Stärkung des Parlaments
Über den Umgang mit Gesetzesvorschlägen von Abgeordneten
Heute stimmt das Parlament über das neue Covid-Gesetz ab, das eine ganze Reihe von Lockerungen vorsieht, aber auch eine verschärfte Regelung. In den Alten- und Pflegeheimen sowie in den Krankenhäusern wird die Testpflicht für Personal eingeführt. Dem Schritt vorausgegangen war eine heftige Debatte Anfang April in der Chamber. Die Opposition hatte Familienministerin Corinne Cahen (DP) vorgeworfen, im Umgang mit der Pandemie in den Seniorenstrukturen versagt und die Wahrheit über die Infektionsherde vertuscht zu haben. Die Rücktrittsforderung der Opposition wurde von der Mehrheit abgelehnt, aber man einigte sich auf eine Untersuchung der Infektionscluster in den Strukturen. Der Bericht von Jeannot Waringo steht noch aus.
Zeitgleich haben zwei Abgeordnete, Michel Wolter (CSV) und Sven Clement (Piraten), im April Gesetzesvorschläge eingebracht. Wolters Text fordert die Einführung einer Testpflicht in den Strukturen, Clements Text fordert ein sanitäres Konzept für Infektionskrankheiten, das von der Gesundheitsbehörde genehmigt werden muss.
CSV-Gesetzesvorschlag im Plenum Wolters Vorschläge werden im Covid-Gesetz übernommen. Damit hat er sein Ziel erreicht und ist ganz zufrieden, „obwohl die Maßnahmen ein paar Monate zu spät kommen“. Wolter besteht aber darauf, dass sein Text heute im Plenum diskutiert wird und nicht sang- und klanglos untergeht. Er möchte seine Punkte noch einmal erläutern und die Mehrheitsvertreter sind gefordert, sich zu positionieren. Ob er den Text zurückzieht oder darüber abstimmen lässt, ist noch offen.
Die CSV ist froh über ihren Erfolg. Doch der Umgang mit Gesetzesvorschlägen von Abgeordneten wirft grundlegende Fragen auf. Gesetzesinitiativen
speziell von Oppositionsvertretern haben es schwer, bis ins Plenum durchzudringen. Auf dem Rôle der Chamber befinden sich noch Gesetzesinitiativen aus den Jahren 2012 oder noch früher, die sogar vom Staatsrat begutachtet worden, danach aber in irgendeiner Schublade verschwunden sind. Das ändert sich jetzt. Kürzlich hat das Parlament einstimmig eine Änderung am Chamberreglement vorgenommen, die dafür sorgt, dass Gesetzesvorschläge denselben Stellenwert erhalten wie Gesetzentwürfe.
Die Änderung geht auf eine Initiative des CSV-Abgeordneten Marc Spautz zurück. Er hatte im Januar einen Gesetzesvorschlag zu den staatlichen Hilfen für Betriebe eingebracht. „Doch als das Gutachten des Staatsrats vorlag, war das Covid-Gesetz bereits zweimal abgeändert worden“, so Spautz.
Laut dem neuen Reglement sind Gesetzesentwürfe (Projet de loi) und Gesetzesvorschläge (Proposition de loi) gleichgestellt. Sie durchlaufen dieselbe Prozedur. Gesetzesvorschläge werden unmittelbar, nachdem sie hinterlegt wurden, an den Staatsrat zwecks Begutachtung geschickt und müssen innerhalb von vier Wochen auf der Tagesordnung der zuständigen Kommission stehen und dort behandelt werden. Das Reglement
stellt sicher, dass Gesetzesvorschläge und Gesetzentwürfe, die denselben Basistext abändern, zeitgleich behandelt werden.
Eine Hürde bleibt aber noch. Die Mehrheitsvertreter können bei der Abstimmung über den Bericht in der Kommission ihr Veto einlegen und am Ende dafür sorgen, dass es nicht zu einer Abstimmung im Parlament kommt. Die CSV möchte nun eine weitere Änderung erwirken, um auch diese Hürde aus dem Weg zu schaffen – zum Beispiel, indem man festlegt, dass die Zustimmung von einem Drittel der Kommissionsmitglieder reicht oder die Chamber über den Bericht abstimmt. „So wird zumindest im Plenum darüber debattiert“, sagt Spautz.
Clement hatte weniger Glück
„Mein Gesetzesvorschlag wird wohl eines leidvollen Todes sterben“, sagt Sven Clement, der seit 2018 eine ganze Reihe von Gesetzesvorschlägen eingebracht hat. Er begrüßt die Änderungen. Wie in der Vergangenheit mit Gesetzesvorschlägen umgegangen wurde, sei schlichtweg inakzeptabel, sagt er. Die Änderungen seien ein Gewinn für die parlamentarische Debatte.
Sein Gesetzesvorschlag zum sanitären Konzept hat es nicht ins Plenum und auch nicht in ein Covid-Gesetz geschafft, obwohl das Gutachten des Staatsrats zwei Tage vor der Abstimmung am 23. April über das damalige Covid-Gesetz vorlag und die Hohe Körperschaft dem Text grünes Licht erteilt hatte. Dass sein Text nicht behandelt wurde, dürfte nicht zuletzt am Widerstand der zuständigen Ministerin Corinne Cahen gescheitert sein, die eine Abstimmung verhindern wollte. Zwar habe sie versprochen, die grundsätzlichen Ausrichtungen des Gesetzesvorschlags im neuen Gesetz über eine bessere Betreuungsqualität in den Heimen zu übernehmen. Glauben will Clement das aber erst, wenn er es sieht.
Dass Clements Text nicht behandelt wurde, dürfte nicht zuletzt am Widerstand der zuständigen Ministerin Corinne Cahen gescheitert sein.