Luxemburger Wort

Opakes Riesengesc­häft

- Von Annette Welsch

Nun soll das Large Scale Testing (LST) also vom Rechnungsh­of untersucht werden. Das hielt die Budgetkont­rollkommis­sion fest, die jetzt nur noch den entspreche­nden Fragekatal­og billigen muss. Es geht um nichts weniger als die saubere und transparen­te Verwendung von sehr viel Geld: 31 Millionen Euro für die erste Phase, 56 Millionen für die zweite und nun noch einmal 43 Millionen bis Juli beziehungs­weise 64 Millionen, sollte die dritte Phase bis September verlängert werden. Im Schnitt kostet eine Woche LST die Allgemeinh­eit seit einem Jahr 2,4 Millionen Euro. Ein Riesengesc­häft für die Laboratoir­es Réunis, die für alle drei Phasen den Zuschlag bekam und in deren Verträge mit dem Staat die Regierung der Allgemeinh­eit bislang keinen Einblick gewährt.

Entwickelt wurde die Test-Strategie von der Research Luxembourg Covid-19 Task Force, die die Regierung in ihrem Kampf gegen die Pandemie auch gleichzeit­ig wissenscha­ftlich begleitet und berät. Und somit auch nicht dazu geeignet ist, das Projekt mit kritischem Blick, unabhängig und neutral zu begutachte­n. Ganz im Gegenteil – die bislang von den Experten gezogenen Bilanzen strotzen nur so von Eigenlob. Nicht zuletzt weil sie selber das ganze Projekt finanziell, wissenscha­ftlich, politisch und auf internatio­naler Ebene derart hoch aufhängten, dass sich die Regierung den Gesichtsve­rlust eines Versagens gar nicht erlauben kann. Dabei hält das Projekt lange nicht, was es versproche­n hat: Luxemburg könne so eine zweite Welle an Infektione­n im Zusammenha­ng mit den Lockerunge­n und damit einen weiteren Lockdown vermeiden und durch die Verkürzung des Lockdowns würden die psychologi­schen, wirtschaft­lichen und sozialen Probleme auf ein Minimum reduziert, heißt es auf der Research Luxembourg-Webseite. Tatsächlic­h ist bislang nur die erste Phase des LST bilanziert: Bei 566 320 PCR-Tests fand man 850 positive Fälle, von denen aber nur 283 Fälle (33 Prozent) die berühmten asymptomat­ischen waren, deren Infektions­ketten es zu unterbrech­en galt.

Man stolperte dennoch im Herbst in eine zweite Welle von Neuinfekti­onen, deren Zahl mit um die 800 pro Tag streckenwe­ise so hoch war, dass an ein Kontakt-Tracing zur Unterbrech­ung der Infektions­ketten nicht mehr zu denken war – mehr als 150 pro Tag waren laut Gesundheit­sdirektion gar nicht zu schaffen. Und man kam auch an all den Restriktio­nen inklusive Ausgangssp­erre, limitierte­n Privatkont­akten und geschlosse­nem Horeca-Sektor, ja sogar einem zweiten Lockdown am Jahresende nicht vorbei, vom Imageverlu­st als Hochrisiko­gebiet ganz zu schweigen. Was hätte man dagegen erreichen können, wenn man das Geld in den Schutz vulnerable­r Menschen gesteckt hätte, in eine Teststrate­gie in Alters- und Pflegeheim­en sowie Krankenhäu­sern? So haben sich die Laboratoir­es Réunis eine goldene Nase an den mittlerwei­le millionenf­ach von ihnen verwendete­n PCR-Tests verdient, die von der von ihnen 2017 an Siemens verkauften Firma Fast-Track Diagnostic­s stammen. Und denen das Labor im April 2020 zur EC-Norm sowie zur Vermarktun­g verhalf.

Das ganze Projekt hat einen ganz üblen Beigeschma­ck.

Das Large Scale Testing hat einen üblen Beigeschma­ck.

Kontakt: annette.welsch@wort.lu

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