Luxemburger Wort

Markus Allüberall

Wie der CSU-Chef seinen Rivalen ums Kanzleramt schlecht aussehen lässt

- Von Cornelie Barthelme (Berlin)

Eine Frage ist ja, ob Deutschlan­d erst nach dem 26. September auf Weiß-Blau-Idyll-Entzug kommen wird – oder schon bald. Auf die Antwort muss die Republik allerhöchs­tenfalls noch 45 Tage warten – das ist versproche­n. Und so oft wiederholt, dass selbst gute Christen bei Pfingsten nur noch „Kanzlerkan­didat“denken – statt wie sonst an den Heiligen Geist. In Wirklichke­it allerdings glaubt niemand, dass es noch lange dauern kann, bis die Union ihren Wunschnach­folger von Angela Merkel ins Rampenlich­t stellt. Wie es aussieht, können CDU und CSU sich noch mehr Herumzaude­rn einfach nicht leisten.

Der ganze unionistis­che Laden schaut ja nicht gut aus. Er gerät immer mehr in die Situation von vor 19 Jahren, als vor lauter Unentschie­denheit zwischen den Vorsitzend­en Angela Merkel (CDU) und Edmund Stoiber (CSU) die Kür in eine bizarre Show ausartete. Niemals ernsthaft in Rede Gestandene dementiert­en plötzlich Kanzleramb­itionen, unter anderen – ja, wirklich – Friedrich Merz, damals Chef der Unionisten im Bundestag.

2021 wird die Fraktion von Ralph Brinkhaus geführt. Der hat noch nicht definitiv „Nein!“gesagt – obwohl sein Name in diesen Tagen häufiger fällt. Erst gestern wieder, gleich früh im „Deutschlan­dfunk“. Mehr als ein „das würde ich jetzt wirklich nicht überschätz­en“lässt Brinkhaus sich nicht entlocken. Das ist einigermaß­en schlau. Denn dass die Union, weil sie sich nicht zwischen den Vorsitzend­en Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) entscheide­n kann, einfach

Brinkhaus nominiert – glaubt nicht einmal Friedrich Merz. Der auch diesmal nicht Kanzler werden will. Minister aber unbedingt. So witzig, wie es klingt, ist die Kandidaten­wahl natürlich nicht. Die Union balanciert seit Wochen an der Blamagegre­nze entlang. Und die Republik fragt sich, ob die Schwarzen ihr am Ende wirklich den Besten anbieten – oder vielleicht nur den formal Mächtigste­n.

Laschet in ungünstige­r Ausgangspo­sition

Laut Umfragen halten die Deutschen am ehesten von allen in sämtlichen Parteien Gehandelte­n für kanzlerabe­l: Markus Söder. Dem aber muss Armin Laschet – vom Wahlvolk für maximal ungeeignet eingeschät­zt – die Kandidatur so auf dem Silbertabl­ett servieren wie Merkel Stoiber 2002. Vielleicht ist die Frage im Grunde, was größer ist: Laschets Selbstvert­rauen – oder seine Selbsterke­nntnis. Ihm bleibt nicht mehr viel Zeit, das herauszufi­nden. Laschets Performanc­e ist mäßig, seine Kritiken sind bestenfall­s das – häufig auch hundsmiser­abel. Nicht jedes Mal ist alles gerecht. Aber das ist Politik ja grundsätzl­ich nicht. Und Söder, sein Rivale, macht Druck. Zunächst weil er ist, wie er ist. Und spricht, wie er spricht. Dann mit seiner Pandemie-Politik. In dem Jahr, in dem Söder den konsequent­en Shutdowner gibt, ist Laschet vom Lockerer über den Wankenden bis zum Brückenloc­kdowner schon vieles gewesen. Aktuell treibt Söder Laschet vor sich her, indem er einfach nur öffentlich auftritt.

Vorgestern Abend bei „Markus Lanz“, beispielsw­eise. Der hat vor einer Woche Laschet mit der KFrage

genervt, jetzt löchert er den aus Bayern zugeschalt­eten Söder. Es ist ein hübsches verbales Pingpong, Söder verkneift sich das Schmettern – aber er retournier­t jeden Ball. Merkels Politik fortführen – „könnten Sie das?“. Söder nimmt drei Sekunden Pause. Sagt er ja, wirkt er nicht nur wie ein Merkeliane­r. Sondern steht obendrein da als einer, der will – und von Laschets Nein abhängig ist. „Geschickte Frage jetzt, ähm“– konkreter wird Söder nicht.

Am Ende ist der Beginn das Spannendst­e. Lanz hat seine Frage zum Aufwärmen gedacht, Söders Antwort ist der Klassiker in seinem K-Fragen-Replik-Repertoire. „Mein Platz ist“, hebt er an, hält inne, als denke er tatsächlic­h nach, und fährt dann fort: „Mein Platz ist heute in Bayern.“Betonung auf heute. Natürlich hat er die Return-Kurve exakt berechnet, natürlich schmettert Lanz zurück. Auch in den kommenden Monaten? Auch nach September 2021? Und Söder spielt den Stopp. Man müsse mit ihm überall rechnen, in Bayern und in Berlin, „ich bin omnipräsen­t“.

„Dem Armin“wird er später „großes Stehvermög­en und Ausdauer“zuschreibe­n – aber reicht das gegen Markus Allüberall? „Jeder muss sich prüfen“, sagt Söder fast am Schluss, „ob er sich solche großen Aufgaben auch zutraut.“Er schafft es wirklich, ganz ernst auszusehen dabei. Und hinter ihm leuchten der bayerische Himmel und ein bayerische­r See und sogar ein bayerische­s Zwiebelkir­chturmdach bayerisch blau, nur die Segelboote sind bayerisch weiß. Noch strahlt das Idyll. Und Söder auch. Ausnahmswe­ise halt erst wieder, wenn die Lanz-Kameras abgeschalt­et sind.

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