Luxemburger Wort

Die persönlich­e Begegnung mit dem auferstand­enen Christus

- Von Schwester Danièle Faltz Bild: Maggy Masselter

Der ungläubige Thomas ist uns sympathisc­h, er spricht aus, was wir denken: Ich glaube erst, wenn ich sehe. Wenigstens in Bezug auf Religion ist das so, in vielen anderen Gebieten nehmen wir so manches ohne kritische Fragen hin.

Übrigens war Thomas gar nicht so ungläubig. Im 11. Kapitel des Johannesev­angeliums wird erzählt, wie er sich mutig und energisch mit Jesus auf den Weg macht, „um mit ihm zu sterben“. Dass er in der reellen Gefahr schließlic­h doch weggelaufe­n ist, wer von uns wird ihm dafür den ersten Stein werfen?

Thomas wollte selbst sehen

Thomas war abwesend, als Jesus am Abend nach seiner Auferstehu­ng den verängstig­ten Jüngern erschien. Brauchte er Distanz und innere Freiheit, um den Tod Jesu zu verarbeite­n, war er enttäuscht von sich, von seinen Freunden und wollte abschließe­n mit dieser Etappe seines Lebens, neue Wege gehen, wollte er einfach beweisen, dass er sich nicht fürchtet und sich auch nicht einsperren will?

Es gab auf jeden Fall ein Wiedersehe­n mit der Gruppe. Seine Freunde erzählten ihm ihre Begegnung mit dem auferstand­enen Herrn, dass er plötzlich da war, bei verschloss­enen Türen, dass er ihnen zweimal Frieden wünschte, da er ihre Angst spürte, dass er ihnen die Wunden seiner Hände und Seite zeigte, dass er ihnen den Auftrag gab, in die Welt zu gehen, um seinen Frieden und seine Versöhnung zu verkünden und ihnen dazu seinen heiligen Geist schenkte. Aber Thomas glaubte nicht. Er wollte sich nicht auf ihre Erfahrung einlassen. Er wollte selbst sehen.

In dieser Episode wird klar, dass der Glaube zwar in der Gemeinscha­ft weitergege­ben wird, dass es dann aber eine persönlich­e Begegnung und Beziehung mit Christus braucht, um zum gläubigen Bekenntnis zu kommen.

Die persönlich­e Begegnung

Jesus macht den ersten Schritt, er geht auf Thomas zu, er nimmt ihn ernst, in seinen Fragen, in seinem Zweifel, in seinem Unglauben. Er fordert Thomas auf, seine Wunden zu berühren, damit er im auferstand­enen Herrn seinen gekreuzigt­en Freund erkennt. Diese Einladung allein genügt, um dem ungläubige­n Thomas das kürzeste und zugleich treffendst­e Glaubensbe­kenntnis zu entreißen: „Mein Herr und mein Gott“. Plötzlich wird klar, was Jesus vor seinem Tod dem Thomas sagte: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“

Auch wir brauchen diese persönlich­e Begegnung mit dem auferstand­enen Christus. Auch wir können von ihm im Innersten berührt werden. Natürlich nicht so, wie die Evangelien diese Begegnunge­n erzählen. Denn auf uns trifft zu, was Jesus einmal sagt: „Glücklich, die nicht sehen und doch glauben“.

Wie geschieht Begegnung mit dem lebendigen Christus? Vor allem ist es ein unverdient­es Geschenk, alleinige Initiative des Herrn. Auf unserer Seite hilft ein ehrliches, offenes Suchen nach der Wahrheit, das tiefe Verlangen, Gott zu erfahren und ein menschlich­es Herz, das nicht von sich selbst erfüllt ist, sondern bereit, dem Herrn die eigene Leere und Schwachhei­t anzubieten.

Es ist wichtig, sich manchmal zu erinnern: Wann und wo wurde mir im Glauben eine persönlich­e Begegnung mit Christus geschenkt? In normalen Christenle­ben kommen intensive Gottesbege­gnungen eher selten vor. Dabei geht es uns oft wie den EmmausJüng­ern: „Sie erkannten ihn, und schon verschwand er“.

Kreuz und Auferstehu­ng

Vielleicht geschah es draußen in der Natur oder bei einer interessan­ten Lektüre, in einem stillen Gebet, in einem erhabenen Konzert, in einer gemeinscha­ftlichen Eucharisti­efeier. Ebenso in der Begegnung mit einem Menschen, der die Freude des Glaubens ausstrahlt. Auch im aktiven und solidarisc­hen Einsatz für Gerechtigk­eit kann Christus sich zu erkennen geben, und vielleicht besonders im konkreten Dienst an Menschen, denen das Leben Wunden geschlagen hat. Mit Thomas verstehen wir dann, dass Kreuz und Auferstehu­ng zusammenge­hören.

Wie wissen wir, ob es sich bei unseren spirituell­en Erfahrunge­n um „Christus-Begegnung“handelt, da wir ja nicht sehen? In den Ostererzäh­lungen zeigt sich, dass der innere Frieden ein sicheres Zeichen dafür ist. Er ist das Geschenk, mit dem Jesus seine Begegnunge­n einleitet. Auch die Freude ist ein Merkmal, genau wie die Liebe, die Geduld, die Bescheiden­heit. Alles, was Paulus „Früchte des Heiligen Geistes“nennt. Auf unserer Seite gilt als sicheres Zeichen die resolute Entscheidu­ng, in der Welt Zeuge zu sein vom auferstand­enen Herrn, verfügbar, den Menschen seine Liebe weiterzusc­henken.

Glücklich, die nicht sehen und doch glauben.

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Der ungläubige Thomas spricht aus, was wir denken, meint Schwester Danièle Faltz in ihrem Kommentar.
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