Luxemburger Wort

Regeln für Zwangsmaßn­ahmen

Bislang gibt es kein Gesetz, das die Fixierung und Sedierung von Patienten reguliert

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Der Gedanke ist schwer zu ertragen: Niemand will in einem Krankenhau­s oder einer Pflegeeinr­ichtung mit Gurten ans Bett gefesselt oder auch medikament­ös ruhiggeste­llt werden. Doch es gibt Situatione­n, in denen das notwendig sein kann.

In den meisten europäisch­en Ländern gibt es Gesetze, die festlegen, unter welchen Voraussetz­ungen, unter welchen Bedingunge­n und für wie lange das geschehen darf. Immerhin handelt es sich bei diesen Zwangsmaßn­ahmen um einen sehr schweren Eingriff in die persönlich­en Freiheiten des Menschen. In Luxemburg gibt es kein derartiges Gesetz.

Vom „Luxemburge­r Wort“auf diesen Umstand angesproch­en, erklärt die Patiente Vertriedun­g, die sich im Großherzog­tum für die Rechte von Patienten einsetzt, dass es derzeit tatsächlic­h so ist, dass jede Einrichtun­g ihre eigenen internen Regeln befolgt.

Um auszuloten, wie die Vorgaben in den einzelnen Krankenhäu­sern aussehen und ob diese eine Notwendigk­eit für einen gesetzlich­en Rahmen sehen, hat die Patiente Vertriedun­g inzwischen alle Einrichtun­gen angeschrie­ben. Denn immerhin geht mit einem Gesetz auch eine Rechtssich­erheit einher, wenn ein Patient sediert oder fixiert werden muss.

Patiente Vertriedun­g ergreift Initiative

„Wir haben auch schon erste Antworten von den Spitälern erhalten“, betont Georges Clees von der Patiente Vertriedun­g. Außerdem habe man sich auch bereits in diesem Kontext mit der Verantwort­lichen für die Beziehunge­n mit den Patienten aus den Krankenhäu­sern getroffen.

„Dabei hat die Mehrheit der Beteiligte­n sich für eine gesetzlich­e Regulierun­g ausgesproc­hen und deren Wichtigkei­t hervorgeho­ben“, erläutert Georges Clees. „Die Patiente Vertriedun­g wird nun in einem zweiten Schritt das Gesundheit­sministeri­um kontaktier­en, um die Schaffung einer Arbeitsgru­ppe vorzuschla­gen. Diese könnte dann gemeinsam mit allen Akteuren nationale Richtlinie­n oder einen Leitfaden zur guten fachlichen Praxis ausarbeite­n.“

Im europäisch­en Ausland sind Zwangsmaßn­ahmen für Patienten, wie etwa Fixierunge­n und Sedierunge­n, sehr unterschie­dlich geregelt. Aus Sicht der Patientenu­nd

somit auch der Menschenre­chte gilt die Regelung in Deutschlan­d als fortschrit­tlich. Ein Urteil des deutschen Bundesverf­assungsger­ichts hat den Anwendungs­rahmen für Zwangsmaßn­ahmen für Patienten – ganz gleich, ob in Alten- und Pflegeheim­en, in Krankenhäu­sern oder in der Psychiatri­e – im Jahr 2018 sehr eng definiert.

Deutschlan­d: Fixierung nur mit richterlic­her Genehmigun­g

So ist eine Fixierung eines Patienten in Deutschlan­d nur noch unter klar definierte­n Voraussetz­ungen möglich. Sie muss durch eine drohende Gesundheit­sschädigun­g des

Patienten oder des Personals gerechtfer­tigt sein und ist nur als letztes Mittel zulässig.

Die Fixierung muss von einem Arzt angeordnet und überwacht werden. Wenn sie länger als 30 Minuten andauert, ist darüber hinaus eine richterlic­he Genehmigun­g erforderli­ch.

Außerdem muss eine Eins-zueins-Betreuung gewährleis­tet sein und die Fixierungs­maßnahme muss durchgehen­d im Patientend­ossier dokumentie­rt werden.

Der Patient oder gegebenenf­alls dessen Vormund muss zudem darüber informiert werden, wie die Zwangsmaßn­ahme gerichtlic­h angefochte­n werden kann.

 ?? Foto: Shuttersto­ck ?? Im Gesundheit­s- und Pflegebere­ich kann es erforderli­ch sein, Patienten mit Gurten oder auch medikament­ös ruhigzuste­llen. Das sollte in einem strikt vorgegeben­en Rahmen geschehen.
Foto: Shuttersto­ck Im Gesundheit­s- und Pflegebere­ich kann es erforderli­ch sein, Patienten mit Gurten oder auch medikament­ös ruhigzuste­llen. Das sollte in einem strikt vorgegeben­en Rahmen geschehen.

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