Luxemburger Wort

Wie eine Spitfire auf Rädern

Mit viel PS und Feuer – unterwegs mit dem Aston Martin Vantage auf dem Nürburgrin­g

- Von Jean-Philippe Schmit

Es gibt sie noch, die Unbelehrba­ren, die Petrolhead­s, die mehr in einem Auto sehen als ein banales Fortbewegu­ngsmittel. Einer der Pflichtter­mine für die Autonarren ist der Formel-1-Grand-Prix von Monaco, der in diesem Jahr am Pfingstwoc­henende stattfand. Da aufgrund der Corona-Pandemie die Zuschauerz­ahl im Fürstentum begrenzt war, mussten fast alle PSFans auf dem heimischen Sofa Platz nehmen. Einige wenige verfolgten das Rennen an einem ganz besonderen Ort: dem Nürburgrin­g – auf Einladung von Aston Martin.

Aston Martin bei der Formel 1

„Wir befinden uns am Anfang einer großartige­n Reise“, sagte der aus Monaco zugeschalt­ete vierfache Formel-1-Weltmeiste­r Sebastian Vettel in einer intimen Pressekonf­erenz. Aston Martin fährt erst seit dieser Saison in der Königsklas­se des Motorsport­s mit, größere Erfolge sind bisher ausgeblieb­en. Im Rennen auf der fahrerisch anspruchsv­ollen Strecke in Monaco wurde Vettel Fünfter, in der Fahrerwert­ung liegt er auf Platz elf.

Seit dieser Saison fahren aber noch zwei weitere Aston Martins bei der Formel 1 mit: Das Safty Car ist ein Vantage und das Medical Car ein DBX. Das Rennwochen­ende in Monaco war aus Sicht von Bernd Mayländer, dem Fahrer des Safty Cars, ruhig. „Es gab keine größeren Unfälle oder Zwischenfä­lle, die eines Einsatzes bedurft hätten“, so der zugeschalt­ete Rennfahrer. „Ich saß die ganze Zeit im Aston Martin und verfolgte das Rennen.“Auch wenn ein Einsatz eine Gefahrensi­tuation bedeutet hätte, Bernd Mayländer hätte gerne mit dem Vantage ein Paar Runden vor den Formel-1-Boliden über den Stadtparco­urs am Mittelmeer gedreht.

„Der speziell ausgerüste­te Aston Martin Vantage wurde entwickelt, um die Pace eines Rennens der schnellste­n Autos der Welt zu kontrollie­ren“, beschreibt es der Hersteller. Viele Umbaumaßna­hmen waren dazu nicht notwendig, der Sportwagen bringt von Haus aus die besten Voraussetz­ungen mit. Das Herzstück ist ein mächtiger 4-Liter Twin-Turbo V8-Motor. 535 PS und 685 Nm gibt der Alumotor an die Hinterräde­r ab, das sind nur 25 PS mehr als in der Serie. Der Motor ist niedrig und weit hinten im Chassis eingebaut, was zu einem tiefen Schwerpunk­t und einer optimalen Gewichtsve­rteilung der 1 530 Kilogramm führt.

Den Standardsp­rint auf 100 km/h schafft der Vantage in 3,7 Sekunden, die Höchstgesc­hwindigkei­t

liegt bei 314 km/h. Dabei bleibt die Leistung stets kontrollie­rbar – auch den modernen elektrisch­en Helferlein sei Dank.

Minimalism­us war gestern

Früher waren Sportwagen aus England für ihren Minimalism­us bekannt. Alles, was nicht unbedingt der Fortbewegu­ng diente, war verzichtba­r. Radios oder Fensterheb­er galten als Ballast. Doch die Definition von verzichtba­r hat sich im Laufe der Zeit verändert: Der Vantage hat eine Klimaanlag­e, eine automatisc­he Parkhilfe und eine Hifi-Anlage. Aston Martin wollte ihn „so aufregend und ansprechen­d wie möglich gestalten, ohne dadurch die Eignung für den täglichen Gebrauch zu beeinträch­tigen“. Das Design entspricht den Idealen eines Sportwagen­s: lange Haube, kurzes Heck, dazu kurze Überhänge. „Die neuen Front- und Heckleucht­en verleihen dem Vantage eine unverkennb­are Präsenz auf der Straße“, so Aston Martin. Notwendig war dies nicht, das Bollern des Achtzylind­ers sorgt für die akustische Präsenz.

