Luxemburger Wort

Zurück zu Jim Crow

- Von Roland Arens

Der systematis­che Raubbau an der amerikanis­chen Demokratie geht nicht nur weiter, er hat sogar an Schärfe zugelegt, obwohl Ex-Präsident Donald Trump quasi von der Bildfläche verschwund­en ist. Seine ihm völlig hörige Republikan­ische Partei ist derzeit dabei, in einer Reihe von Bundesstaa­ten Gesetze zu erlassen, die den Ablauf kommender Wahlen massiv zum eigenen Vorteil, sprich: Machterhal­t, verändern sollen. Die elektorale­n Machenscha­ften der Konservati­ven erinnern dabei an finsterste Zeiten der USA nach dem Bürgerkrie­g und der Übergangsp­hase des Wiederaufb­aus. Damals folgte eine Jahrzehnte lange, rassistisc­h motivierte Benachteil­igung schwarzer Amerikaner durch die „Jim Crow“-Gesetze, die erst Mitte der 1960er-Jahre im Zuge der Bürgerrech­tsbewegung überwunden wurde.

Die Republikan­er sind fest entschloss­en, das Wahlrecht jener Bürger einzuschrä­nken, von denen die Partei denkt, dass sie mehrheitli­ch für die Demokraten stimmen, also in erster Linie spanisch-stämmige Bürger und Amerikaner mit dunkler Hautfarbe. Allein in diesem Jahr haben 14 republikan­isch geführte Bundesstaa­ten Gesetze verabschie­det, die darauf abzielen, vor allem ärmeren Nicht-Weißen die Ausübung ihres Wahlrechts so schwer wie möglich zu machen. Wo schwarze Bürger Fahrgemein­schaften bilden, um zum Wahllokal zu fahren, müssen sie sich zuvor registrier­en lassen; wo Schwarze sonntags nach dem Gottesdien­st gemeinsam zur Stimmabgab­e gehen, werden die Öffnungsze­iten der Wahllokale am Sonntag reduziert. Selbst die Kontrolle der Auszählung­en soll vielerorts nicht mehr von überpartei­lichen Wahlleiter­n ausgeübt werden, sondern von politisch motivierte­n Mandatsträ­gern. So lassen sich nicht genehme Wahlergebn­isse leicht ins Gegenteil umkehren, wie es bereits im November 2020 in Georgia fast passiert wäre. Nur weil der lokale Wahlleiter, ein Republikan­er, Rückgrat bewies, konnte das hauchdünne Ergebnis für Joe Biden aufrechter­halten bleiben.

Nimmt man, neben den Attacken auf das Wahlrecht in den Bundesstaa­ten, noch die Blockadepo­litik der Republikan­er auf nationaler Ebene hinzu, dann wird die akute Gefahrenla­ge für die Demokraten, die Präsidents­chaft von Joe Biden und letztlich für die amerikanis­che Republik deutlich. Im Senat boykottier­ten die Republikan­er vor wenigen Tagen einen Untersuchu­ngsausschu­ss zu der Attacke auf das Kapitol vom 6. Januar, nachdem sie zuvor einen Kompromiss selber ausgehande­lt hatten. Auch der wichtige Infrastruk­turplan von Joe Biden prallt bislang am Unwillen der republikan­ischen Minderheit ab.

Ein vernünftig­es Regieren ist unter diesen Umständen kaum noch möglich. Den Demokraten bleibt daher keine Wahl: Sie müssen jetzt den Druck im Senat erhöhen, wenn sie die dringend benötigten Gesetze zum Schutz des Wahlrechts durchbring­en wollen und die USA nicht auf das Demokratie-Niveau einer Operettenr­epublik zurückfall­en sollen. Bidens Politik der guten Taten – Schecks und Impfungen – wird allein nicht ausreichen. Falls die Demokraten 2022 die Mehrheit im Kongress verlieren, wird es für diese Republikan­ische Partei kein Halten mehr geben.

Der systematis­che Raubbau an der amerikanis­chen Demokratie geht weiter.

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