Bitte kurz und bündig
Ein Besuch beim Friseur ist so eine Sache. Einerseits muss ich regelmäßig hin, weil sich meine Kurzhaarfrisur nach sechs Wochen definitiv einem Mopp angleicht, andererseits empfinde ich die zwei Stunden beim Friseur jedes Mal als eine Reihe von peinlichen Momenten. Denn natürlich erhalte ich im grell beleuchteten Salon einen Platz am Schaufenster zur vielbelebten Straße hin. So können mich alle Passanten ungeniert anstarren, wie ich da eingefärbt werde. Oder wie ich anschließend, entweder mit einer fest an den Kopf geklatschten Haube oder aber mit in alle Richtungen abstehenden Zotteln darauf warte, dass die Farbe wirkt. Manch mitleidiges Grinsen
Manch mitleidiges Grinsen musste ich schon aushalten.
durch das Fenster musste ich schon aushalten. Anschließend geht es zum Waschen, auf den berüchtigten Stuhl. Da liege ich nun, Beine hoch und den Kopf im Waschbecken mit schmerzhaft überdehntem Nacken und ungeschützter Kehle. Und die Friseuse schamponiert und schamponiert und hört gar nicht mehr auf. Nach einer Minute meldet sich mein geplagter Nacken, ich fange an herumzuzappeln, während mein Kopf unbarmherzig geknetet wird. Bis ich checke, dass man mir etwas Gutes tun will, dass man mir den Kopf massiert. Halt, bitte nicht, der Schmerz in meinem Nacken zieht bereits in den Rücken. Endlich ist Schluss und ich darf zurück an mein Fenster. Vorher wühlt man mir noch, zwecks Trocknung, mit dem Handtuch durch die Ohren. Vielleicht lieb gemeint, aber bitte, nein, kein Bedarf. Dann wird geschnippelt und gesmalltalkt. Beides intime Prozeduren, die von mir volle Konzentration erfordern. Versuchen Sie mal, zu reden und dabei still zu halten. Endlich bin ich durch, darf meinen Hinterkopf noch im Spiegel betrachten und dann nichts wie weg. Durch das Schaufenster erblicke ich die nächste Kundin, der bereits alle Haare zu Berge stehen. Mitleidlos grinse ich sie an. Arlette