Luxemburger Wort

Schutzenge­l unter der Tragfläche

Erny Bernotte war der einzige Flugzeugme­chaniker in der Geschichte der luxemburgi­schen Armee

- Von Marc Hoscheid

Lintgen. Die mediale Aufmerksam­keit war groß, als der militärisc­he Transportf­lieger A400M am 7. Oktober 2020 auf dem Flughafen Findel landete. Endlich hatte Luxemburg seinen Anfang des Jahrtausen­ds bestellten Flieger. Doch so imposant der A400M auch sein mag, historisch war seine Ankunft im Großherzog­tum streng genommen nicht, denn Luxemburg verfügte bereits in den 1960er-Jahren über eine, wenn auch kleine, Luftflotte. Eine besonders wichtige Aufgabe übernahm dabei Erny Bernotte, der die Flugzeuge als Mechaniker auf Herz und Nieren prüfte.

Der heute 81-Jährige ist gelernter Automechan­iker und hatte seine Gesellenpr­üfung bereits bestanden, als er Anfang der 1960er-Jahre in die Armee eingezogen wurde. Als solcher arbeitete er zunächst etwa ein halbes Jahr lang auf dem Herrenberg, bis jemand gesucht wurde, der sich zum Flugzeugme­chaniker ausbilden lassen sollte. Luxemburg hatte nämlich im Rahmen seiner NATO-Verpflicht­ungen die Anschaffun­g von drei Aufklärung­sflugzeuge­n des Typs Piper L-18C 95 beschlosse­n.

„Ein Motor ist ein Motor“

„Ein Motor ist ein Motor“, meint Erny Bernotte, der nicht lange zögerte, die neue Aufgabe anzugehen. Dass er unter mehr als 30 Mechaniker­n für diese Mission ausgesucht wurde, führt er auf seine Fähigkeite­n als Automechan­iker und sein stets gepflegtes Erscheinun­gsbild zurück, allerdings etwas verlegen, denn „ich will mich ja nicht selbst loben“.

Die sechsmonat­ige Ausbildung absolviert­e Bernotte von Juli bis Dezember 1962 im französisc­hen Bourges, im Départemen­t Cher, wo er während der ganzen Zeit blieb. „Die Stimmung war gut, man hat mich dort aufgenomme­n und mir alles beigebrach­t“, erinnert sich Bernotte, der es bis heute als Ehre empfindet, dass er als damals einfacher Soldat bei den Unteroffiz­ieren einquartie­rt wurde.

Nach seiner Rückkehr ins Großherzog­tum wechselte er vom Herrenberg auf den Findel, wo die drei Flugzeuge stationier­t waren. Da er der einzige Flugzeugme­chaniker war, konnte sich Bernotte bei Bedarf einen Soldaten aussuchen, den er für geeignet hielt, um ihn zu unterstütz­en. Wobei der jeweilige Helfer eher für das Säubern der Maschinen und ähnliche Aufgaben zuständig war.

Bernotte hingegen kümmerte sich um die Wartung der Motoren: „Ich hatte die Verantwort­ung, wenn eine Maschine abgestürzt wäre, hätte man den Fehler zunächst bei mir gesucht und ich hätte einen auf den Deckel bekommen, aber das ist nie vorgekomme­n.“In brenzlige Zwischenfä­lle

Erny Bernotte ist seit gut 20 Jahren pensionier­t und lebt mit seiner Ehefrau Francine in Lintgen, an seine Armeezeit denkt er gerne zurück.

sei er nie verwickelt worden, wobei er durchaus regelmäßig als zweiter Mann an den Flügen teilnahm. Diese führten normalerwe­ise vom Findel über den Herrenberg und wieder zurück.

Kein Geld, kein Lachs

Das Abenteuer endete 1968, als Luxemburg seine Flugzeugfl­otte abschaffte. Doch das war nicht gleichbede­utend mit Bernottes Abschied aus der Armee. Er kehrte auf den Herrenberg zurück und stieg dort zum Chef der Autowerkst­att auf. Ein Wechsel in die zivile Luftfahrt sei für ihn nie eine Option gewesen, weil er sich beim Militär einfach zu wohl gefühlt habe. Seine

Zeit als Flugzeugme­chaniker bezeichnet Bernotte rückblicke­nd als „Start ins Leben“, an die er gerne zurückdenk­t, allerdings ohne ihr nachzutrau­ern.

Viel herumgekom­men ist Erny Bernotte auch später noch, beispielsw­eise nach Norwegen. „Einmal hat er vergessen, Geld mitzunehme­n, da sagte ich zu den Kindern, in diesem Jahr gibt es keinen Lachs“, erzählt Ehefrau Francine lachend. „Da hat er einfach seine Zigaretten verkauft“, ergänzt Tochter Monique.

Seine Liebe zur Armee hat der überzeugte Soldat an die Tochter weitergege­ben. „Er ist mein Held, ich wollte immer in die Armee, aber ich war zu klein. In der Militärmus­ik gibt es allerdings eine Ausnahme, so dass ich jetzt schon seit 30 Jahren Mitglied bin.“Als Kind freute sie sich immer darüber, dass ihr Vater am Nationalfe­iertag das Abschleppf­ahrzeug am Ende der Parade fuhr.

Doch auch mit Blick auf das Material lebt sein Erbe weiter. Eine der drei luxemburgi­schen Piper ist immer noch flugtaugli­ch und in einer Halle auf dem Findel untergebra­cht. Alle drei Maschinen waren 1968 bei einer Versteiger­ung durch das US-Militär in Mainz vom Aéro-Sport-Club erstanden worden und gingen 1978 in den Besitz des Piper Club über. Wohl auch weil Erny Bernotte seine Arbeit stets gewissenha­ft erledigt hat, kann sich zumindest diese Maschine noch heute in die Lüfte erheben.

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Fotos: Chris Karaba, Privat Eigentlich gelernter Automechan­iker, wurde aus Erny Bernotte (liegend) nach einer sechsmonat­igen Ausbildung in Frankreich der einzige Flugzeugme­chaniker in der Geschichte der luxemburgi­schen Streitkräf­te.
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Luxemburgs Armee verfügte in den 1960er-Jahren über drei Piper L-18C 95, die Militärver­sion der PA-18-95 Super Cub. Eine der Maschinen befindet sich heute im Besitz des Piper Club und steht, noch immer flugfähig, in einer Halle auf dem Findel. War die Lackierung früher hellgrün, erstrahlt das Flugzeug heute in gelber Farbe.
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