Politik des Versagens
Parlament debattiert über ersten Bericht des Fonds spécial de soutien au développement du logement
Im Parlament haben schon unzählige Debatten über die Wohnungsbaupolitik und Lösungen zur Bekämpfung der Wohnungsnot stattgefunden. Das hat aber nicht verhindert, dass die Preise weiter gestiegen und im vergangenen Jahr regelrecht explodiert sind.
Gestern befassten sich die Abgeordneten mit dem Fonds spécial de soutien au développement du logement, der 2020 geschaffen wurde. Wohnungsbauminister Henri Kox (Déi Gréng) sagte einleitend, der Spezialfonds liefere den Beweis, „dass die Wohnungsbauoffensive lanciert ist“. Der Fonds schaffe Planungssicherheit für die Bauträger, Klarheit über die Geldströme und eine bessere Übersicht, wo sich welche Wohnungen befinden.
Die CSV begrüßte die Schaffung des Spezialfonds, bemängelte aber, dass nicht genügend staatlich finanzierte Wohnungen gebaut werden und dass die Umsetzung zu lange dauert. Nach Ansicht des CSV-Sprechers Marc Lies besteht das Hauptproblem im Umstand, dass die drei Regierungsparteien sich nicht einig seien.
Blau-Rot-Grün uneins
In der Debatte traten die unterschiedlichen Ansichten der Regierungsparteien zur Frage, woran es hakt und was zu tun ist, offen zu Tage. LSAP-Sprecher Yves Cruchten beispielsweise, aber auch DPSprecher Max Hahn und der Oppositionsdeputierte Marc Goergen (Piraten) beklagten, dass die Umsetzung von Wohnprojekten zu lange dauere und langwierige Prozeduren daran Schuld seien.
Cruchten solidarisierte sich in dieser Frage sogar mit den Arbeitgebervertretern:
„Sie haben Recht, wenn sie die langwierigen und komplizierten Prozeduren kritisieren“, sagte der LSAP-Sprecher. Wie Marc Lies sprach auch Yves Cruchten von einem Versagen in der bisherigen Wohnungsbaupolitik und machte deutlich, dass er die Prozeduren im Allgemeinen und im Besonderen die Umweltauflagen für das Nicht-Vorankommen mit verantwortlich macht. „Naturund Artenschutz ist uns allen wichtig, aber wir müssen zusehen, dass er uns bei der Erschließung von Wohnraum nicht unnötig bremst und behindert.“Sowohl die LSAP als auch die CSV, Déi Lénk und ADR sprachen sich für eine stärkere Beteiligung der privaten Bauträger aus. Von den 3 125 im Fonds aufgelisteten Projekten werden lediglich fünf von privaten Bauträgern entwickelt. Cruchten forderte, dem Wohnungsbau dieselbe Priorität einzuräumen wie dem Klima- oder dem Gesundheitsschutz. „Deshalb sollten wir alle öffentlichen und privaten Akteure an einen Tisch bringen, um alle Probleme, die uns bei der Schaffung von neuem Wohnraum bremsen, zu lösen.“
Modular bauen
Die Parteien legten gestern auch eigene Vorschläge auf den Tisch. Der LSAP-Sprecher regte an, den Fonds zusätzlich mit Steuern auf leeren Wohnungen und brachliegendem Bauland zu speisen. Roy Reding (ADR) klärte Cruchten auf,
Steuern dürften nicht einem bestimmten Zweck zugeführt werden. Max Hahn schlug vor, Flächen für einen gewissen Zeitraum zu mieten und dort zum Beispiel in modularer Bauweise Wohnungen zu errichten. Auch Nathalie Oberweis (Déi Lénk) sprach sich dafür aus, bei öffentlichen Wohnprojekten verstärkt auf modulare Bauformen zurückzugreifen, „um so flexibler auf den Bedarf reagieren zu können“. In Bezug auf die Flächen, die der Fonds erwirbt, meinte die linke Abgeordnete, der Staat solle vorzugsweise in Regionen kaufen, die prioritär entwickelt werden sollen statt in abgelegenen ländlichen Gegenden.
Lange Wartelisten
Schockiert waren Nathalie Oberweis und Marc Goergen über die langen Wartelisten bei den öffentlichen Bauträgern: 6 500 Haushalte bei der SNHBM, 3 800 beim Fonds du logement. Oberweis geht davon aus, dass derzeit insgesamt mehr als 15 000 Haushalte auf eine erschwingliche Wohnung warten – zuzüglich all jene Haushalte, die auf keiner Liste stehen, aber die Kriterien für eine erschwingliche Wohnung erfüllen würden. „Die Dunkelziffer derer, die wegen der Wohnpreise in die Armut gedrückt werden, ist viel höher“, gab Goergen zu bedenken. Selbst die staatlich subventionierten Wohnungen – Stichwort Elmen – seien zu teuer. Goergen forderte, dass die Preise aller staatlich subventionierten Wohnungen an die jeweilige Einkommenssituation der Haushalte angepasst werden sollten. Der Forderung von Déi Lénk, das gesetzlich verordnete covid-bedingte Einfrieren der Mieten bis Ende 2021 zu verlängern, erteilte das Parlament eine Absage.