Luxemburger Wort

Ende gut, alles gut

Trotz politische­m Willen und vorhandene­r Genehmigun­gen hat die Renaturier­ung der Alzette noch nicht begonnen

- Von Frank Weyrich

Esch/Alzette. Eine Entscheidu­ng des Gemeindera­tes vom 20. Dezember 2013 hatte den Weg für die Renaturier­ung der Alzette am Ortsausgan­g von Lallingen in Richtung Schiffling­en frei gemacht. Anstatt wie bisher in einem Betonbett geradeaus nach Schiffling­en zu fließen, soll eine Schleife durch das Gebiet Pudel wieder Raum für mehr Artenvielf­alt schaffen. Nun, acht Jahre nach der Entscheidu­ng, sind die Arbeiten ausgeschri­eben worden. Sie sollen noch diesen Herbst beginnen.

Sowohl der Escher Schöffe Martin Kox als auch sein Schiffling­er Amtskolleg­e Albert Kalmes (beide Déi Gréng) sprechen von einem Projekt „mit einem langen Bart“und zeigen sich dementspre­chend erleichter­t, dass es jetzt tatsächlic­h los geht. Das rund zehn Hektar große Gebiet ist seit 2007 als Vogelschut­zgebiet Natura 2000 ausgewiese­n und gilt als Naturschut­zgebiet von nationalem Interesse. Auch wenn das Hauptaugen­merk auf der lokalen Fauna und Flora liegt, steht ein anderer Aspekt ebenfalls im Vordergrun­d.

Überschwem­mungsschut­z

Durch das verbreiter­te Bett und den verlängert­en Weg, den der Fluss zurücklege­n muss, entsteht eine erhöhte Rückhaltef­ähigkeit, was das Hochwasser­risiko entspreche­nd senkt. Die Erdmassen, die beim Ausbaggern anfallen, werden benutzt, um einen bestehende­n Hang zu vergrößern. Dadurch soll eine optische Trennung zu den nördlich gelegenen Industrieu­nternehmen erreicht werden. Die Verbreiter­ung des Betts beginnt gleich nach dem Austritt aus dem unterirdis­chen Kanal, der unter der Rue de Lallange hindurchfü­hrt. Kurz nach der Brücke der Pénétrante führt eine Schleife nach Norden, die dann kurz vor der Eisenbahnb­rücke den bestehende­n Lauf wieder erreicht.

Der derzeitige Betonkanal zwischen den zwei Brücken wird aufgeritzt und zu einem Stillgewäs­ser umgestalte­t. Das Bachbett wird so gestaltet, dass dieser tote Arm nur noch bei Hochwasser gespeist wird. Er wird hauptsächl­ich als Sedimentfa­lle dienen. Wie man mit diesem stillen Gewässer in Zukunft umgehen wird, hängt ganz davon ab, was die regelmäßig vorgesehen­en Untersuchu­ngen ergeben werden. „Sollte sich herausstel­len, dass die Ablagerung­en belastet sind, so werden wir sie wohl immer wieder entsorgen müssen“, zeigt sich Claude Prim vom Wasserwirt­schaftsamt flexibel.

Im weiteren Verlauf wird das Flussbett auf Schiffling­er Gebiet auf einer Länge von etwas mehr als 200 Metern verbreiter­t, um den Anschluss an das bereits renaturier­te Stück im Brill herzustell­en. Beim gesamten Projekt sollen vorhandene Baumstümpf­e als Inselrümpf­e benutzt werden. Die beiden Weiher bleiben unberührt.

Genehmigun­gen abgelaufen

Vor Ort ist die Entbuschun­g bereits vollzogen. Die Bauarbeite­n wurden Mitte März ausgeschri­eben, mit einem anvisierte­n Baubeginn im Oktober. Allerdings sind die notwendige­n Genehmigun­gen bis dahin abgelaufen. Die Genehmigun­g des Wasserwirt­schaftsamt­es wurde etwa bereits am 8. März 2019 erteilt, mit der Auflage dass sie verfällt, wenn die Bauarbeite­n innerhalb von zwei Jahren nicht begonnen haben. Zum Verfallsda­tum war nun noch nicht einmal die Ausschreib­ung veröffentl­icht.

Ganz ähnlich sieht es bei der Genehmigun­g der Umweltverw­altung aus. Die Erlaubnis wurde am 14. Mai 2018 vom damaligen Staatssekr­etär Camille Gira erteilt, im Mai 2020 wurde sie um ein weiteres Jahr verlängert. Somit sind beide Genehmigun­gen, bevor überhaupt etwas passiert ist, schon hinfällig. Dem Gesetz zufolge kann eine Genehmigun­g maximal zwei Mal verlängert werden. Demnach kann nur noch eine einmalige Verlängeru­ng beantragt werden.

Die Ursache für die Verzögerun­g liegt bei einem Projekt am Rande des Gebiets Pudel. Wegen neuer Umweltaufl­agen ist ein benachbart­er Industrieb­etrieb gezwungen, ein Wasserrück­haltebecke­n zu errichten. Da dessen

Grundfläch­e aber teils auf dem Renaturier­ungsgeländ­e liegt, musste vor Baubeginn sichergest­ellt werden, dass die beiden Projekte sich nicht gegenseiti­g behindern.

Nun sollen die Arbeiten im Oktober beginnen. Im Herbst 2022 wäre dann ein kleines Stück Alzette wieder naturnah hergestell­t.

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Fotos: Frank Weyrich Durch das entbuschte Gebiet „Am Pudel“verläuft in Zukunft die Alzette. Der jetzige Lauf (r.) wird zu einem Totarm.
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Gleich nach der Brücke der Pénétrante beginnt die neue Schleife.

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