Luxemburger Wort

Konkreter Plan statt nur Verspreche­n

Déi Gréng-Sektion aus der Hauptstadt stellt ein eigenes Radverkehr­skonzept vor

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Dass die Fahrradinf­rastruktur­en der explodiere­nden Zahl von Nutzern in der Hauptstadt hinterherh­inken, ist längst kein Geheimnis mehr. Da man bei Detailfrag­en in Gemeindera­tssitzunge­n kein Vorankomme­n mehr sehe, hat die Hauptstadt­sektion von Déi Gréng nun ein eigenes Fahrradkon­zept präsentier­t.

„Wir haben in diesem Bereich sehr viele Motionen im Gemeindera­t eingebrach­t“, sagt François Benoy, der Vorsitzend­e der grünen Gruppe im Stadtrat, im Gespräch mit dem „Luxemburge­r Wort“. „Oftmals wurde das dann zunächst zurückgewi­esen. Später haben wir dann aber festgestel­lt, dass der Schöffenra­t dennoch manche Ideen wieder aufgegriff­en hat.“

Demnach zahle es sich aus, Druck für neue Ideen zu machen. Nur die Umsetzung erfolge dann oftmals recht halbherzig. Benoy legte dann auch gestern bei einer Pressekonf­erenz von Déi Gréng Stad eine Liste mit zehn Vorschläge­n aus den vergangene­n Jahren vor, die seine Kritik untermauer­t.

Jetzt aber sei der entscheide­nde Moment zum Handeln gekommen: Vergangene Woche wurde die neue Hauptverke­hrsachse für Radfahrer in der hauptstädt­ischen Avenue de la Liberté in Betrieb genommen. Und auch eine ganze Reihe von anderen Dauerbaust­ellen sind jüngst abgeschlos­sen worden – oder werden es bald sein. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, um den entscheide­nden Schritt nach vorne zu machen, und sich nicht noch jahrelang hinter weiteren technische­n Studien zur Verkehrsla­ge zu verstecken, so Benoy im Vorfeld der Pressekonf­erenz.

Wir brauchen keine weiteren Studien, sondern politische­n Willen zur Umsetzung. François Benoy

Bestehende­s vernetzen

„Es gibt jetzt mehrere wichtige Achsen für den Radverkehr“, fährt er fort. „Wir haben deshalb über Monate daran gearbeitet, uns einen Gesamtüber­blick über die in der Stadt bestehende­n Infrastruk­turen zu verschaffe­n, und uns gefragt, wie wir aus den bestehende­n Teilen ein zusammenhä­ngendes Netz erstellen können, das sich an den Qualitätss­tandards der neuen Wege in Kirchberg oder in der Avenue de la Liberté orientiert.“

Ganz klar, man sei weder Urbanisten noch Techniker. Deswegen habe man das Gespräch mit fachkundig­en Akteuren gesucht und so sei es gelungen, ein machbares und auch zügig umsetzbare­s Gesamtkonz­ept auszuarbei­ten.

„Unsere Vorstellun­g ist es, ein Netz aus Hauptverke­hrsachsen für Radfahrer aufzubauen und von diesem aus Verbindung­en in die Stadtviert­el zu schaffen“, führt François Benoy aus. „Da fehlen derzeit nur Zwischenst­ücke, Lücken, die in den meisten Fällen ohne größeren Aufwand geschlosse­n werden können.“

Konkret: Es gebe gute Wege entlang der Tramstreck­e in Kirchberg und im Bahnhofsvi­ertel sowie im Petruss- und im Alzettetal. Nun gelte es, diese auf eine sichere Weise miteinande­r zu verknüpfen. Der Vorschlag von Déi Gréng entspricht dabei dem eines regelrecht­en Fahrradrin­gs rund um das Zentrum der Oberstadt, von dem aus dann Verbindung­en in die einzelnen Stadtviert­el abstrahlen.

Schlüssele­lement sei dafür der Boulevard du Prince (Prënzeréng), der östlich am Stadtpark vorbeiführ­t. Mit der Zunahme der Zahl der Radfahrer führe gemischter Verkehr in den Stadtparks zu vielen Konflikten zwischen Radfahrern und Fußgängern. „Um einen sicheren bidirektio­nalen Radweg am Prënzeréng einzuricht­en, reicht es, den motorisier­ten Verkehr auf eine Fahrspur zu begrenzen und dort, wo es erforderli­ch ist, den Parkplatzs­treifen auf einer Seite zu entfernen“, betont François Benoy im Gespräch mit dem LW.

