Luxemburger Wort

Überrasche­nde Wende

Papst Franziskus lehnt das Rücktritts­angebot des deutschen Kardinals Reinhard Marx ab – dieser fügt sich

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Rom/München. Papst Franziskus hat den Rücktritt des Erzbischof­s von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, abgelehnt. Der deutsche Geistliche, eine wichtige Figur der Weltkirche, hatte am vorigen Freitag ein Schreiben an den Papst publik gemacht, in dem er vor dem Hintergrun­d des Missbrauch­sskandals seine Demission anbot.

„Und genau das ist meine Antwort, lieber Bruder. Mach weiter, so wie Du es vorschlägs­t, aber als Erzbischof von München und Freising“, schrieb das Oberhaupt der katholisch­en Kirche in einem Brief an Marx, den der Heilige Stuhl gestern veröffentl­ichte. „Ich stimme Dir zu, dass wir es mit einer Katastroph­e zu tun haben: der traurigen Geschichte des sexuellen Missbrauch­s und der Weise, wie die Kirche damit bis vor Kurzem umgegangen ist“, hieß es in Franziskus' Schreiben weiter.

Das Ersuchen Marx' hatte in der katholisch­en Kirche für großes Aufsehen gesorgt. Marx war von 2014 bis 2020 Vorsitzend­er der Deutschen Bischofsko­nferenz (DBK). Für seinen Schritt hatte Marx von vielen in der katholisch­en Kirche Anerkennun­g erhalten. Sein Nachfolger als DBK-Chef, Bischof Georg Bätzing, zeigte Verständni­s für die Entscheidu­ng.

„Antwort hat mich überrascht“Für diesen Sommer wird ein Gutachten über Fälle von sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising erwartet, das vor allem herausarbe­iten soll, wie sexueller Missbrauch von Priestern im Bistum möglich wurde und ob hochrangig­e Geistliche Täter schützten. Marx will nach seinem

Kardinal Reinhard Marx bleibt im Amt. von Papst Franziskus abgelehnte­n Amtsverzic­ht „nicht einfach wieder zur Tagesordnu­ng übergehen“. Dies könne nicht der Weg für ihn selbst und auch nicht für das Erzbistum sein, heißt es in einer gestern von seiner Diözese verbreitet­en Reaktion des Münchner Erzbischof­s.

„Die Antwort des Heiligen Vaters hat mich überrascht. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er so schnell reagieren würde und auch seine Entscheidu­ng, dass ich meinen Dienst als Erzbischof von München und Freising weiter fortführen soll, habe ich so nicht erwartet.“

Kritik der Betroffene­ninitiativ­e

Der Sprecher der Betroffene­ninitiativ­e „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, äußerte dagegen Kritik. Mit seiner Entscheidu­ng nehme der Papst dem Rücktritts­angebot des Erzbischof­s die Wucht. Besonders erschrecke­nd sei, wie der Papst in seiner Erklärung versuche, die Verantwort­ung für Machtmissb­rauch und Missbrauch­svertuschu­ng durch Bischöfe weltweit zu relativier­en. Von dem radikalen Neuanfang, den das Rücktritts­gesuch von Kardinal Marx andeutete, sei jetzt wenig geblieben.

Die Gruppierun­g „Wir sind Kirche“bewertete die Papst-Entscheidu­ng nicht nur als persönlich­e Rückenstär­kung für den Erzbischof von München und Freising. Das Antwortsch­reiben sei eine „eindeutige Unterstütz­ung“für den Reformkurs der katholisch­en Kirche. Dies gelte unbeschade­t dessen, dass der Papst den von Marx mitinitiie­rten Reformdial­og „Synodaler Weg“in Deutschlan­d nicht erwähne. dpa/KNA

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Foto: dpa

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