Luxemburger Wort

Fronleichn­am – Das Fest seiner Bleibe

- Von Renée Schmit, Bischöflic­he Delegierte für die Evangelisi­erung

Mit Dankbarkei­t erinnere ich mich heute noch an einen Vortrag des Jesuitenpa­ters Medard Kehl SJ, der vor Jahren im Rahmen einer diözesanen Fortbildun­g stattfand. Er, der Professor für Dogmatik und Fundamenta­ltheologie, erwähnte damals unter anderem sein ehrenamtli­ches Engagement in einer Behinderte­ninstituti­on in Basel, in der es für ihn ein Schlüssele­rlebnis gab. Er erinnerte sich an eine Bewohnerin des Heimes, die ihn bereits nach mehreren Besuchen mit einer Entscheidu­ngsfrage bedrängte:

Bleibst du? Diese Anfrage ließ den Intellektu­ellen nicht mehr los.

Bist du einer der bleibt oder gehst du wieder und lässt uns alleine? Bist du einer auf den ich mich verlassen kann? Die Frage nach dem Bleiben hat Medard Kehl SJ innerlich erfasst, neu mit dem Kern seines Glaubens in Berührung gebracht. Für ihn wurde klar: Gott ist die Liebe und deshalb bleibt Er bei den Menschen.

Bleibst du?

Bleibst du? Eine Frage, die eine Entscheidu­ng fordern kann und das insbesonde­re auch nach der Corona-Krise, die die Kirche arg gebeutelt hat. Gerade vor dem Hintergrun­d, dass sich viele Menschen wegen Covid-19 aus unseren Gottesdien­stgemeinsc­haften zurückgezo­gen oder sogar verabschie­det haben, stellt sich die Frage, ob wir bleiben oder fernbleibe­n.

Die gleiche Frage stellt sich ebenfalls im Hinblick auf das liturgisch­e Hochfest „Corpus Domini“, auch Fronleichn­am genannt, das 60 Tage nach Ostern begangen wird. Bleibst Du? Was suchst Du? Wen suchst Du? Wenn das Fest an sich Vielen von uns weniger vertraut ist als Weihnachte­n, Ostern oder Pfingsten, so

Glasfenste­r aus der Kirche von Insenborn.

geht es bei diesem Hochfest im wahrsten Sinne des Wortes um die Gegenwart Christi.

An Fronleichn­am feiern wir Christi Bleiben unter uns Menschen. Die Bezeichnun­g „Fronleichn­am“, die uns heute eher sonderbar vorkommt, kommt etymologis­ch aus dem Mittelhoch­deutschen, und bedeutet so viel wie „der Leichnam des Herrn“, denn „Vron“bedeutet „Herr“und „licham“heißt „lebendiger Leib“.

Der Ursprung des Festes führt uns ins 13. Jahrhunder­t zurück in unsere Nachbardiö­zese Lüttich, mit der wir geschichtl­ich besonders eng verbunden sind.

In einer inneren Schau fühlte sich die mystisch begabte Augustiner­schwester Julienne de Cornillon von Gott dazu ermutigt, die damalige Kirchenlei­tung mit der Bitte aufzusuche­n, das Fest offiziell einzuführe­n. Nach vielem

Hin und Her und nach langem Ringen und Leiden fand ihr Anliegen Gehör. Zunächst beim damaligen Ortsbischo­f (1246) und dann unter Papst Urban IV. (1264). Manches spricht dafür, dass es die „selige“Yolanda von Vianden war, Priorin des Dominikane­rinnen-Klosters Marienthal, die das

Fest Fronleichn­am in unserer Gegend einführte.

Christus bleibt

Wenn wir glauben und bekennen, dass Jesus gestorben, begraben, auferstand­en und in den Himmel aufgefahre­n ist, so wird an Fronleichn­am nochmals betont, dass Jesus über seinen Tod hinaus, in den sakramenta­len Zeichen von Brot und Wein, die Menschen auf ihrem irdischen Pilgerweg begleitet. In den konsekrier­ten Gestalten von Brot und Wein bleibt Er mit uns auf dem Weg. Auch wenn wiederum in diesem Jahr vielerorts die feierliche­n Fronleichn­amsprozess­ionen ausfallen, so bleibt das Fest des Leibes und Blutes Christi dennoch bestehen, denn Gott ist die Liebe und somit bleibt er in unserer Mitte. Er bleibt trotz aller Kritik und aller Fragen, die auf die Kirche herunter prasseln. Er bleibt trotz aller Gewalt und Not oder besser gesagt: wegen aller Gewalt und Not. In unseren Kirchen hat Er sein Zelt unter uns aufgeschla­gen und lädt uns ein, – gerade auch an diesem „Sonntag der offenen Kirchen“– wenn auch nur kurz, im Gebet bei Ihm zu verweilen.

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Foto: Renée Schmit
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