„Frustration in Motivation umwandeln“
Radprofi Bob Jungels glaubt, den Ursprung seiner Rückenschmerzen gefunden zu haben
Neue Reize, neue Impulse, neue Motivation. Bob Jungels hatte das Team Deceuninck-Quick Step verlassen und war zu Ag2r-Citroën aufgebrochen, um wieder voll durchzustarten. Doch bislang ist in der Saison 2021 nichts davon zu sehen.
Der 28-Jährige hat in diesem Jahr zwei Etappenrennen bestritten. Unter dem Strich stehen die Plätze 27 bei Paris-Nice (auf 9'01'') und 59 bei der Katalonien-Rundfahrt (auf 41'16'') zu Buche. Dass das nach intensiver Vorbereitungsphase im Winter weder den eigenen Ambitionen, noch denen der Mannschaft entspricht, ist kein Geheimnis. Das weiß der Sechste des Giro d'Italia aus dem Jahr 2016 selbst am Besten. „Ich fahre unter ferner liefen“, betrieb er während der Volta a Catalunya keine Schönmalerei.
Jungels lieferte seinen Fans und Kritikern gleich eine Erklärung, warum die Saisonvorbereitung mit einem dreiwöchigen Trainingslager in der Sierra Nevada bislang noch nicht in guten Resultaten mündete: „Ich habe Probleme mit dem Rücken.“Als die Topfahrer in Spanien ans Limit gingen, musste Jungels passen. Der Luxemburger war chancenlos, blieb aber wie angekündigt im Rennen. Auf der fünften Etappe trat der Luxemburger gar in Erscheinung. Auf dem anspruchsvollen Abschnitt zwischen La Pobla de Segur und Manresa war er in der Ausreißergruppe des Tages vertreten.
Große Umstellung beim Material
Seit dem Wettkampf in Spanien sind zehn Tage vergangen. Die hat Jungels genutzt. „Es geht mir besser“, sagt er erleichtert. „Wir glauben, die Wurzel des Problems gefunden zu haben. Zumindest verspürte ich in den vergangenen Tagen keine Schmerzen mehr – auch nicht, wenn ich im Training eine Rennsimulation machte.“
Jungels wurde von Kopf bis Fuß untersucht. „Ich war beim Zahnarzt, es wurden außerdem Röntgen des Rückens und auch eine Kernspintomographie gemacht. Wir mussten auf Nummer sicher gehen, dass nicht irgendwas kaputt ist“, verrät er. Gefunden wurde nichts. Jungels ist gesund. Er besuchte außerdem einen Biomechaniker, der seine Position auf dem Fahrrad sowie den Ablauf des gesamten Bewegungsapparates analysierte.
Jungels gibt einen Einblick in die Überlegungen: „Das Material bei meinem jetzigen Team ist ein anderes als ich es bislang kannte. Wir reden dabei nicht nur über das Fahrrad (jetzt BMC, zuvor Specialized, Anmerkung der Redaktion), sondern auch über die Schuhe, die Pedalen und weitere Dinge.“
Bei der Sitzposition geht es im Profibereich um Millimeter. Anpassungen wurden vorgenommen. „Hoffentlich geht es jetzt bergauf. Ich bin zuversichtlich. Es fühlt sich alles besser an“, so Jungels, der versucht, die Schmerzen zu beschreiben, die ihn bislang ausbremsten. „Bei Paris-Nice traten sie erstmals auf. Sie zogen sich vom Rücken hinunter bis in die Beine. Es fühlte sich an, als hätte ich kein Blut mehr in den Beinen. Urplötzlich ging nichts mehr. Ich musste langsamer fahren.“
Ardennenklassiker im Fokus
Dieses Kapitel soll der Vergangenheit angehören. Es wird auch Zeit. „Die ersten Wochen der Saison waren nicht gut. Eine gewisse Frustration machte sich breit. Die möchte ich in Motivation umwandeln“, sagt Luxemburgs Landesmeister im Einzelzeitfahren.
Das würde auch die Team-Verantwortlichen freuen. „Sie haben nicht verstanden, warum es bei mir einfach nicht lief. Sie kannten meine Werte und Leistungsdaten aus dem Training. Warum ich diese nicht im Rennen abrufen konnte, war ein Rätsel“, sagt Jungels. Für die Trainer seiner französischen Mannschaft spricht er ein Lob aus: „Sie stehen voll hinter mir. Sie haben keinen Druck ausgeübt oder für Stress gesorgt. Die Reaktion war eher eine verständnisvolle.“
Dass es für Jungels jetzt auch im Wettkampf besser läuft, kann er bei der Flèche Brabançonne (14. April) und dann bei den drei Ardennenklassikern Amstel Gold Race (18. April), Flèche Wallonne (21. April) und Liège-Bastogne-Liège (25. April) beweisen.
„Das wird schon klappen. Ich bin weiterhin ambitioniert für die Klassiker. An der Form liegt es nicht. Die ist gut. Bleiben die körperlichen Beschwerden aus, beweise ich das“, versprüht er Optimismus. Bis Sonntag kann er auf Mallorca weitere Zuversicht tanken. Dort ackert er während insgesamt einer Woche, damit der „schwierige Einstieg in die Saison“definitiv Geschichte ist. Er weiß allerdings auch: „Training und Rennen sind zwei Paar Schuhe.“
Wir mussten auf Nummer sicher gehen, dass nicht irgendwo etwas kaputt ist. Bob Jungels