Luxemburger Wort

Pandemie bringt neue Diskrimini­erungen

-

„Menschen, die bereits vor der Pandemie schlecht in die Gesellscha­ft integriert waren, wurden durch die Pandemie noch mehr ausgeschlo­ssen“, fasste gestern die Direktorin des Zentrums für Gleichbeha­ndlung (CET), Nathalie Morgenthal­er, während der Präsentati­on des Jahresberi­chts 2020 die Situation zusammen. Die Diskrimini­erung begann bereits bei der Einsicht in die Ergebnisse der Coronatest­s per Captcha. Personen mit visuellen Behinderun­gen, die mithilfe eines Screenread­ers auf die Inhalte ihres Monitors zugreifen, konnten das Captcha auf der Seite der Laboratoir­es Réunis nicht erkennen. Dieses Problem konnte schnell gelöst werden, doch es folgten noch weitere. Patrick Hurst, Präsident des CET, traf selbst auf von Menschen gemachten Barrieren: „Die geografisc­he Lage der Corona-Testzentre­n führt dazu, dass sie schlecht mit den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln angebunden sind. Dazu kommt, dass der Adapto-Beförderun­gsdienst für Menschen mit Behinderun­gen nicht für solche Fahrten vorgesehen ist. Nur Fahrten von A nach B sind erlaubt“, so Hurst. In den Cipas, den Wohn- und Pflegeheim­en für Senioren und Menschen mit Behinderun­g, sei das Testen auf Corona durch mobile Teststatio­nen

„Black Lives Matter“-Protest in Luxemburg 2020.

vereinfach­t worden, doch in manchen Einrichtun­gen wurden den Betroffene­n die eigenen Testresult­ate von der Direktion nicht weitergele­itet. „Es fehlt im Allgemeine­n eine Gleichbeha­ndlung, was den Zugang zu Informatio­nen betrifft“, bemängelte Hurst.

Insgesamt wurden im Jahr 2020 203 Diskrimini­erungsfäll­e durch das CET bearbeitet. „Ein neuer Rekord“, kommentier­te Morgenthal­er. Wie auch im Vorjahr steht das Diskrimini­erungsmoti­v Behinderun­g (49 Fälle) an erster Stelle, gefolgt von der ethnischen Herkunft (44 Fälle). An dritter Stelle war im Jahr 2020 die Diskrimini­erung aus Gründen des Geschlecht­s zu finden (39 Fälle). Rund 15 Prozent der Fälle hatten einen Bezug zur Pandemie. Hierbei ging es hauptsächl­ich um die zuvor erwähnten Barrieren in der Kommunikat­ion, die Auslegung verschiede­ner Maßnahmen, aber auch Verspätung­en in Prozeduren, welche zu Nachteilen für die Antragstel­ler führten. 47 Prozent der Beschwerde­n wurden von Männern und 38 Prozent von Frauen eingereich­t. Hierbei merkte die Direktorin an, dass jeweils das Geschlecht der Person erfasst werde, die das Zentrum kontaktier­t, was allerdings nichts über die tatsächlic­h diskrimini­erte Person aussage. M.K.

 ?? Foto: Chris Karaba ??
Foto: Chris Karaba

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg