Gegen die Zweifel
Nach schwierigen Jahren steht Basketballerin Nadine Bourg mit Résidence in ihrem ersten Meisterschaftsfinale
Nadine Bourg hat um den Aufstieg gespielt und gegen den Abstieg gekämpft. Es gab Zeiten in ihrer langen Basketballkarriere, in denen an Titel wirklich nicht zu denken war. „Ich wusste nicht, ob ich nochmal die Chance haben würde, auf so hohem Niveau zu spielen“, sagt sie. Sie hat die Chance bekommen und steht jetzt als Kapitänin von Résidence Walferdingen mit 28 Jahren erstmals in einem Meisterschaftsfinale.
„Ich bin überglücklich, dass wir das jetzt geschafft haben. Man hat auch bei jeder einzelnen Spielerin im Training gesehen, wie sehr sich alle darüber freuen, dass wir im Finale stehen“, berichtet Bourg. Denn schon der Weg in die Bestof-three-Endspielserie gegen T71 Düdelingen, die heute Abend (20 Uhr) auswärts beginnt, war alles andere als ein Spaziergang. Erst verpasste Résidence nach einer starken Normalrunde knapp Platz zwei und damit den direkten Halbfinaleinzug. Es gab zunächst das Viertelfinale zu überstehen und schließlich drei äußerst hart umkämpfte Partien im Halbfinale.
„Wir hatten mehrere Spiele, in denen wir bereits sehr unter Druck standen. Aber ich war vor keinem so nervös wie vor dem Viertelfinale. Weil es eben nur ein Spiel war, in dem alles vorbei sein konnte“, erzählt sie. Résidence setzte sich souverän mit 94:48 gegen Etzella durch und hatte dann im Halbfinale drei intensive Duelle mit den Musel Pikes, die jeweils erst in letzter Sekunde entschieden wurden.
Mehr als nur starke Profis
Diese nervenaufreibenden zehn Tage haben den Walferdingerinnen die Erkenntnis gebracht, dass sie dem Druck standhalten können, sogar gegen einen Angstgegner wie die Musel Pikes. Die Résidence-Frauen haben auch gezeigt, dass sie mehr vorzuweisen haben als die starken Profis Samantha Logic und Amanda Cahill, um die sie viele beneiden.
„Die Luxemburgerinnen haben ihren Teil dazu beigetragen, dass wir im Finale stehen. Über die Saison hat man immer wieder Kritik gehört, dass wir zu sehr von unseren Profispielerinnen abhängig sind. Wir haben gezeigt, dass wir es auch können“, so Bourg. Als das US-Duo von jeweils zwei Gegnerinnen bewacht wurde, hatten die einheimischen Spielerinnen Freiheiten und mehr Verantwortung. „Das gibt uns Selbstvertrauen fürs Finale.“
Die 165 cm große Guard findet auch, dass die Résidence-Profis die Luxemburgerinnen besser machen, weil sie alle einbeziehen und immer wieder motivieren. So hat die Kapitänin selbst Fortschritte gemacht und ihre Selbstzweifel überwunden. „Seit Jahren sagen mir die Trainer, ich soll mehr auf den Korb werfen und weniger auf die Mitspielerinnen schauen. Mein Problem war immer, dass ich den Kopf hängen ließ, wenn ich in einem Spiel mit den ersten beiden Würfen nicht getroffen hatte“, berichtet sie.
Doch das hat sich auch durch den Zuspruch von Logic geändert: „Ich habe in dieser Saison gelernt, dass ich nicht aufhöre zu werfen. Vor allem Sam lässt nicht zu, dass irgendjemand zweifelt, auch wenn der vierte Wurf hintereinander nicht in den Korb geht.“
Die Konstante im Team
Bourg war in den vergangenen schweren Jahren eine Konstante im Walferdinger Frauenteam, während die Mannschaft regelmäßig wichtige Spielerinnen verlor, weil diese zum Studium ins Ausland gingen. Zuvor war Bourg nach dem Abitur von Etzella Ettelbrück für vier Saisons zum Zweitligisten Mersch gewechselt, um auch während der Zeit auf der Universität in Strasbourg weiter Basketball spielen zu können. 2015 ging sie nach Walferdingen und stieg mit der Mannschaft auf.
2017 hörten viele erfahrene Mitspielerinnen auf. Ein sehr junges Team mit der damals 25-jährigen Bourg als ältester Spielerin musste zwei Mal hintereinander in die
Seit Jahren sagen mir die Trainer, ich soll mehr auf den Korb werfen und weniger auf die Mitspielerinnen schauen. Nadine Bourg
Auf- und Abstiegsgruppe. Besonders kritisch war es 2018/2019, als Résidence erst im Januar (als Cahill kam) erstmals ein Spiel gewann. Mit einer enormen Aufholjagd gelang der Klassenerhalt. Als zur Spielzeit 2019/2020 auch Logic verpflichtet wurde, spielte Walferdingen plötzlich oben mit. Doch die erste Saison mit einer Titelchance wurde coronabedingt abgebrochen. Und wieder standen mehrere Spielerinnen vor dem Wechsel ins Ausland.
„Es gab ein riesiges Fragezeichen, was das Team betraf“, erinnert sich Bourg. Tara Booker wurde neue Trainerin und brachte Lina Fapranzi und Nora Hermes aus Hesperingen mit. Durch eine Kooperation mit Heffingen kamen Emma und Lea Colbach hinzu. Die zusammengewürfelte Gruppe fand ungewöhnlich schnell zusammen. „Tara hat das exzellent gemacht“, findet sie.
Die Trainerin gibt das Lob zurück. „Nadine zu coachen, ist eine Freude. Sie ist eine engagierte, hart arbeitende Spielerin, die Optimismus
und Freundlichkeit ausstrahlt“, so Booker, die Bourg eine „wunderbare Teamkollegin“nennt. Die Kapitänin habe maßgeblichen Anteil am guten Teamgeist: „Vor dieser Saison gab es viele Veränderungen mit neuen Spielerinnen und mir als neuer Trainerin. Nadine hat uns alle mit offenen Armen willkommen geheißen. Sie machte es möglich, dass der Umbruch gut zu schaffen war.“
Die vergangenen Wochen mit dem aufregenden Halbfinale dürften die Mannschaft noch einmal enger zusammengeschweißt haben. Dass sie etwas warten musste, bis Düdelingen als Finalgegner nach der Aufgabe des coronageplagten Amicale-Teams feststand, hat den Résidence-Frauen eine Atempause verschafft. Die Herausforderung gegen T71 ist groß. „Düdelingen ist auf jeder Position sehr gut besetzt. Wir brauchen einen guten Tag“, meint Bourg. Aber nun, da sie und ihr Team so weit gekommen sind, möchten sie nicht mehr an sich zweifeln: „Jetzt wollen wir auch den Titel.“