Verspätete Wahlgeschenke für Assad
Die EU-Staaten Griechenland und Zypern brechen den diplomatischen Boykott des syrischen Regimes
Als eine „Revolution gegen den Terrorismus, den Verrat und den moralischen Verfall“, hatte Syriens Staatschef Baschar al Assad in einer Fernsehansprache seinen „Sieg“bei den Präsidentenwahlen vor einer Woche gefeiert. Dabei hätten die Syrer auch die „Eitelkeit und den Hochmut ihrer Feinde“zerschlagen. Um den Druck auf den Diktator zu verstärken, hatten die USA, die EU sowie die meisten arabischen Staaten zu Beginn des Volksaufstandes im Sommer 2011 ihre diplomatischen Beziehungen mit Damaskus abgebrochen und umfassende Sanktionen gegen das Unrechtsregime verhängt.
Zehn Jahre später sind die meisten Zwangsmaßnahmen zwar noch in Kraft. Der diplomatische Boykott gegen das syrische Regime bröselt jedoch. Nach Bahrain, Oman, Tunesien und den Vereinigten Arabischen Emiraten wollen mit Griechenland und Zypern nun auch zwei EU-Staaten ihre Botschaften in Damaskus wieder öffnen. Die Athener Zeitung „City Times“publizierte am Dienstag ein Foto, auf dem ein zypriotischer Beauftragter einen Mietvertrag
Griechenland und Zypern planen die Wiedereröffnung ihrer Botschaften in Damaskus.
für ein Botschaftsgebäude in Damaskus unterzeichnete.
Zwei Tage zuvor hatte die syrische Journalistin Sara Salloum auf Twitter ein Bild gepostet, das die griechische und die EU-Flagge vor einem umzäunten Gebäude in Damaskus zeigte. Während das zypriotische Außenministerium die bevorstehende Wiedereröffnung seiner Botschaft in Damaskus inzwischen bestätigte, steht eine entsprechende Erklärung aus Athen noch aus. Für westliche Diplomaten in Beirut kamen die europäischen Annäherungsschritte keinesfalls überraschend.
„Im Verborgenen“seien weitere EU-Staaten dabei, ihre Rückkehr nach Syrien vorzubereiten. Nach Zypern und Griechenland würden auch Polen, Ungarn und Italien über die Wiederaufnahme offizieller Beziehungen mit Damaskus nachdenken oder bereits vorbereiten. Darüber hinaus hätten Staaten wie Deutschland und Frankreich in den letzten zehn Jahren ihre „Gesprächskontakte“mit dem mächtigen syrischen Geheimdienstchef Ali Mamluk „ständig aufrechterhalten“.
Syrien-Politik der EU gescheitert
Zur Bekämpfung des IS und anderer islamischer Terrorgruppen, heißt es in diesem Zusammenhang, sei „der Austausch mit Damaskus halt notwendig“. Für die Syrien-Strategie der EU ist die Wiederannäherung einiger ihrer Mitgliedsstaaten zum Assad-Regime eine Bankrotterklärung. Schon lange habe sich gezeigt, dass
„die EU und ihre Mitgliedsstaaten wenig Einfluss auf die Konfliktdynamiken (im Nahen Osten) und das Verhalten der syrischen Führung entfalten können“, analysiert Muriel Asseburg von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik das Versagen der Brüsseler Syrien-Politik.
Falls die EU-Staaten im Umgang mit Damaskus weiter auseinanderfallen sollten, riskierten sie, auch noch den geringen Einfluss zu verspielen, den sie potenziell haben, warnt die Politologin. Tatsächlich sind die EU und ihre Mitgliedsstaaten der größte Geber Syriens: Von 2011 bis zum Spätherbst 2019 stellten sie insgesamt über 17 Milliarden Euro an humanitärer Hilfe für Syrerinnen und Syrer im Land selbst und in den Nachbarstaaten zur Verfügung.
Die Hilfe wird von UN-Organisationen und internationalen Nichtregierungsorganisationen verteilt. Sie beschränkt sich nicht nur auf die Notversorgung von Flüchtlingen im Libanon und Jordanien sowie den Binnenflüchtlingen im Norden Syriens. Auch ein großer Teil der unter Assad lebenden 17 Millionen Syrer erhalten Lebensmittelpakete der EU.