Ein Banker wird Präsident
Der 65 Jahre alte Guillermo Lasso gilt als erzkonservativ und neoliberal
Die Ecuadorianer haben sich am Sonntag überraschend für einen klar konservativen und neoliberalen Kandidaten für das Präsidentenamt entschieden. Der Banker Guillermo Lasso, der bereits zum dritten Mal kandidierte, stammt aus der Wirtschaftsmetropole Guayaquil an der Pazifikküste und gewann die Stichwahl gegen den jungen Linkskandidaten Andrés Arauz mit rund 52,5 Prozent der Stimmen. „Das ist ein historischer Tag, an dem sich die Ecuadorianer für einen Wechsel entschieden und den Wunsch nach besseren Tagen geäußert haben“, sagte Lasso am Sonntagabend in Guayaquil.
Das Ergebnis überrascht, weil Lasso in der ersten Runde im Februar erst nach einer teilweisen Nachzählung der Stimmen den zweiten Platz hauchdünn gegen den unabhängigen linken Indigenen-Kandidaten Yaku Pérez erobert hatte. Arauz, der als Vertreter des früheren Präsidenten Rafael Correa galt, war als klarer Sieger aus dem ersten Wahlgang hervorgegangen, erreichte aber nicht genügend Stimmen für einen Sieg.
Deutlicher Rechtsruck
Damit wendet sich der kleine von hohen Schulden, Arbeitslosigkeit und Corona arg geplagte Andenstaat erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt wieder ganz deutlich nach rechts. Der 65 Jahre alte Lasso ist in allen sozialen und moralischen Fragen erzkonservativ und wirtschaftlich neoliberal. Sein Wahlsieg dürfte dann auch in erster Linie den Internationalen Währungsfonds (IWF) freuen, dem Ecuador viele Milliarden Dollar schuldet. Der künftige Staatschef war bereits einmal Gouverneur der wirtschaftlich wichtigen Provinz Guayas und kurzzeitig Wirtschaftsminister auf Bundesebene. 2017 unterlag er dem scheidenden Präsidenten Lenín Moreno und 2013 Rafael Correa.
Seit dem ersten Wahlgang hat Lasso, der selbst aus einfachen Verhältnissen stammt, seinen Diskurs deutlich abgeschwächt und sich sogar den Themen der LGBTCommunity geöffnet. Bis vor Kurzem war er allerdings noch ein erbitterter Gegner der Abtreibung, selbst wenn die Schwangerschaft
Ergebnis einer Vergewaltigung ist. Lasso ist Mitglied des konservativen katholischen Opus-Dei-Ordens.
Dem Wahlsieger ist sehr klar, dass er ein Land in einer „komplizierten Lage“übernimmt. Die Devisenreserven von 400 Millionen Dollar entsprechen gerade einmal 20 Prozent der monatlichen Staatsausgaben. Seine zentralen Wahlversprechen sehen die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Erhöhung des Mindestlohns auf 500 Dollar sowie einen massiven Kampf gegen die Hungersnot vor. Zudem will er neun Millionen Menschen innerhalb der ersten 100 Tage nach seinem Amtsantritt impfen. Das wäre die Hälfte aller Einwohner.
Zu Kompromissen gezwungen
Gerade erst warnte der IWF, dass die Erholung in dem kleinen Land dieses Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,5 Prozent geringer ausfallen wird als im Rest der Region (4,6 Prozent). Nach Angaben der Weltbank fiel das Bruttoinlandsprodukt Ecuadors vergangenes Jahr um 9,5 Prozent, nur Peru (minus zwölf Prozent) und Argentinien (minus 10,6 Prozent) waren in Südamerika härter getroffen. Der IWF hatte Ecuador noch vor Kurzem einen Notkredit von 7,4 Milliarden Dollar bewilligt.
Der neue Präsident verfügt allerdings über keine Mehrheit im Parlament. Seine Partei CREO kommt gerade auf zwölf Abgeordnete, die mit Lasso verbündeten Christsozialen stellen weitere 19 Parlamentarier. Aber die Linke von Gegenkandidat Arauz stellt 48 Abgeordnete und vor allem die Indigenen-Partei Pachakutik stellt einen großen Oppositionsblock. Der neue Staatschef wird also Kompromisse machen müssen.