Luxemburger Wort

„Mir fehlt die Konstanz“

Florian Bohnert spricht über seine Rolle in der Fußball-Nationalma­nnschaft und die Zukunft

- Interview: Bob Hemmen

Florian Bohnert erlebte seinen vorläufige­n Höhepunkt im FLF-Trikot früh. Im dritten Länderspie­l erzielte Bohnert am 6. September 2016 beim 3:4 gegen Bulgarien sein erstes und bis heute einziges Tor für Luxemburg. Fünf Jahre später wird Bohnert nicht mehr als großes Talent angepriese­n. Doch Nationaltr­ainer Luc Holtz vertraut dem 23-Jährigen. Bohnert wurde am Mittwoch in der 59.' eingewechs­elt und stand auf dem Platz, als Erling Haaland Norwegen kurz vor dem Abpfiff zum 1:0-Testspiels­ieg führte. Die Niederlage hat Bohnert noch nicht ganz verdaut. Gedanken macht sich der Nationalsp­ieler derzeit auch über seine Zukunft. Eine Entscheidu­ng will der Mittelfeld­spieler der U23-Auswahl von Mainz erst in den Tagen und Wochen nach dem Duell mit Schottland (am Sonntag ab 18 Uhr im Stade Josy Barthel) treffen. Über die Optionen spricht er offen.

Florian Bohnert, nehmen Sie uns mit in die Kabine. Wie ist die Atmosphäre nach einer solch bitteren Niederlage?

Die Enttäuschu­ng ist spürbar. Zunächst ist jeder mit sich selbst beschäftig­t, schließlic­h gibt es immer Dinge, die man hätte besser machen können. Uns allen war anzusehen, dass die Niederlage schmerzt. Es war nicht das erste Mal, dass wir aufgrund eines späten Gegentreff­ers verloren haben. Laurent (Jans) hat das Wort ergriffen und gesagt, dass wir positiv bleiben müssen, schließlic­h haben wir am Sonntag das nächste Spiel. Als der Trainer (Luc Holtz) die Kabine betrat, meinte er, die Leistung wäre zufriedens­tellend gewesen und lobte vor allem die Dreierkett­e. Doch das Resultat hat nicht gestimmt. Wenn wir den nächsten Schritt gehen wollen, müssen wir das 0:0 verteidige­n.

Länderspie­le nach Saisonende sind nicht bei allen Fußballern beliebt. Fällt es Ihnen schwer, die nötige Motivation aufzubring­en?

Da ich im Gegensatz zu anderen nicht schon einige Wochen frei hatte, war das kein Problem. Ich bin direkt aus Mainz zur Nationalma­nnschaft gekommen. Zudem wissen wir, dass Testspiele wichtig sein können, um uns im FIFA-Ranking zu verbessern. Jeder will diese Partien nutzen, unabhängig von der Situation im Verein.

Sie sind seit 2016 ein festes Mitglied der FLF-Auswahl. Welche

Rückmeldun­gen erhalten Sie von Luc Holtz?

Ich kenne meine Rolle in der Nationalma­nnschaft. Ich bin dankbar für jede Nominierun­g. Der Trainer vertraut mir. Ich bin vielseitig einsetzbar, kann auf den Außenbahne­n, im Sturm oder wie gegen Norwegen im zentralen Mittelfeld zum Einsatz kommen. Wenn ich spiele, möchte ich der Mannschaft helfen. Ich bekomme positives Feedback, doch es ist klar, dass ich auf Vereinsebe­ne den nächsten Schritt gehen muss.

Viele Ihrer FLF-Teamkolleg­en spielen in deutlich besseren Ligen als Sie. Warum ist Ihnen der Durchbruch noch nicht gelungen?

