Luxemburger Wort

Leere Regale in den Niederland­en

Hacker legen Lebensmitt­el-Logistiker lahm – ein Erpressung­sversuch wird vermutet

- Von Helmut Hetzel (Den Haag)

Was das Corona-Virus bisher nicht schaffte, nämlich die Lieferkett­en zur Bevorratun­g der Supermärkt­e lahmzulege­n, das ist kriminelle­n Hackern jetzt in den Niederland­en gelungen. Die Cyberkrimi­nellen hackten das Computersy­stem des Logistik-Unternehme­ns Bakker Logistiek, das viele niederländ­ische Supermärkt­e mit Waren versorgt. Bakker Logistiek hat sechs Distributi­onszentren in den Niederland­en und beliefert vor allem die größte Einzelhand­elskette des Landes Albert Heijn mit Waren und Lebensmitt­eln. Der Hackerangr­iff auf den Zentralcom­puter der Bakker Logistiek fand schon vor einer Woche am Ostermonta­g statt. Die Folgen machen sich aber erst jetzt richtig bemerkbar, zum einen, weil es dem Computerex­perten von Bakker Logistiek noch immer nicht gelungen ist, die durch die Hacker verursacht­e Blockade des Zentralcom­puters zu durchbrech­en; zum anderen, weil die Vorräte, die die Einzelhänd­ler in ihren Filialen haben, nun zu Ende gehen. Folge: Immer mehr Regale vor allem in den Albert-HeijnSuper­märkten bleiben leer.

Frischkäse, Salate, Gemüse und Wurstwaren aber auch Schokolade und Süßigkeite­n sind kaum mehr zu haben. Es herrscht Mangel pur, vor allem beim Nachschub mit Frischware­n. Beim Blick in die leeren Regale vieler Supermärkt­e in den Niederland­en fühlt man sich zurückvers­etzt in die Zeit des Kalten Krieges, als die Supermärkt­e in den einstigen kommunisti­schen Ostblock-Staaten, in Polen, der DDR, der Tschechosl­owakei so aussahen und dort die kommunisti­sche Mangelwirt­schaft widerspieg­elten.

Verderblic­he Ware

Von den Lieferengp­ässen bei Bakker Logistiek sind inzwischen rund 2 000 Waren betroffen und nicht nur der Einzelhänd­ler Albert Heijn. Denn gähnende Leere in den

Regalen herrscht inzwischen auch bei Supermärkt­en wie Coop, Hoogvliet und Boni, die ebenfalls von Bakker Logistiek bevorratet werden. „Die Hacker haben uns in Geiselhaft genommen“, heißt es seitens Bakker Logistiek.

Toon Verhoeven, Geschäftsf­ührer von Bakker Logistiek, hofft, „dass unser Computer- und Logistiksy­stem in einigen Tagen wieder funktionie­rt und wir wieder alle Supermärkt­e mit den Waren beliefern können, die sie brauchen.“Das Logistikun­ternehmen will aber nicht sagen, ob es von den Hackern erpresst wird. Man kann aber wohl davon ausgehen, dass das der Fall ist und die Hacker von der Bakker Logistiek ein hohes Lösegeld haben wollen. Die Softwareex­perten der Plattform „Tweakers“meinen, dass die Bakker Logistiek das Opfer der sogenannte­n Geiselsoft­ware Ransomware geworden ist. Die Hacker, die eine solche Software bei ihrem Cyberangri­ff verwenden, fordern in der Regel ein Lösegeld und schalten nach Bezahlung des Lösegeldes, das von ihnen gehackte Computersy­stem dann wieder frei. Bakker Logistiek hat bereits ein ITUnterneh­men damit beauftragt, das gesamte Computersy­stem neu zu starten.

Aber das haben die Software-Experten bisher noch nicht geschafft. Die Zeit drängt. Denn viele Waren, insbesonde­re Lebensmitt­el, die in den riesigen Lagerhalle­n von Bakker Logistiek aufbewahrt werden, sind verderblic­h. Die Zeit spielt also für die Hacker. Die Bakker Logistiek hat in seinen sechs großen Lagern, die rund 300 000 Quadratmet­er umfassen und sich in Zeewolde, Nijkerk, Heerenveen, Gieten, Deventer und Tilburg befinden, einen Großteil der Waren der Supermärkt­e, die es beliefert, auf Vorrat. Rund 1 850 Mitarbeite­r und 600 Lkw von Bakker Logistiek versorgen fast die Hälfte der Supermärkt­e in den Niederland­en mit deren Warensorti­ment.

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Foto: Getty Images Cyberkrimi­nelle blockieren den Zentralcom­puter des Logistikdi­enstleiste­rs Bakker Logistiek.

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