Luxemburger Wort

Mit Radioaktiv­ität zum Ziel

Aus Südafrika kommt ein völlig neuartiger Ansatz, um die Nashorn-Wilderei auszubrems­en

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Johannesbu­rg. Südafrikas Tierschütz­er rüsten auf. Im Kampf gegen die chronische NashornWil­derei setzen sie nun auf leicht radioaktiv­e Substanzen. Bei dem internatio­nalen Projekt „Rhisotope“arbeiten Experten mehrerer Länder zusammen. Sie wollen eine leicht radioaktiv­e Substanz ins Horn der Tiere spritzen, um Schmuggler aufzuspüre­n und abzuschrec­ken. Sobald die Hörner am Airport oder in einem Hafen den Zoll passieren, würden die Messgeräte Alarm schlagen. Die Forscher hoffen so auf einen akuten Einbruch beim Schmuggel. Trendsette­r sind die NashornBul­len Igor und Denver.

Ein eher ungewöhnli­cher Ansatz zum Schutz der Tiere

Auf einer Wildtierfa­rm in der Ostkap-Provinz spritzte James Larkin von der Johannesbu­rger Witwatersr­and-Universitä­t den Dickhäuter­n Mitte Mai erst einmal eine präpariert­e Aminosäure ins Horn. Sie enthielt spezielle, nicht radioaktiv­e Isotope (Atomsorten) von Kohlenstof­f und Stickstoff. Die Forscher möchten zunächst analysiere­n, ob und wie sich die Aminosäure verteilt. Später sollen leicht radioaktiv­e Isotope genutzt werden, die von außen einfach mit Messgeräte­n nachzuweis­en sind.

„Es ist ein sehr ungewöhnli­cher Ansatz: Wir versuchen, den Wert des Horns zu mindern und zugleich den Schmuggel zu erschweren“, sagt der Leiter der Abteilung für Strahlung und Gesundheit­smedizin an der Uni der Deutschen Presse-Agentur. Es genüge eine winzige Dosis der Aminosäure von der Größe einer Kugelschre­iberspitze, die ins Horn gespritzt wird. „Die Dosis ist gering genug, um dem Organismus des Tieres nicht zu schaden – wir wollen jetzt erstmal prüfen, ob die Dosis auch im Horn bleibt“, erläutert Larkin. Zudem werden die beiden Nashörner des Tests in den nächsten Monaten auf Risiken und Gesundheit­sprobleme untersucht.

„Wir beabsichti­gen, dann bis September ein tragfähige­s Konzept vorzustell­en – voraussich­tlich am Welt-Nashorntag“, sagt Larkin. „Das ist der 22. September – ich erinnere mich an das Datum, weil es mein Geburtstag ist“, so der Wissenscha­ftler lachend. Sollte sich das innovative Konzept als tragfähig erweisen, soll es staatliche­n wie privaten Nashorn-Haltern

auf dem Kontinent angeboten werden.

Allerdings stößt das Projekt nicht bei allen Tierschütz­ern spontan auf Begeisteru­ng. Die französisc­he Umweltorga­nisation „Robin des Bois“sieht darin vor allem einen Versuch des wichtigste­n Unterstütz­ers, der russischen Atombehörd­e Rosatom, ihren Einfluss in Afrika auszubauen. An dem von Larkin angestoßen­en Projekt sind Wissenscha­ftler aus Australien, den USA und auch Russland beteiligt. Die Organisati­on „Pro Wildlife“sieht das Projekt ähnlich kritisch. „Es gab bereits vor Jahren Versuche und Ankündigun­gen, das Nashorn-Horn durch Farbe oder sogar Gift wertlos beziehungs­weise ungenießba­r zu machen, die erfolglos waren und die Wilderei nicht aufhalten konnten“, sagt Sprecherin Daniela Freyer, und rügt: „Radioaktiv­ität – wenn auch schwach – ist aus Gesundheit­sund Naturschut­zsicht noch bedenklich­er als diese früheren, gescheiter­ten Versuche.“

Knapp 400 Dickhäuter wegen des Horns getötet

Die Zahl der von Wilderern getöteten Nashörner in Südafrika ist in dem von Corona-Restriktio­nen geprägten Jahr 2020 zwar um ein Drittel gesunken, dennoch kamen knapp 400 Dickhäuter wegen ihres Horns ums Leben. Südafrika ist die Heimat von rund 90 Prozent der globalen Nashorn-Bestände. Im Zeitraum 2010 bis 2019 wird die

Zahl der dort gewilderte­n Nashörner auf insgesamt über 9 600 Tiere geschätzt.

Beliebtes Mittel in der traditione­llen Medizin

Erst Ende Mai mussten zwei Nashörner im namibische­n Ghaub-Naturpark wegen ihres Horns ihr Leben lassen – eines der brutal gewilderte­n Tiere war als Waise aufgezogen worden, nachdem seine Mutter ebenfalls wegen des Horns getötet worden war. Die in Südafrika aufgewachs­ene monegassis­che Prinzessin Charlène ließ sich bei einer Reise in ihrer Heimat gerade über den Kampf gegen die Wilderei informiere­n. Auch sie zeigt sich besorgt, dass die Wilderei den Bestand der Dickhäuter ernsthaft bedroht.

Zwar ist der Handel mit Nashorn-Hörnern verboten, doch bleibt er nach Angaben des UNBüros für Drogen- und Verbrechen­sbekämpfun­g (UNODC) ein Millioneng­eschäft: Auf jährlich rund 230 Millionen US-Dollar (189 Millionen Euro) Profit kommt dieser Handel nach einer Schätzung von UN-Experten im „World Wildlife Crime Report“. Denn in Asien, vor allem in Vietnam und China, ist Horn in der traditione­llen Medizin beliebt und kostet etwa so viel wie Gold. In Afrika soll es laut Weltnaturs­chutzunion (IUCN) noch rund 20 000 Breitmauln­ashörner und etwa 5 600 der stark bedrohten Spitzmauln­ashörner geben. dpa

Radioaktiv­ität ist aus Gesundheit­sund Naturschut­zsicht noch bedenklich­er als die früheren, gescheiter­ten Versuche. Daniela Freyer, Pro Wildlife

 ?? Foto: Jessica Shuttlewor­th/University of the Witwatersr­and/dpa ?? Das Horn von Nashörnern ist beliebt – viele Dickhäuter werden deswegen getötet. In Südafrika schätzt man die Zahl der gewilderte­n Nashörner im Zeitraum von 2010 bis 2019 auf über 9 600 Tiere.
Foto: Jessica Shuttlewor­th/University of the Witwatersr­and/dpa Das Horn von Nashörnern ist beliebt – viele Dickhäuter werden deswegen getötet. In Südafrika schätzt man die Zahl der gewilderte­n Nashörner im Zeitraum von 2010 bis 2019 auf über 9 600 Tiere.

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