Luxemburger Wort

Zwei Kirchenreb­ellen begegnen sich

1979 hielt Hans Küng einen Vortrag in Luxemburg auf Einladung von Nicolas Theis

- Von Bodo Bost (Luxemburg)

Auch Luxemburg hatte in der Person des „Dorfpfarre­rs“Nicolas Theis (1911-1985), eine Art Kirchenreb­ell. Dieser hatte das Großherzog­tum seit den 1950er-Jahren zu einem Zentrum der Forschung über den Gelehrten Kardinal Newman (1801-1890) gemacht. Einer der engsten Mitarbeite­r der NewmanKong­resse, der Münchner Professor Heinrich Fries, war ein Kollege von Hans Küng, der viele seiner Bücher rezensiert hatte. Er spielte damals den Vermittler.

Im Jahre 1975 war Küngs „Christ sein“neu erschienen, das Theis zunächst begeistert gelesen hatte und es in seinen Tagebücher­n als „großartige­s Vorhaben um dem modernen Menschen einen neuen Zugang zum Christentu­m zu bahnen“beschriebe­n hatte. Nach der Lektüre warnte er jedoch in seinem Tagebuch „Den Weg entlang – Zweiter Band“vor dem Buch als „Gefahr für die herkömmlic­hen christlich­en Glaubenswa­hrheiten“.

Korrespond­enz mit Küng

Theis' Skepsis gegenüber Küng wurde zwar in der Folge noch größer, aber der große Erfolg seines 1978 herausgeko­mmenen Buches „Existiert Gott“gab Theis immer mehr zu denken. Er schickte ihm schließlic­h im September 1979 ein Exemplar seines 1975 erschienen Buches „Tagebuch eines Landpfarre­rs – Band 2“, in dem sich Theis mit Küngs Buch „Christ sein“kritisch auseinande­rgesetzt hatte. Damit verband er die Anfrage, ob Küng bereit wäre, zu einer Konferenz nach Luxemburg zu kommen. Bereits eine Woche später kam ein Dankesschr­eiben aus Tübingen mit zwei weiteren Büchern von Küng, die seine Denkweise besser erklären sollten. Theis lud Küng bereits für Dezember zu einer Konferenz nach Luxemburg ein. Am 1. Dezember 1979 schickte Nicolas Theis einen ausführlic­hen Brief an den Tübinger Theologen, in dem er ihm viele Fragen stellte, aber auch „Ausverkauf des Christentu­ms“und Polemik vorwarf. Als

Küng dann am 4. Dezember nach Luxemburg kam, war der Ton jedoch viel versöhnlic­her – obwohl Theis feststelle­n musste, dass Küng sein Tagebuch eines Landpfarre­rs nicht gelesen hatte.

Von der Konferenz von Hans Küng im Centre Convict, die sehr gut besucht war, war Theis allerdings enttäuscht. Er hatte sich einen Kirchenreb­ellen vorgestell­t, der gegen Rom, Papst und Bischöfe losziehen würde. Nichts davon trat bei dem Vortrag ein. Obwohl Theis Küng in seinen Tagebücher­n vorwarf, dass er bei seinem Luxemburge­r Vortrag die große Orientieru­ng habe vermissen lassen, fand er ihn anderersei­ts sogar sympathisc­h, weil er jegliche Starallüre­n vermissen ließ.

Eine Woche nach Luxemburg trat Küng noch an der theologisc­hen Fakultät der Universitä­t Straßburg auf, wo er auch vor vielen Luxemburge­r Theologies­tudenten sprach und begeistert gefeiert wurde. Als aber kurz darauf vom Vatikan der Entzug der Lehrbefugn­is verkündet wurde, war kein Theologiep­rofessor in Straßburg bereit, eine von der Studentens­chaft verfasste Petition dagegen zu unterzeich­nen.

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Foto: LW-Archiv/ Jean Weyrich Professor Hans Küng nach seinem Luxemburge­r Vortrag im Gespräch mit Abbé Nicolas Theis.

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