„Wie eine Gummiwand“
Dr. Renzo Del Fabbro hat die Genehmigung zum Betrieb eines IRM in einer Praxis, bekommt aber keine Tarife
Das Urteil vor gut zwei Jahren, dass das Gesundheitsministerium einem Arzt die Genehmigung nicht verwehren kann, in seiner Praxis verschiedene medizinische Aktivitäten anzubieten, die laut einer großherzoglichen Verordnung den Krankenhäusern vorbehalten sind, läutete einen Paradigmenwechsel ein. Es war Dr. Renzo Del Fabbro (72), der sich das Recht erstritt, einen IRM betreiben zu dürfen. Er erläutert, was ihn dazu bewog und wo das Projekt steht.
Renzo Del Fabbro, Sie bekamen vor zwei Jahren das Recht zugesprochen, einen IRM und andere radiologisch-diagnostische Geräte in einer privaten Praxis betreiben zu dürfen. Wo steht Ihr Projekt heute?
Wir haben das sehr komplizierte Genehmigungsverfahren mit externen Gutachten von zwei Ingenieuren aus Liège durchlaufen:
Die Geräte wurden herausgesucht und die Räumlichkeiten so konzipiert, dass sie den europäischen Normen entsprechen. Im November vergangenen Jahres bekamen wir die Genehmigung vom Gesundheitsministerium und im Januar präsentierten wir dem Präsidenten der CNS das Projekt. Wir haben aber bis heute keine Tarife für die Nutzung der Geräte. Dabei erhielten Gesundheitsministerin Paulette Lenert und Sozialminister Romain Schneider bereits am 7. August 2020 alle Unterlagen. Inklusive der Vorschläge für diese Tarife, die von einem Experten ausgerechnet wurden, der schon über 200 solcher Radiologie-Zentren begleitet hat.
Sind die Tarife denn so hoch, dass finanzielles Ungemach befürchtet wird?
Mit den Tarifen, die wir vorschlagen, verdienen wir an den Geräten nichts, wir wollen das auch nicht. Die Kasse soll die Gerätekosten tragen, dafür kommt sie in den Krankenhäusern ja auch auf. Wir berechnen nur die gängigen Honorare für unsere diagnostische Arbeit wie jeder andere Radiologe in einem Krankenhaus auch. Nur davon wollen wir leben. Der Versicherte bezahlt bei uns nicht mehr als in einem Krankenhaus. Wir schlagen der CNS zudem eine ständige Kontrolle unserer Ausgaben vor, wir streben hier vollkommene Transparenz an. Die die Krankenhäuser im Übrigen nicht bieten.
Die befürchtete Zwei-Klassen-Medizin für die, die es sich leisten können, bleibt aus?
Es ist absoluter Blödsinn, von Zwei-Klassen-Medizin zu sprechen und davon, dass alles dann teurer wird. Privat arbeitet man mit Sicherheit günstiger als im Krankenhaus mit seinem aufgeblähten Verwaltungsapparat. Wie viele Luxemburger sind immer nach Trier oder St. Vith in ambulante IRM gegangen, weil sie hier keinen Termin bekamen? Die Kosten wurden dann auch von der CNS zu ihrem Satz übernommen. Wenn wir also dasselbe gleich über der Grenze anbieten würden, bekäme ein in Luxemburg Versicherter seine IRM-Untersuchung erstattet. Biete ich es in Hesperingen an, soll er sein Geld nicht zurückbekommen?
Aber kann es nicht zu unnötigen Untersuchungen kommen, damit Ihre Rechnung aufgeht?
Ein Missbrauch ist gar nicht möglich, denn wir Radiologen verschreiben ja nichts selber. Wir können nur die Akte ausführen, die andere Ärzte dem Patienten verschrieben haben. Im Gegensatz zu all den anderen Fachrichtungen, die selber entscheiden können, ob sie einen technischen Akt wie einen Ultraschall oder ein EKG durchführen und dann auch der CNS eine Gerätemiete verrechnen können, sind wir gebremst. Wir haben noch dazu die Verpflichtung zu prüfen, ob der technische Akt wirklich nötig ist oder durch eine Methode ersetzt werden kann, die günstiger ist oder schneller geht. Das entspricht den europäischen Vorgaben, die am 1. August 2019 übernommen wurden.
Haben Sie denn schon investiert?
