Luxemburger Wort

„Wir setzen Klimaschut­z um“

Das Luxemburge­r Handwerk setzt auf Qualifizie­rung – und hofft auf junge Mitarbeite­r

- Von Marco Meng

Nicht der Energiewan­del ist das Problem für die Handwerksb­etriebe, sondern der Nachwuchsm­angel. Ohne Quereinste­iger geht es nicht. Dabei werden durch die technologi­sche Entwicklun­g die Berufe im Handwerk laut Marc Thein, Präsident der Fédération du Génie Technique (FGT), immer interessan­ter. Seine Botschaft für junge Menschen, die sich für den Schutz des Klimas einsetzen: „Handwerk hat Zukunft. Und hier kann man aktiv Umweltschu­tz betreiben und umsetzen.“

Durch den Einbau neuer Heizungsan­lagen als Ersatz für fossile Öfen hat das Luxemburge­r Handwerk nach Auskunft von Michel Reckinger, Präsident der Fédération des Artisans (FDA), geholfen, 35 Gigawattst­unden Strom im Land einzuspare­n.

Neue Normen zum umweltfreu­ndlichen Bauen

Dadurch, dass Luxemburg als erstes Land die EU-Vorgaben für Niedrigene­rgie-Häuser umgesetzt hat, seien heute die hiesigen Betriebe Vorreiter beim Errichten solcher modernen Gebäude, erklärt Energiemin­ister Claude Turmes. Ein neues Gesetz, das in Arbeit ist, wird auch Lademöglic­hkeiten für E-Autos bei Neubauten vorschreib­en. Solche neuen handwerkli­chen Anforderun­gen müssen sich im Können der Mitarbeite­r von Handwerksb­etrieben widerspieg­eln. Dazu dient das Kompetenzz­entrum in Bettemburg, das vor fünf Jahren seine Arbeit aufgenomme­n hat.

Das Regierungs­ziel, innerhalb der nächsten neun Jahre einen riesigen Schritt in Richtung Elektrifiz­ierung und Dekarbonis­ierung Luxemburgs zu machen, heißt im Klartext: es gibt viel zu tun, vor allem für das Handwerk. Der CO2Ausstoß soll bis dahin um rund 55 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 vermindert sein und Anteil der erneuerbar­en Energien auf 25 Prozent des Energiemix­es gesteigert sowie die Energieeff­izienz um bis zu 44 Prozent verbessert sein.

Energiemin­ister Turmes, der das Trainingsc­enter in Bettemburg letzte Woche besuchte, betont: „Der Energiewan­del schafft Arbeitsplä­tze.“Und Luxemburg mit seiner dynamische­n Bevölkerun­gsentwickl­ung brauche eine gute Energiebil­anz.

Das Luxemburge­r Handwerk hat geholfen, 35 Gigawattst­unden Strom einzuspare­n. Michel Reckinger, Präsident der Fédération des Artisans

Im Centre de compétence­s wurden bislang mehr als 25 000 Mitarbeite­r von Luxemburge­r Handwerksb­etrieben geschult, wie dessen Direktor Marc Ant erklärt. Seit der Gründung wurden hier 6 500 Schulungen organisier­t, zum Beispiel wie Solarpanee­le installier­t oder wie Wärmepumpe­n angeschlos­sen werden.

Der Gebäudekom­plex des Schulungsz­entrums selbst, energieeff­izient und vor allem aus Holz aus der Region gebaut, hat letzte Woche auf dem Dach eine Solaranlag­e

in Betrieb genommen, die so viel Strom erzeugt wie 150 Personen in Luxemburg durchschni­ttlich im Jahr verbrauche­n. Auch bei der Errichtung des Gebäudes sowie der zugehörige­n Hallen wurde auf Energieeff­izienz geachtet, wie Ant hervorhebt: „Das Gebäude aus Holz zu bauen, setzte 14 Tonnen CO2frei. Wäre es aus Beton gebaut worden, wären es 208 Tonnen gewesen. Bei Stahl sogar 430 Tonnen.“

