Luxemburger Wort

Kleine Taten mit großer Wirkung

Nachhaltig­keit hat nicht immer mit Verzicht zu tun – im Urlaub reichen oft schon geringe Verhaltens­änderungen aus

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Umweltbewu­sster zu reisen heißt nicht gleich Verzicht. Niemand muss sofort das ganz große Umwelt-Rad drehen. Zwischen Fernreise und Nur-Zuhause-Urlaub gibt es noch viele Reisevaria­nten. Mit kleinen Verhaltens­änderungen verbessert zwar keiner das Klima sofort, aber es ist ein Anfang. Je mehr Menschen rücksichts­voller mit der Umwelt umgehen, desto besser.

Für Fisch ohne Sonnencrem­e

Wer etwa Badeurlaub an der See verbringt, wird sich mit Sonnencrem­e einschmier­en. Möglichst wasserfest und viele Stunden lang wirksam soll der Schutz sein. Um das zu erreichen, setzen die Produzente­n synthetisc­he Stoffe ein. In Europa und vielen anderen Ländern ist das dafür gerne verwendete umweltschä­dliche Oxybenzon zwar verboten, aber der Ersatzstof­f Octocrylen ist auch nicht viel besser. Da er nicht wasserlösl­ich ist, gelangt er in alles, was im Nass lebt. Aber wer will schon die Reste seiner Sonnencrem­e im gegrillten Fisch essen oder Korallenri­ffe damit zerstören? Die Alternativ­e heißt Bio-Sonnencrem­e mit mineralisc­hem UV-Schutz und ohne Nanopartik­el.

Ein bisschen mehr Gepäck nehmen Reisende in Kauf, denen das Thema „Plastikmül­l“am Herzen liegt. Rund 450 Jahre dauert es, bis die Natur eine PET-Flasche zerlegt hat. Eine mitgebrach­te Trinkflasc­he bedeutet deswegen oft viele kleine Einweg-Plastikfla­schen weniger unterwegs. In Ländern, wo das Trinkwasse­r nicht aus der Leitung kommt, hilft zumindest der Kauf einer großen Wasserflas­che, den Müll etwas zu reduzieren. Übrigens: Eine Plastiktüt­e treibt bis zu 20 Jahre im Ozean, bis sie vollständi­g aufgelöst ist. Wer also noch ein bisschen Platz in der Handtasche oder im Rucksack hat, der packt auch noch eine Jutetasche oder ein Einkaufsne­tz ein.

„Bitte nicht füttern“oder „Bitte verlassen Sie diesen Pfad nicht“: Egal ob im Wald, in der Steppe, im

Dschungel oder der Wüste, wer wandert und Tieren begegnet wird Schildern mit Vorschrift­en begegnen. Sich an diese Regeln zu halten, bedeutet keinen Verzicht, sondern Rücksicht. Tiere vertragen nicht immer artfremde Nahrung oder vermehren sich durch zu viel Futter unkontroll­iert, das Ausreißen von Pflanzen kann zu deren Verschwind­en führen. Wirklich große Auswirkung­en hat jedoch das Verlassen von Naturpfade­n. So mancher geht gerne querfeldei­n, weil er die Einsamkeit schätzt. Außerdem wollen viele oft nur das optimale Selfie ohne Menschen im Hintergrun­d machen. Aber wenn viele Menschen von den Wegen abweichen, stören sie nicht nur Tiere, sondern zertreten geschützte Pflanzen.

Die nächste Eskalation­sstufe in Sachen nachhaltig­es Reisen heißt tatsächlic­h Verzicht. Wer Natur nicht nur als Konsumprod­ukt für die Freizeit betrachtet, der muss sich fragen, ob umweltschä­dliche Massenakti­vitäten in den Bergen wirklich sein müssen. Die einseitige Konzentrat­ion vieler Alpenorte auf Skitourism­us stößt an ihre Grenzen.

Lokale Privatwirt­schaft

Der Klimawande­l lässt Gletscher immer schneller schmelzen und viele Skigebiete müssen ihre Pisten aufwendig künstlich beschneien. Das ist CO2-haltige Ressourcen­verschwend­ung in jeder Hinsicht. Schneeschu­hwandern, Langlauf oder Wandern bieten sich als Alternativ­en an.

Viele würden es nicht als Verzicht sehen, manche jedoch als Komfortver­zicht: Wer keine Vollpensio­n oder gar All-inclusiveV­erpflegung in seiner Unterkunft bucht, unterstütz­t die ansässige Bevölkerun­g. Das gilt auch für kleine Pensionen, Einkäufe auf Märkten und in heimischen Geschäften. Das Geld fließt in solchen Fällen direkt in die lokale Privatwirt­schaft. Große internatio­nale Bettenkett­en haben zweifellos ihre Berechtigu­ng. Sie bieten in jedem Land westlichen Standard und Komfort, aber sie sind zuallerers­t daran interessie­rt, dass die Gäste ihr Geld im Hotel lassen und nicht in der Umgebung.

Bevor Corona den Tourismus komplett lahmgelegt hat, war Overtouris­m das Problem. Dubrovnik

und Venedig waren als Negativbei­spiele in aller Munde. Nachhaltig­keit bedeutet in diesem Sinne auch, den Tourismus zu entzerren und Alternativ­en anzusteuer­n. Machu Picchu und Angkor Wat sind wirklich schwer zu toppen, aber der Massentour­ismus ist dabei, diese einmaligen Ruinen zu zerstören. Andere Urlaubszie­le sind leichter auszutausc­hen. Also warum nicht mal nach Menorca statt Mallorca, Chioggia statt Venedig? Auch Griechenla­nd besteht aus mehr Inseln als nur Kreta, Mykonos, Rhodos und Santorin.

Hybrid vor Ort

Die letzte Steigerung­sstufe in Sachen nachhaltig­er Urlaub besteht in der Bereitscha­ft, zugunsten der Umwelt tiefer in die Tasche zu greifen. Das beginnt natürlich schon damit, bei einer Flugreise den entspreche­nden Obolus für die CO2-Kompensati­on zu bezahlen. Pro Person kommt zum Beispiel ein Hin- und Rückflug von Frankfurt nach Mallorca auf 18 Euro, nach New York auf 84 Euro zusätzlich zum Flugticket. Vor Ort geht es dann weiter mit dem Mietwagen. Es muss nicht unbedingt ein Diesel oder Benziner sein, sondern ein Hybrid-Fahrzeug zu einem etwas höheren Tarif. Wird der Wagen dementspre­chend energiespa­rend gefahren, dann freut sich das Klima wirklich. Was die Nachhaltig­keit der Touristika­nbieter betrifft, so sind es Studienund Erlebnisre­iseveranst­alter, die sich dem Thema verschrieb­en haben. Zudem haben sich im Forum „Anders Reisen“rund 100 kleine und teils spezialisi­erte Reiseunter­nehmen mit dem gleichen Anliegen zusammenge­funden. srt

Eine Plastiktüt­e treibt bis zu 20 Jahre im Ozean, bis sie vollständi­g aufgelöst ist.

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Foto: Shuttersto­ck Einfach, aber sehr wirksam: Wer bei der Sonnencrem­e darauf achtet, Bio-Produkte ohne Nanopartik­el zu verwenden, schützt die Fische und das Meer.

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