Wie eine Spitfire auf Rädern
Mit viel PS und Feuer – unterwegs mit dem Aston Martin Vantage auf dem Nürburgring
Es gibt sie noch, die Unbelehrbaren, die Petrolheads, die mehr in einem Auto sehen als ein banales Fortbewegungsmittel. Einer der Pflichttermine für die Autonarren ist der Formel-1-Grand-Prix von Monaco, der in diesem Jahr am Pfingstwochenende stattfand. Da aufgrund der Corona-Pandemie die Zuschauerzahl im Fürstentum begrenzt war, mussten fast alle PSFans auf dem heimischen Sofa Platz nehmen. Einige wenige verfolgten das Rennen an einem ganz besonderen Ort: dem Nürburgring – auf Einladung von Aston Martin.
Aston Martin bei der Formel 1
„Wir befinden uns am Anfang einer großartigen Reise“, sagte der aus Monaco zugeschaltete vierfache Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel in einer intimen Pressekonferenz. Aston Martin fährt erst seit dieser Saison in der Königsklasse des Motorsports mit, größere Erfolge sind bisher ausgeblieben. Im Rennen auf der fahrerisch anspruchsvollen Strecke in Monaco wurde Vettel Fünfter, in der Fahrerwertung liegt er auf Platz elf.
Seit dieser Saison fahren aber noch zwei weitere Aston Martins bei der Formel 1 mit: Das Safty Car ist ein Vantage und das Medical Car ein DBX. Das Rennwochenende in Monaco war aus Sicht von Bernd Mayländer, dem Fahrer des Safty Cars, ruhig. „Es gab keine größeren Unfälle oder Zwischenfälle, die eines Einsatzes bedurft hätten“, so der zugeschaltete Rennfahrer. „Ich saß die ganze Zeit im Aston Martin und verfolgte das Rennen.“Auch wenn ein Einsatz eine Gefahrensituation bedeutet hätte, Bernd Mayländer hätte gerne mit dem Vantage ein Paar Runden vor den Formel-1-Boliden über den Stadtparcours am Mittelmeer gedreht.
„Der speziell ausgerüstete Aston Martin Vantage wurde entwickelt, um die Pace eines Rennens der schnellsten Autos der Welt zu kontrollieren“, beschreibt es der Hersteller. Viele Umbaumaßnahmen waren dazu nicht notwendig, der Sportwagen bringt von Haus aus die besten Voraussetzungen mit. Das Herzstück ist ein mächtiger 4-Liter Twin-Turbo V8-Motor. 535 PS und 685 Nm gibt der Alumotor an die Hinterräder ab, das sind nur 25 PS mehr als in der Serie. Der Motor ist niedrig und weit hinten im Chassis eingebaut, was zu einem tiefen Schwerpunkt und einer optimalen Gewichtsverteilung der 1 530 Kilogramm führt.
Den Standardsprint auf 100 km/h schafft der Vantage in 3,7 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit
liegt bei 314 km/h. Dabei bleibt die Leistung stets kontrollierbar – auch den modernen elektrischen Helferlein sei Dank.
Minimalismus war gestern
Früher waren Sportwagen aus England für ihren Minimalismus bekannt. Alles, was nicht unbedingt der Fortbewegung diente, war verzichtbar. Radios oder Fensterheber galten als Ballast. Doch die Definition von verzichtbar hat sich im Laufe der Zeit verändert: Der Vantage hat eine Klimaanlage, eine automatische Parkhilfe und eine Hifi-Anlage. Aston Martin wollte ihn „so aufregend und ansprechend wie möglich gestalten, ohne dadurch die Eignung für den täglichen Gebrauch zu beeinträchtigen“. Das Design entspricht den Idealen eines Sportwagens: lange Haube, kurzes Heck, dazu kurze Überhänge. „Die neuen Front- und Heckleuchten verleihen dem Vantage eine unverkennbare Präsenz auf der Straße“, so Aston Martin. Notwendig war dies nicht, das Bollern des Achtzylinders sorgt für die akustische Präsenz.
Für Petrolheads, die in der Abgasanlage eher ein Musikinstrument sehen, ist ein V8 etwas ganz Besonderes. Bei der 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DAGA) war die Beschreibung des „V8-Sounds“sogar Gegenstand einer Studie. Das Geräusch wird als „kraftvoll, kernig und blubbernd“beschrieben. Das „wichtigste Kriterium für die empfundene Güte“mag manchen erstaunen: Ein V8 klingt am besten bei niedriger Drehzahl, zwischen 1 000 bis 2 000 Umdrehungen pro Minute. Für Außenstehende umgibt der britische Sportwagen eine ähnliche Klangkulisse wie eine Spitfire, ein Jagdflugzeug im Vorbeiflug.
Um zu verhindern, dass die Journalisten nicht mit den Testfahrzeugen aus den Kurven fliegen, wurde ihnen Markus Lungstrass, Instruktor im Fahrsicherheitscenter von Aston Martin am Nürburgring, zur Seite gestellt. Auf abgesperrter Strecke gab er Tipps und Ratschläge, wie die PS-starken Boliden sicher zu fahren sind, unter anderem auch zum Driften.
Markus Lungstrass – Instruktor im Fahrsicherheitscenter von Aston Martin am Nürburgring.
„Um ein Auto kontrolliert zum Ausbrechen zu bewegen, gibt es mehrere Ansätze.“Das Auto spielt eine besondere Rolle. „Zum Driften braucht man Heckantrieb“, so Lungstrass. „Mehr Leistung ist immer besser.“Dann gilt es langsam in die Kurve einzufahren und mit einem präzisen Gasstoß das Auto zum Ausbrechen zu bringen. Auch wenn nicht jeder Fahrer es schafft, der Vantage kann es.
Um in den Besitz eines neuen Aston Martin Vantage zu kommen, sind knapp 150 000 Euro notwendig – günstig geht anders. Da interessieren auch die Verbrauchswerte wenig. 10,5 Liter Sprit soll sich der Vantage pro 100 Kilometer gönnen. In einer Zeit, in der selbst die Formel-1-Renner elektrisiert wurden, wirkt der Aston Martin wie aus einer längst vergessenen Zeit. In Zukunft könnten hubraumstarke Verbrennungsmotoren verboten werden … und bestehende Sportwagen im Wert steigen. Denn auch wenn der Benzinmotor aussterben sollte, die Petrolheads werden es nicht.
Acht- oder Zwölfzylinder. Besonders der pure Sound des V12 des alten Aston Martin Vantage hat es mir angetan. Keiner klingt besser. Das ideale Fahrzeug ist nicht zu schwer, aber auch nicht zu leicht. Wenn man zu viel Gewicht entfernt, wird die Karosserie weniger stabil. Mit der Steifigkeit geht auch Sicherheit verloren. Dazu muss das Auto gut ausbalanciert sein, auch die Aerodynamik spielt eine Rolle.
Privat fahre ich einen Mercedes C-Klasse Kombi. Da ich viel unterwegs bin und auch längere Strecken zurücklege, habe ich mich für einen Dieselmotor entschieden. Ich bin auch kein Raser, ich persönlich muss nicht jeden Tag über 200 km/h fahren. Ich würde mich eher als konservativen Fahrer beschreiben. Ich verdiene mein Geld mit Fahrsicherheitstrainings, da wäre es nicht angebracht, wenn ich mein Führerschein verlieren würde.
Das Design entspricht den Idealen eines Sportwagens: lange Haube, kurzes Heck, dazu kurze Überhänge.