Gruef verkehrsbe­ruhigen

Parallel dazu müsse auch die Rue du Fossé (Gruef) verkehrsbe­ruhigt werden – sprich der Durchgangs­verkehr, der eigentlich keinen Grund hat, diesen Weg zu benutzen, zu unterbinde­n. „Im Gruef geschieht ja gerade etwas“, räumt François Benoy ein. Doch die Frage des Durchgangs­verkehrs sei immer noch nicht abschließe­nd geklärt. „Der Schöffenra­t schiebt nun einfach der Polizei die Verantwort­ung zu, die soll kontrollie­ren.

Dabei gibt es auch andere Möglichkei­ten, den Transitver­kehr einzuschrä­nken.“

Benoy zufolge könnten gerade hier Poller sinnvoll sein, oder zumindest als Sofortlösu­ng die Präsenz von Agenten der Zone bleue am Zugang. Das erlaube es, auch hier eine direkte und sichere Verbindung zwischen Kathedrale und Pescatore-Park zu schaffen – und das sehr kurzfristi­g und kostengüns­tig.

Dem Prënzeréng komme auch eine entscheide­nde Bedeutung für die Anbindung der Stadtviert­el Merl und Belair ans Zentrum zu. „Dabei ist es wichtig, dass die Verbindung in die Stadtviert­el so sicher ist, dass man dort auch als Familie mit Kindern fahren kann“, unterstrei­cht François Benoy. Das sei etwa möglich, indem man in der Avenue Marie-Thérèse eine Fahrspur für den motorisier­ten Verkehr

entferne und an der Stelle einen bidirektio­nalen Radweg einrichte oder die bereits bestehende­n einseitige­n Wege auf die Höhe des Bürgerstei­gs anhebe, um sie abzusicher­n. In der Rue de Nassau und in der Rue Émile Lavandier in Merl sei bereits jetzt gut Fahrradfah­ren. Hier müsse nur etwas gegen den Durchgangs­verkehr unternomme­n werden.

„Naheliegen­de Lösungen“

In Richtung Westen fordern Déi Gréng Stad zunächst eine bessere Verbindung zwischen dem Stadtzentr­um und der Place de l'Etoile. Dann schlagen sie vor, in der Allée Leopold Goebel und im Val Sainte-Croix entweder einen Parkplatzs­treifen zu entfernen oder hier gar eine Fahrradstr­aße einzuricht­en. Hier gebe es gleich mehrere Möglichkei­ten, einen sicheren Radweg zu schaffen.

In Limpertsbe­rg sei die Lösung in der Avenue Pasteur zum Greifen nahe – über eine Verkehrsbe­ruhigung. Eine Sperre für den Durchgangs­verkehr könne gar das ganze Stadtviert­el neu beleben. „Diese Straße ist dafür prädestini­ert“, betont François Benoy. „Sie liegt zentral, es gibt für den motorisier­ten Verkehr Alternativ­en und sie ist am Glacis an bestehende Wege angebunden. Wenn man sie unten sperren und die Verkehrsfü­hrung umgestalte­n würde, dann würde man einen sehr geselligen Raum schaffen.“

Der Schöffenra­t habe ebenfalls Pläne für einen Radweg in der Avenue Pasteur – ohne Ausschluss des Durchgangs­verkehrs. Stattdesse­n solle nur ein Parkplatzs­treifen mitsamt Bäumen entfernt werden.

Auch für Bonneweg legen Déi Gréng Stad einen Plan vor – durch die Rue des Gaulois, die als 20erZone umgestalte­t werden soll. Der Übergang über die Rocade wäre über einen bidirektio­nalen Radweg zu lösen.

Nutzen auch für Fußgänger

„Die Voraussetz­ungen für ein gutes, zusammenhä­ngendes Radwegenet­z in der Hauptstadt sind gegeben“, meint François Benoy abschließe­nd. „Jetzt braucht es nur noch politische­n Willen, Hauptachse­n und Stadtviert­el zu verbinden – und Wohnvierte­l vor Durchgangs­verkehr zu schützen.“Eine bessere Fahrradinf­rastruktur bringe nicht nur Radfahrern sicherere und komfortabl­e Wege, sondern auch Fußgängern und entlaste den Allgemeinv­erkehr. Ein Radfahrer mehr auf einem abgetrennt­en Radweg sei schließlic­h ein Auto weniger im Stau.

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Foto: Steve Eastwood Das Fahrrad als ideales Fortbewegu­ngsmittel: François Benoy hofft, mit konkreten Plänen Bewegung ins Spiel zu bringen.

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