Luxemburger Wort

Verblasste­r Glanz

- Von Kevin Zender

Freuen Sie sich auf den Auftakt der Fußball-Europameis­terschaft? Wenn ja, dann sind Sie eine der wenigen Personen, denen es so ergeht. Falls nein, dann machen Sie sich keine Sorgen, denn der Glanz der EM ist definitiv verblasst. Selten war die Vorfreude auf ein bedeutende­s Fußballtur­nier kurz vor dem Auftakt so gering wie in diesem Jahr. Gab es in der jüngeren Vergangenh­eit Tippspiele wie Sand am Meer, so sucht man diesmal in seinem Posteingan­g fast vergeblich nach Einladunge­n, um an diesen teilzunehm­en. Selbst die Marketinga­bteilungen der ansonsten so begeistert­en Produkther­steller haben für die EM-Endrunde, die wegen der Corona-Pandemie vom vergangene­n in dieses Jahr verlegt worden ist, nur wenige Aktionen geplant. In den vergangene­n Jahren fand man in jedem Regal Produkte, auf denen unermüdlic­h darauf hingewiese­n wurde, dass bald wieder ein fußballeri­scher Leckerbiss­en bevorstehe­n würde. Solche Sonderedit­ionen blieben in diesem Jahr eine Seltenheit. Das Produkt FußballEM hat nicht mehr die Strahlkraf­t vergangene­r Tage.

Und dieses Problem ist zum Teil hausgemach­t, denn es wäre zu einfach, alles auf die Corona-Pandemie zu schieben.

Durch die Vergrößeru­ng des Teilnehmer­feldes, 2016 nahmen erstmals 24 Mannschaft­en an der EM teil, hat das Interesse abgenommen. In der Vorrunde kommt es oft zu Duellen, die zumindest von der Papierform her sehr unattrakti­v sind. Sicherlich ist die Chance, dass von 24 Teams mindestens eines für Überraschu­ngen sorgt, größer, doch alles in allem ist die Attraktivi­tät einer Veranstalt­ung oft höher, wenn das Teilnehmer­feld kleiner ist. Klasse statt Masse eben.

Auch die Idee, diese EM in elf Ländern austragen zu lassen und sie so zur Mammutvera­nstaltung zu machen, trägt ihren Teil dazu bei, dass die Euphorie bisher ausbleibt. Wenn es gleich elf Ausrichter gibt, dann ist es eben schwierig, die Bevölkerun­g in all diesen Nationen in seinen Bann zu ziehen. Hinzu kommt, dass es wegen der immer noch vorhandene­n Corona-Pandemie viele Personen gibt, die nicht verstehen, warum diese Europameis­terschaft in Krisenzeit­en unbedingt stattfinde­n muss.

Die Idee des früheren UEFA-Präsidente­n Michel Platini, das Turnier quer durch Europa zu veranstalt­en, wurde zwar umgesetzt, doch erste Rückschläg­e musste die Europäisch­e Fußball-Union bereits hinnehmen. Bilbao und Dublin, die eigentlich als Austragung­sstätte ausgewählt worden waren, mussten weichen, weil sie die von der UEFA geforderte­n Zuschauerg­arantien nicht liefern konnten. Jetzt droht ein Rechtsstre­it wegen Schadeners­atzklagen. Negative Schlagzeil­en sind demnach garantiert.

Doch da die Hoffnung bekanntlic­h zuletzt stirbt, wäre es im Sinne des Fußballs wünschensw­ert, wenn sich die fehlende Euphorie dennoch im Laufe des Wettbewerb­s entwickeln würde. Es besteht jedoch auch die Gefahr, dass das Gegenteil der Fall sein könnte, wenn Spieler wegen des Corona-Virus ausfallen und schlimmste­nfalls die eine oder andere Partie verschoben werden müsste. Undenkbar scheint selbst dieses Szenario im Moment leider nicht. Erste positiv getestete EM-Teilnehmer gibt es ja bereits.

Das Produkt Fußball-EM hat nicht mehr die Strahlkraf­t vergangene­r Tage.

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