Solange wir keine Tarife haben, sind uns die Hände gebunden. Bei den Geräten, die wir im vergangenen Jahr um diese Zeit bestellt hätten, wären jetzt schon Upgrades fällig. Die Industrie wartet nicht auf uns. Wenn jetzt ein Tarif käme, müssten wir zusehen, die Aufrüstungen zu dem Preis zu bekommen, den wir damals ausgehandelt haben.
Wie weit ist ein Investor an Ihrem Projekt beteiligt? Es ist ja kein Geheimnis, dass Flavio Becca an
Ihrem Projekt Interesse hat und den Prozess auch zum Teil finanzierte.
Flavio Becca stellt lediglich die Räume zur Verfügung, die wir zum üblichen Marktpreis von ihm anmieten. Er wurde von verschiedenen meiner Kollegen angesprochen, ob er sich nicht einbringen könnte, damit die ambulante Patientenversorgung in Luxemburg verbessert werden kann. Denn seine Immobilien an der Cloche d’Or bieten perfekte Möglichkeiten und ein medizinisches Angebot würde deren Attraktivität ja auch nicht gerade mindern.
Der Versicherte bezahlt bei uns nicht mehr als in einem Spital.
Was sind denn Ihre Interessen an diesem Projekt?
Ich habe persönlich gar keine Interessen und schon gar keine finanziellen. Ich bin mit über 70 auch sicher nicht die Zukunft des Projekts, sondern die drei jungen Kollegen, die gerne in Luxemburg praktizieren würden. Sie wollen wissen, ob sie nach Luxemburg kommen können, wann sie die Tarife bekommen oder ob sie nicht besser ihren Vertrag im Ausland verlängern sollen. Sie sind in einem nebulösen Zustand und wissen nicht, wie es weitergeht. Ihnen möchte ich den Weg ebnen, denn wir brauchen sie.
Sie könnten sich ja aber auch in ein Krankenhaus melden, Radiologen
Moment nicht mehr. Das Projekt der Hôpitaux Robert Schuman in Junglinster kann dagegen verweigert werden, weil es von einem Krankenhaus beantragt und betrieben werden soll – hier hat der Staat das Recht der Begrenzung.
Mit dem Unterschied, dass beim Projekt der Hôpitaux Robert Schuman die Finanzierung eine andere ist. Hier tritt die Fondation HRS als Investor eines voll ausgestatteten medizinischen Zentrums auf, das dann an das Spital und Ärzte vermietet wird. Da könnte jeder Investor – wenn wir schon von Flavio Becca gesprochen haben – einen IRM kaufen oder die Helios-Krankenhausgruppe aus Deutschland kommen und überall solche Zentren aufbauen. Warum sollen die es nicht dürfen? Niemand stellt ein medizinisches Zentrum in Junglinster infrage, aber die Ärzte wurden am Anfang nicht gefragt und es soll einfach Geld gut angelegt werden. Während wir als Radiologen oder Kardiologen oder Nephrologen schlicht unseren Beruf mit unseren Geräten ausüben wollen, nur in einer privaten Praxis und nicht in einem Krankenhaus. Die Regierung kann diesen Bereich planen und begrenzen, wenn sie es will. Es spricht aber nichts dagegen, uns in der Zwischenzeit einen Tarif zu gewähren.
Im Moment könnte die Regierung aber eine radiologische Praxis neben der Ihrigen nicht verweigern.
Im Moment nicht. Aber Angebot und Nachfrage müssen ja auch stimmen und dafür braucht man Bevölkerungsstudien. Unser Fachmann hat eine solche Studie gemacht. Wir haben ein Einzugsgebiet von 120 000 Einwohnern im ganzen Süden der Stadt mit den Gemeinden Hesperingen, Frisingen, Leudelingen – sogar aus Esch/Alzette, Sandweiler, Contern und einem Teil der Mosel würden Patienten kommen. Das muss man bedenken, man kann nicht einfach auf der grünen Wiese etwas errichten. Hier sind verkehrstechnisch alle Anbindungen geboten. Es sind viele Ärzte da und es kommen noch Hausärzte dazu. Unser Projekt würde funktionieren.
Befürchten Sie denn, dass Sie so lange hingehalten werden sollen, bis die Planung des ambulanten Angebots gesetzlich möglich ist? Anscheinend soll bis Ende des Jahres etwas ausgearbeitet werden,
Wir erfinden das Rad nicht neu, wir wollen lediglich eine moderne Medizin anbieten, wie sie im Ausland gang und gäbe ist.