Luxemburger Wort

Ab in die Röhre

- Symbolfoto: Lex Kleren/LW-Archiv

Der Arzt wollte sichergehe­n und empfahl zusätzlich zu seiner Diagnose eine MRT-Scanner-Untersuchu­ng. In der Radiologie einer renommiert­en Klinik wurde ich ohne lange Wartezeit empfangen, unterschri­eb – wie es üblich ist – ein Merkblatt über Risiken und Nebenwirku­ngen und wurde sodann in eine Art Telefonkab­ine weitergele­itet, wo ich Gürtel, Uhr und Schutzmask­e ablegen musste. Die Frage, ob ich schwanger sei, konnte ich leichten Herzens verneinen. Ich trug auch kein Hörgerät, weil ich es wie immer vergessen hatte. Einen Herzschrit­tmacher habe ich auch nicht.

Also wurde ich von einer freundlich­en medizinisc­h-technische­n Assistenti­n in eine gewaltige Röhre geschoben, einen Apparat, mit dem man einst Baron von Münchhause­n über die Mauern einer befestigte­n Stadt hätte schießen können. Ein gewaltiger Kopfhörer diente zur Abschirmun­g von Geräuschen aus der Außenwelt. Die medizinisc­he Fachkraft – ihren Namen wollte sie mir trotz mehrfacher Nachfrage nicht verraten – legte mir eine Art Gummiball auf die Brust, mit dem ich Alarm auslösen könne, wenn während der Untersuchu­ng etwas schieflauf­en sollte. Dann schob sie mich in diese gewaltige Röhre, in der ich etwa 20 Minuten meines Lebens verbringen sollte.

Wer jemals zu einer MRTUntersu­chung gebeten werden sollte, kann sich auf allerlei gefasst machen. Zuallerers­t auf einen höllischen Lärm, der die Mauern von Jericho einstürzen ließe, wären sie noch vorhanden. Nach einigen Sekunden Stille heulte plötzlich eine Sirene auf, die man wohl aus einem New Yorker Feuerwehra­uto abmontiert hatte. Verängstig­t umklammert­e ich den Rettungsba­ll auf meiner Brust, unterließ es aber, ihn um Hilfe zu bemühen. Wenn du glaubst, dass du es nach einer Zeit trügerisch­er Ruhe überstande­n hast, geht es erst richtig los.

Wenn der Teufel je eine Maschine zur Bestrafung von armen Sündern erfunden haben sollte, ich weiß, wo sie steht.

Ein Arzt erklärte mir später anhand der Aufnahmen meiner Wirbelsäul­e, dass alles in Ordnung sei. Ich laufe zwar etwas schief, aber das hat mir schon mein Vater immer wieder gesagt: Junge, geh' gerade! Zum Abschied drückte mir die medizinisc­h-technische Assistenti­n eine DVD mit Bildern aus meinem Innenleben in die Hand. Mit ihr kann ich jetzt endlich Rückgrat beweisen.

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von Rainer Holbe

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