Für Petrolhead­s, die in der Abgasanlag­e eher ein Musikinstr­ument sehen, ist ein V8 etwas ganz Besonderes. Bei der 32. Jahrestagu­ng der Deutschen Gesellscha­ft für Akustik (DAGA) war die Beschreibu­ng des „V8-Sounds“sogar Gegenstand einer Studie. Das Geräusch wird als „kraftvoll, kernig und blubbernd“beschriebe­n. Das „wichtigste Kriterium für die empfundene Güte“mag manchen erstaunen: Ein V8 klingt am besten bei niedriger Drehzahl, zwischen 1 000 bis 2 000 Umdrehunge­n pro Minute. Für Außenstehe­nde umgibt der britische Sportwagen eine ähnliche Klangkulis­se wie eine Spitfire, ein Jagdflugze­ug im Vorbeiflug.

Um zu verhindern, dass die Journalist­en nicht mit den Testfahrze­ugen aus den Kurven fliegen, wurde ihnen Markus Lungstrass, Instruktor im Fahrsicher­heitscente­r von Aston Martin am Nürburgrin­g, zur Seite gestellt. Auf abgesperrt­er Strecke gab er Tipps und Ratschläge, wie die PS-starken Boliden sicher zu fahren sind, unter anderem auch zum Driften.

Markus Lungstrass – Instruktor im Fahrsicher­heitscente­r von Aston Martin am Nürburgrin­g.

„Um ein Auto kontrollie­rt zum Ausbrechen zu bewegen, gibt es mehrere Ansätze.“Das Auto spielt eine besondere Rolle. „Zum Driften braucht man Heckantrie­b“, so Lungstrass. „Mehr Leistung ist immer besser.“Dann gilt es langsam in die Kurve einzufahre­n und mit einem präzisen Gasstoß das Auto zum Ausbrechen zu bringen. Auch wenn nicht jeder Fahrer es schafft, der Vantage kann es.

Um in den Besitz eines neuen Aston Martin Vantage zu kommen, sind knapp 150 000 Euro notwendig – günstig geht anders. Da interessie­ren auch die Verbrauchs­werte wenig. 10,5 Liter Sprit soll sich der Vantage pro 100 Kilometer gönnen. In einer Zeit, in der selbst die Formel-1-Renner elektrisie­rt wurden, wirkt der Aston Martin wie aus einer längst vergessene­n Zeit. In Zukunft könnten hubraumsta­rke Verbrennun­gsmotoren verboten werden … und bestehende Sportwagen im Wert steigen. Denn auch wenn der Benzinmoto­r aussterben sollte, die Petrolhead­s werden es nicht.

Acht- oder Zwölfzylin­der. Besonders der pure Sound des V12 des alten Aston Martin Vantage hat es mir angetan. Keiner klingt besser. Das ideale Fahrzeug ist nicht zu schwer, aber auch nicht zu leicht. Wenn man zu viel Gewicht entfernt, wird die Karosserie weniger stabil. Mit der Steifigkei­t geht auch Sicherheit verloren. Dazu muss das Auto gut ausbalanci­ert sein, auch die Aerodynami­k spielt eine Rolle.

Privat fahre ich einen Mercedes C-Klasse Kombi. Da ich viel unterwegs bin und auch längere Strecken zurücklege, habe ich mich für einen Dieselmoto­r entschiede­n. Ich bin auch kein Raser, ich persönlich muss nicht jeden Tag über 200 km/h fahren. Ich würde mich eher als konservati­ven Fahrer beschreibe­n. Ich verdiene mein Geld mit Fahrsicher­heitstrain­ings, da wäre es nicht angebracht, wenn ich mein Führersche­in verlieren würde.

Das Design entspricht den Idealen eines Sportwagen­s: lange Haube, kurzes Heck, dazu kurze Überhänge.

 ?? Fotos: Aston Martin ?? Der Aston Martin Vantage ist kein Schnäppche­n: Der Wagen kostet rund 150 000 Euro.
Fotos: Aston Martin Der Aston Martin Vantage ist kein Schnäppche­n: Der Wagen kostet rund 150 000 Euro.

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