Streit um Patentschutz erreicht WHO
Befürworter einer Aussetzung der geistigen Eigentumsrechte bestimmen die Debatte der Weltgesundheitsversammlung
Der eskalierende Patentstreit ist zum Auftakt der 74. Weltgesundheitsversammlung ein besonders heißes Eisen in der globalen Corona-Diskussion. Darin geht es um den Schutz der Patente und der geistigen Eigentumsrechte auf Impfstoffe, Heilmittel, Diagnostika und andere medizinische Ausrüstungen gegen Covid-19. In dem Konflikt verteidigen Deutschland, Großbritannien, die Schweiz und andere Industriestaaten seit Monaten Pharmafirmen wie Biontech. Auch EU-Ratspräsident Charles Michel sieht in einem Aushebeln der Patente keine „Wunderlösung“. Ein Hauptargument der Patent-Verteidiger: Fallen die Eigentumsrechte, werden auch Anreize für Forschung und Entwicklung in der nächsten Pandemie fallen.
Doch während der ersten Stunden der Weltgesundheitsversammlung bestimmten die Befürworter einer vorübergehenden Aufhebung des Patentschutzes den Ton – wie der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus. Der Äthiopier prangerte die „skandalöse“
globale Ungleichverteilung der Impfstoffe an. „75 Prozent der Vakzine sind in nur zehn Länder gegangen“, sagte der WHO-Chef. „Eine kleine Gruppe von Ländern kontrolliert das Schicksal der Welt.“
Ins gleiche Horn stießen Staatsund Regierungschefs aus ärmeren Regionen. An vorderster Front ergriff der Präsident Südafrikas, Cyril Ramaphosa, das Wort. Nach seinen Ausführungen könnten nach einer „begrenzten“Patentaufhebung viele Entwicklungs- und Schwellenländer in die Produktion der Wirkstoffe gegen Covid19 einsteigen. Südafrika profiliert sich als internationaler Wortführer im Kampf für die Patentaussetzung, zusammen mit Indien. Die USA stellten sich an ihre Seite, danach nahm die Debatte über das Pro und Contra an Fahrt auf. Doch tragen die Rivalen ihren Konflikt nicht in der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus.
Blockadehaltung
Eine Entscheidung wird in der Welthandelsorganisation (WTO) fallen, die ebenfalls ihren Hauptsitz in Genf hat. Derzeit feilschen die Länder im TRIPS-Rat, der über
Mit einer vorübergehenden Aufhebung des Patentschutzes könnten Hersteller die Covid-Impfstoffe weltweit ohne Lizenzgebühren produzieren. handelsbezogene Aspekte der geistigen Eigentumsrechte wacht. In dem Rat stellten Indien und Südafrika die Initiative zur temporären Aufhebung des Patentschutzes auf Covid-19-Impfstoffe im Oktober 2020 vor, seitdem drehen sich die Beratungen im Kreis. Als Grund für die de-facto-Blockade erweist sich das traditionelle Konsensprinzip in der WTO. Danach sollen alle 164 Mitglieder einvernehmlich entscheiden – somit kann jedes Mitglied ein Veto einlegen.
Doch machte Südafrikas WTOBotschafterin Xolelwa MlumbiPeter klar, dass ihr Land und seine Verbündeten im Patentstreit notfalls eine Abstimmung in den WTO-Entscheidungsgremien beantragen könnten. „Wir haben diesen Punkt noch nicht erreicht“, versicherte die Botschafterin. Ziel sei es, den Konflikt ohne einen Showdown zu lösen. Falls es jedoch zur Stimmabgabe in der WTO kommen sollte, rechnen Diplomaten mit guten Chancen für Südafrika, Indien und Co. Die WTO könnte tatsächlich entscheiden, den Patentschutz auf Covid19-Vakzine und andere Produkte gegen die Krankheit vorübergehend außer Kraft zu setzen.
75 Prozent der Vakzine sind in nur zehn Länder gegangen. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus
Aung San Suu Kyi, hat gestern erstmals seit dem Militärputsch von Anfang Februar Zugang zu ihren Anwälten bekommen. Vor einem persönlichen Gerichtstermin in der Hauptstadt Naypyidaw habe die 75-Jährige in einem gesonderten Raum eine halbe Stunde Zeit bekommen, um sich mit ihrem Verteidigungsteam
zu beraten, sagte ihr Anwalt Thae Maung Maung. Suu Kyi wurde seit dem Umsturz nicht mehr öffentlich gesehen und wird an einem unbekannten Ort festgehalten.