Im Zeichen der Pandemiebekämpfung
Diskussion um Patentschutz und Verteilung von Corona-Impfstoffen bestimmen Agenda des G7-Gipfels
Carbis Bay. Vor dem Gipfel der großen Industrienationen (G7) im englischen Cornwall haben die USA eine Spende von 500 Millionen Impfdosen an arme Länder zugesagt. Der Kampf gegen die Pandemie, der Klimaschutz sowie der Umgang mit Russland und China stehen im Mittelpunkt des Treffens der Staats- und Regierungschefs von Freitag bis Sonntag in dem Badeort Carbis Bay. Vorher entbrannte die Debatte neu, ob der Patentschutz für Impfstoffe aufgehoben werden soll, wie von USPräsident Joe Biden, vielen anderen Staaten und Entwicklungsorganisationen gefordert.
Die EU-Kommission sprach sich erneut dagegen aus, während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron aber Entgegenkommen zeigte. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte: „Eine Aussetzung von Patenten mag gut klingen, aber sie ist keine Wunderwaffe.“Kritiker argumentieren, nicht die Patente seien das Hindernis, sondern Produktionskapazitäten, Kenntnisse und Rohstoffnachschub.
Michel verwies darauf, dass aus der EU bereits mehr als 270 Millionen Impfstoffdosen in Drittstaaten exportiert worden seien. Zudem sei die EU der größte Unterstützer der Covax-Initiative für eine faire Impfstoff-Verteilung. Mit mehr als 2,8 Milliarden Euro würden bis Jahresende mindestens
Carbis Bay. Vor dem G7-Gipfel in Großbritannien hat der britische Premierminister Boris Johnson gestern US-Präsident Joe Biden empfangen. Beide wollen eine neue Atlantik-Charta vereinbaren und dabei mehrere Bereiche festlegen, in denen sie „zum Wohle der Menschheit zusammenarbeiten“. Das Dokument soll der Atlantik-Charta nachfolgen, die der britische Premierminister Winston Churchill und US-Präsident Franklin D. Roosevelt 1941 während des Zweiten Weltkriegs vereinbart hatten. Die damaligen Beschlüsse gelten als Wegbereiter für die Vereinten Nationen und die NATO. Biden und Johnson nahmen das Original-Dokument vor ihrem bilateralen Treffen in Augenschein. dpa 100 Millionen Dosen an Impfstoff gespendet.
Erstmals seit zwei Jahren kommen die Staats- und Regierungschefs der G7-Gruppe wieder persönlich zusammen – wenn auch wegen Covid-19 unter strengen Vorsichtsmaßnahmen. Zur Gruppe der Sieben (G7) gehören die USA, Deutschland, Kanada, Frankreich, Italien und Japan. Die Teilnahme an dem Gipfel ist die erste Auslandsreise des neuen US-Präsidenten Biden, der nach seiner Ankunft zunächst mit dem britischen Premierminister Boris Johnson zusammenkam.
Biden sucht Schulterschluss mit demokratischen Staaten
Nach dem Streit über die Alleingänge seines Vorgängers Donald Trump schmiedet Biden wieder Allianzen mit Verbündeten und verfolgt einen Neuanfang in der demokratischen Wertegemeinschaft – auch um einen Gegenpol zu Russland und China zu bilden. Als Gäste sind gleichgesinnte demokratische Staaten wie Südkorea,
Südafrika, Australien und Indien zu dem Gipfel eingeladen. Die G7-Staaten wollen dabei ihre Kräfte bündeln, um die Welt besser für künftige Virusausbrüche zu rüsten. „Globale Lösungen sind gefordert“, steht in dem Entwurf einer „Gesundheitserklärung von Carbis Bay“. Darin verpflichten sich die Staats- und Regierungschefs, „die kollektiven Abwehrkräfte zu stärken, um durch wirksames multilaterales Handeln und ein gestärktes globales Gesundheitssystem besser gegen künftige Pandemien vorzubeugen, diese zu entdecken, darauf zu reagieren und sich davon zu erholen“.
Die G7-Staaten wollen sich darauf einigen, mindestens eine Milliarde an zusätzlichen Impfdosen über das nächste Jahr zu liefern, um zu helfen, dass 80 Prozent der Erwachsenen der Welt geimpft werden. Das geht aus einem Entwurf für das Kommuniqué hervor. Die USA allein wollen nach Angaben des Weißen Hauses eine halbe Milliarde Impfdosen von Pfizer/Biontech an 92 ärmere Länder sowie an die Afrikanische Union verteilen. 200 Millionen Dosen sollen zwischen August und Ende des Jahres geliefert werden, die übrigen 300 Millionen bis Juni 2022.
Zum Auftakt seiner Auslandsreise rief Biden zum Schulterschluss demokratischer Länder weltweit gegen Autokraten auf. „Wir befinden uns an einem Wendepunkt
der Weltgeschichte“, sagte er vor US-Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Mildenhall in Ostengland. „Sie wissen besser als jeder andere, dass Demokratie nicht durch Zufall entsteht. Wir müssen sie verteidigen. Wir müssen sie stärken.“Er fügte hinzu: „Wir müssen diejenigen in Misskredit bringen, die glauben, dass das Zeitalter der Demokratie vorbei ist.“
Reisemarathon für den US-Präsidenten
Der G7-Gipfel ist das erste mehrerer Spitzentreffen von Biden in Europa. Am Montag nimmt Biden am NATO-Gipfel in Brüssel teil, wo am Tag darauf ein Treffen mit EU-Vertretern auf dem Programm steht. Am kommenden Mittwoch ist dann ein mit Spannung erwartetes Gipfeltreffen Bidens mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Genf angesetzt, bevor der US-Präsident nach Washington zurückkehrt.
„Wir suchen nicht den Konflikt mit Russland. Wir wollen eine stabile, vorhersehbare Beziehung“, sagte Biden vor den US-Soldaten. Aber die Vereinigten Staaten würden reagieren, wenn die russische Regierung „schädliche Handlungen“wie die Verletzung der Souveränität anderer Länder begehe. Er treffe Putin, „um ihm mitzuteilen, was ich ihm mitteilen möchte“. dpa
Wir befinden uns an einem Wendepunkt der Weltgeschichte. Joe Biden, US-Präsident