusammenhängendes Netz erstellen können, das sich an den Qualitätsstandards der neuen Wege in Kirchberg oder in der Avenue de la Liberté orientiert.“
Ganz klar, man sei weder Urbanisten noch Techniker. Deswegen habe man das Gespräch mit fachkundigen Akteuren gesucht und so sei es gelungen, ein machbares und auch zügig umsetzbares Gesamtkonzept auszuarbeiten.
„Unsere Vorstellung ist es, ein Netz aus Hauptverkehrsachsen für Radfahrer aufzubauen und von diesem aus Verbindungen in die Stadtviertel zu schaffen“, führt François Benoy aus. „Da fehlen derzeit nur Zwischenstücke, Lücken, die in den meisten Fällen ohne größeren Aufwand geschlossen werden können.“
Konkret: Es gebe gute Wege entlang der Tramstrecke in Kirchberg und im Bahnhofsviertel sowie im Petruss- und im Alzettetal. Nun gelte es, diese auf eine sichere Weise miteinander zu verknüpfen. Der Vorschlag von Déi Gréng entspricht dabei dem eines regelrechten Fahrradrings rund um das Zentrum der Oberstadt, von dem aus dann Verbindungen in die einzelnen Stadtviertel abstrahlen.
Schlüsselelement sei dafür der Boulevard du Prince (Prënzeréng), der östlich am Stadtpark vorbeiführt. Mit der Zunahme der Zahl der Radfahrer führe gemischter Verkehr in den Stadtparks zu vielen Konflikten zwischen Radfahrern und Fußgängern. „Um einen sicheren bidirektionalen Radweg am Prënzeréng einzurichten, reicht es, den motorisierten Verkehr auf eine Fahrspur zu begrenzen und dort, wo es erforderlich ist, den Parkplatzstreifen auf einer Seite zu entfernen“, betont François Benoy im Gespräch mit dem LW.
Gruef verkehrsberuhigen
Parallel dazu müsse auch die Rue du Fossé (Gruef) verkehrsberuhigt werden – sprich der Durchgangsverkehr, der eigentlich keinen Grund hat, diesen Weg zu benutzen, zu unterbinden. „Im Gruef geschieht ja gerade etwas“, räumt François Benoy ein. Doch die Frage des Durchgangsverkehrs sei immer noch nicht abschließend geklärt. „Der Schöffenrat schiebt nun einfach der Polizei die Verantwortung zu, die soll kontrollieren.
Dabei gibt es auch andere Möglichkeiten, den Transitverkehr einzuschränken.“
Benoy zufolge könnten gerade hier Poller sinnvoll sein, oder zumindest als Sofortlösung die Präsenz von Agenten der Zone bleue am Zugang. Das erlaube es, auch hier eine direkte und sichere Verbindung zwischen Kathedrale und Pescatore-Park zu schaffen – und das sehr kurzfristig und kostengünstig.
Dem Prënzeréng komme auch eine entscheidende Bedeutung für die Anbindung der Stadtviertel Merl und Belair ans Zentrum zu. „Dabei ist es wichtig, dass die Verbindung in die Stadtviertel so sicher ist, dass man dort auch als Familie mit Kindern fahren kann“, unterstreicht François Benoy. Das sei etwa möglich, indem man in der Avenue Marie-Thérèse eine Fahrspur für den motorisierten Verkehr
entferne und an der Stelle einen bidirektionalen Radweg einrichte oder die bereits bestehenden einseitigen Wege auf die Höhe des Bürgersteigs anhebe, um sie abzusichern. In der Rue de Nassau und in der Rue Émile Lavandier in Merl sei bereits jetzt gut Fahrradfahren. Hier müsse nur etwas gegen den Durchgangsverkehr unternommen werden.
„Naheliegende Lösungen“
In Richtung Westen fordern Déi Gréng Stad zunächst eine bessere Verbindung zwischen dem Stadtzentrum und der Place de l'Etoile. Dann schlagen sie vor, in der Allée Leopold Goebel und im Val Sainte-Croix entweder einen Parkplatzstreifen zu entfernen oder hier gar eine Fahrradstraße einzurichten. Hier gebe es gleich mehrere Möglichkeiten, einen sicheren Radweg zu schaffen.
In Limpertsberg sei die Lösung in der Avenue Pasteur zum Greifen nahe – über eine Verkehrsberuhigung. Eine Sperre für den Durchgangsverkehr könne gar das ganze Stadtviertel neu beleben. „Diese Straße ist dafür prädestiniert“, betont François Benoy. „Sie liegt zentral, es gibt für den motorisierten Verkehr Alternativen und sie ist am Glacis an bestehende Wege angebunden. Wenn man sie unten sperren und die Verkehrsführung umgestalten würde, dann würde man einen sehr geselligen Raum schaffen.“
Der Schöffenrat habe ebenfalls Pläne für einen Radweg in der Avenue Pasteur – ohne Ausschluss des Durchgangsverkehrs. Stattdessen solle nur ein Parkplatzstreifen mitsamt Bäumen entfernt werden.
Auch für Bonneweg legen Déi Gréng Stad einen Plan vor – durch die Rue des Gaulois, die als 20erZone umgestaltet werden soll. Der Übergang über die Rocade wäre über einen bidirektionalen Radweg zu lösen.
Nutzen auch für Fußgänger
„Die Voraussetzungen für ein gutes, zusammenhängendes Radwegenetz in der Hauptstadt sind gegeben“, meint François Benoy abschließend. „Jetzt braucht es nur noch politischen Willen, Hauptachsen und Stadtviertel zu verbinden – und Wohnviertel vor Durchgangsverkehr zu schützen.“Eine bessere Fahrradinfrastruktur bringe nicht nur Radfahrern sicherere und komfortable Wege, sondern auch Fußgängern und entlaste den Allgemeinverkehr. Ein Radfahrer mehr auf einem abgetrennten Radweg sei schließlich ein Auto weniger im Stau.