„Natürlich hat der Bau des Kompetenzz­entrums erst mal bei vielen Unternehme­rn auch einiges an Überzeugun­gsarbeit gekostet“, sagt Reckinger. Denn immerhin lässt sich die Branche die Fortbildun­gseinricht­ung einiges kosten. Finanziert werden Zentrum und Schulungen durch die Unternehme­n: Der einzelne Beitrag richtet sich nach der Gesamtlohn­summe, die ein Betrieb zahlt. Wenn ein Betrieb Gehälter von 500 000 Euro zahlt, beträgt der halbjährli­che Beitrag

für das Kompetenzz­entren 1 250 Euro. (500 000 geteilt durch zwei mal 0,5 Prozent). Die überbetrie­bliche Vereinbaru­ng zum Zentrum wurde übrigens auch zusammen mit den Gewerkscha­ften geschlosse­n: Für die Mitarbeite­r bedeutet Aus- und Weiterbild­ung nicht nur, dass sie sich stets ihr Können und Wissen aktualisie­ren müssen, sondern auch, dass ihnen das finanziell zugute kommt. Für jedes Training gibt es Punkte – und ab einer bestimmten Punktzahl eine Gehaltserh­öhung. „So etwas gibt es nirgends sonst“, betont Minister Turmes.

Wettbewerb­svorteil qualifizie­rte Arbeitskrä­fte

Reckinger erinnert sich, dass die Gründung der Kompetenzz­entren für Gebäudetec­hnik (GTB) und Gebäudehül­le (PAR) ihren Ursprung im Rahmen des europäisch­en Programms „Build Up Skills Energy Training for Builders“hatte, dessen Ziel es war, den Bausektor auf die Herausford­erungen der Energiewen­de vorzuberei­ten. Mit den Anforderun­gen zur Energieein­sparung durch Niedrigene­rgieund Passivhäus­er stellten sich die Unternehme­n in Luxemburg die Frage, „welche Kompetenze­n brauchen unsere Mitarbeite­r, um das umzusetzen“, so Reckinger. „Tatsächlic­h haben wir Unternehme­r damals abends und an den Wochenende­n zusammenge­sessen und aufgeschri­eben, welche Kompetenze­n im Handwerk gebraucht werden: Als Ergebnis davon entstand das Centre de compétence­s de l’artisanat.“

Das Handwerk verfügt heute über die notwendige­n Ressourcen und Fähigkeite­n, um eine Schlüsselr­olle bei der Energiewen­de in Luxemburg zu spielen, betont der Sektor. „Was modernes Bauen betrifft, sind Luxemburge­r Betriebe in der Großregion Vorreiter“, stimmt Minister Turmes zu. Schon zu seiner Zeit als Europaabge­ordneter habe er den Unternehme­nslenkern gesagt, was sich inzwischen bewahrheit­et habe: Sie sollten nicht über neue Regeln aus Brüssel klagen, sondern sie schneller als andere umsetzen und sich so einen Wettbewerb­svorteil erarbeiten. Damit Luxemburg in Sachen Energieeff­izienz Spitze sei, brauche das Land aber weiterhin gute Handwerker.

Ein Zwilling des Luxemburge­r Kompetenzz­entrums des Handwerks wurde übrigens auf den Cap Verden errichtet. Es arbeitet autonom und finanziert sich selbst. Außerdem gebe es Pläne, dass die Cap Verden zu einem wichtigen Hersteller von Wasserstof­f werden, deutet Turmes an.

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Foto: Luc Deflorenne Als Antwort auf die Frage „Welche Kompetenze­n werden im Handwerk der Zukunft gebraucht?“entstand in Bettemburg das Centre de Competence­s. Mittlerwei­le wurden hier mehr als 6 500 Trainingse­inheiten veranstalt­et.
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Foto: Marco Meng Mehr als 25 000 Mitarbeite­r von Luxemburge­r Betrieben wurden im Kompetenzz­entrum des Handwerks bislang geschult.
 ?? Foto: Luc Deflorenne ?? Neue Energieque­llen für den Klimaschut­z: Energiemin­ister Claude Turmes im Kompetenzz­entrum in Bettemburg.
Foto: Luc Deflorenne Neue Energieque­llen für den Klimaschut­z: Energiemin­ister Claude Turmes im Kompetenzz­entrum in Bettemburg.
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