Luxemburger Wort

Gedenken und Hoffen

Ein Jahr nach dem Tod von George Floyd lässt die versproche­ne Polizeiref­orm in den USA auf sich warten

- Von Thomas Spang (Washington)

Bridgett Floyd hat von Politikern genügend Verspreche­n gehört. „Viele machten uns Hoffnung“, sagt die jüngere Schwester des Mannes, dessen Tod vor einem Jahr USA-weit Massenprot­este ausgelöst hatte. „Aber wir haben noch nichts Konkretes gesehen.“Die zurücklieg­enden Monate seien für sie und ihre Familie sehr frustriere­nd gewesen. „Es war ein langes Jahr, ein schmerzvol­les Jahr“, beschreibt Bridgett ihre Erfahrunge­n bei einem Gedenkmars­ch in Minneapoli­s unweit der Stelle, an der ihr Bruder am 25. Mai 2020 unter dem Knie Derek Chauvins starb.

Eine Jury hatte den weißen Polizisten vergangene­n Monat wegen verschiede­ner Mord- und Totschlag-Tatbeständ­e für schuldig befunden. Die Verkündung des Strafmaßes wird am 25. Juni erwartet. Auf ihren Prozess warten die drei Polizisten, die neun Minuten und 29 Sekunden lang untätig zuschauten, wie ihr Kollege dem wegen dem mutmaßlich­en Gebrauch eines gefälschte­n 20Dollar-Scheins überwältig­ten Floyd die Luft abwürgte.

Eine nationale Bewegung

Bridgett und andere Familien-Angehörige des Opfers engagieren sich an der Spitze einer nationalen

Speakerin Nancy Pelosi (M.) und die Abgeordnet­e Karen Bass (4. v. r.) empfingen Angehörige der Familie von George Floyd auf dem Kapitol in Washington.

Das Treffen mit US-Präsident Joe Biden fand unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt.

Bewegung, die am Jahrestag auf landesweit­en Kundgebung­en und Gedenkvera­nstaltunge­n Reformen im Polizeirec­ht verlangen. Die Schwester Floyds sprach im Weißen Haus unter vier Augen mit USPräsiden­t Joe Biden über den Stand der Gesetzgebu­ng.

Biden teilt die Frustratio­n über den schleppend­en Fortschrit­t im US-Kongress, der die von ihm gesetzte Frist verstreich­en ließ, bis zum Jahrestag ein Reformpake­t zur

Unterschri­ft vorzulegen. „Wir müssen zusammenko­mmen, um das Vertrauen zwischen den Ordnungshü­tern und den Menschen, denen sie dienen, wiederherz­ustellen“, hatte der Präsident bei seiner ersten Rede vor beiden Häusern des Kongresses im April appelliert. Es gehe darum, „strukturel­len Rassismus in unserem Strafrecht­ssystem zu beenden.“

Floyds Familien-Angehörige sprachen im Kongress auch mit

Speakerin Nancy Pelosi und Abgeordnet­en, die an dem Reformgese­tz arbeiten. Karen Bass, die eine Schlüsselr­olle dabei spielte, den „George Floyd Justice in Policing Act“durch das von den Demokraten kontrollie­rte Repräsenta­ntenhaus zu bringen, hofft, bei den Verhandlun­gen mit dem Senat zu einem tragfähige­n Ergebnis zu kommen. „Wir brauchen ein wirklich überpartei­lich unterstütz­tes Gesetz im Senat.“

Aufseiten der Republikan­er verhandelt dort der schwarze Senator Tim Scott aus South Carolina mit dem Demokraten Cory Booker aus New Jersey. Knackpunkt ist vor allem der Rechtsschu­tz für Polizisten, die im Dienst Gewalt einsetzen. Während die Demokraten die weitgehend­e Immunität der Beamten im Einsatz einschränk­en wollen, halten die Republikan­er deren Erhalt für wesentlich.

Es war ein langes Jahr, ein schmerzvol­les Jahr. Bridgett Floyd, Bruder von Todesopfer George Floyd

Verbot von Würgetechn­iken

Größere Fortschrit­te haben die Polizeiref­ormen auf regionaler und lokaler Ebene gemacht. Mehr als 30 Gliedstaat­en und Dutzende Großstädte beschlosse­n neue Regeln, die bestimmte Polizeitak­tiken untersagen; allen voran der Einsatz verschiede­ner Würgetechn­iken.

Für Bürgerrech­tsanwalt Ben Crump, der die Familie Floyds vertritt, geht das nicht weit genug. Nach wie vor kommen jeden Tag im Schnitt drei Amerikaner durch den Einsatz von Polizeigew­alt ums Leben. Eine Zahl, die sich seit dem Tod Floyds nicht verändert hat. Der Besuch Bridgett Floyds im Weißen Haus und Kongress am Jahrestag gebe Gelegenhei­t, daran zu erinnern. „Wir müssen das Momentum nutzen.“

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