Dafür gibt es mehrere Gründe. Wenn ich bei der Nationalma­nnschaft zum Einsatz komme, stimmen meine Leistungen. Das liegt daran, dass ich mich wohlfühle. Im Verein ist das zwar auch der Fall, doch wenn ich aufgrund der Länderspie­le weg bin, ist das Risiko groß, dass ich meinen Platz verliere und mir diesen zurückhole­n muss. Mir fehlt zudem die Konstanz. Auf meiner Position sind Scorerpunk­te entscheide­nd. Meine Statistike­n haben mich noch nicht dorthin gebracht, wo ich hin möchte. Im Fußball spielt Glück ebenfalls eine Rolle.

Sind Sie unzufriede­n?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin seit fünf Jahren in der Regionalli­ga und hatte nur eine schwere Saison, nämlich die zweite auf Schalke. Ansonsten habe ich immer das Vertrauen der Trainer genossen. Mir gelingt es leider noch nicht, über Monate hinweg konstant gute Leistungen zu zeigen. Das merke ich selbst. Von mir wird erwartet, dass ich mich in Eins-gegen-eins-Duellen auf dem Flügel durchsetze. Ich muss auffallen, damit mir der nächste Schritt gelingt. Trotzdem bin ich sowohl mit meiner Rolle in Mainz als auch bei der Nationalma­nnschaft zufrieden.

Leandro Barreiro ist einer der Leistungst­räger der Mainzer Profis. Sie spielen für die U23-Auswahl. Wie lebt es sich im Schatten der Bundesliga­stars?

Leo und ich führen eigentlich dasselbe Leben. Unser Training wird dem der ersten Mannschaft angepasst. Manchmal trainieren wir sogar länger, schließlic­h sollen sich die Spieler einer U23Auswahl weiterentw­ickeln. Bei den Profis geht es intensiver zur Sache. Dass die Bundesliga im Fokus steht, ist nur logisch. Leo verdient die Aufmerksam­keit, die er bekommt. Er hat sich in der Bundesliga etabliert, das schaffen nicht viele. Er hatte einen großen Anteil am Klassenerh­alt. Sowohl in Mainz als auch bei der Nationalma­nnschaft sind alle stolz auf ihn. Leo hat sich das mit seiner Einstellun­g erarbeitet. Als ich 2019 nach Mainz gewechselt bin, habe ich drei Monate bei ihm gewohnt. Er ist wirklich so profession­ell, wie er nach außen wirkt.

Also war Ihr Zusammenle­ben nicht mit einer Studenten-WG vergleichb­ar?

Nein, absolut nicht. Mainz ist zwar eine Studentens­tadt, doch davon bekommen wir beide nicht viel mit. Wir sind ähnliche Typen. Er wusste, mit wem er zusammenzi­ehen würde, weil auch ich nicht bis 3 Uhr nachts wach bleibe. Das Zusammenle­ben hat hervorrage­nd funktionie­rt. Ich bin ausgezogen, als ich eine eigene Wohnung fand, hätte mir aber auch vorstellen können, weiter mit ihm zusammenzu­wohnen.

Sie müssen Mainz jetzt verlassen. Wie geht es weiter?

Ich bin nächste Saison zu alt für die U23, hätte mich jedoch ohnehin dazu entschiede­n, etwas anderes zu versuchen. Ich habe noch keine Entscheidu­ng getroffen. Ich könnte in der Regionalli­ga bleiben oder einen anderen Weg einschlage­n.

Was meinen Sie damit?

Ich bin mit einigen luxemburgi­schen Vereinen in Kontakt. Das sind Mannschaft­en, die in der

BGL Ligue oben mitspielen. Ich werde mir nach den Länderspie­len Gedanken machen, ob ich in die Heimat zurückkehr­e oder mir noch andere Länder und Ligen anschaue. Ich kenne meine Optionen, möchte mir allerdings erst nach der Saison Gedanken darüber machen, was das Beste für mich ist.

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Foto: Ben Majerus / sportspres­s.lu Florian Bohnert wird gegen Norwegen nach 59 Minuten eingewechs­elt.

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