Es wird ernst
Fußballerin Marta Estevez hat sich als Stütze des Nationalteams etabliert und keine Angst vor großen Gegnern
Ihr Vorname ist im Frauenfußball so etwas wie ein Markenzeichen. Die Brasilianerin Marta war sechs Mal Weltfußballerin und dürfte auch Nicht-Experten ein Begriff sein. Für eine Luxemburger Nationalspielerin mit diesem Namen ist sie ein Vorbild. Marta Estevez hat die Torschützenkönigin der WM 2007 schon als Kind für ihre Art des Fußballs bewundert. „Bei ihr sieht alles so einfach aus“, sagt Estevez.
Sie weiß, dass harte Arbeit hinter der Leichtigkeit steckt. Estevez und die luxemburgische Frauennationalmannschaft sind weit davon entfernt, sich mit internationalen Topspielerinnen zu vergleichen. Aber sie sind fest entschlossen, alles dafür zu geben, um besser zu werden. Das Jahr 2021 spielt dabei eine besondere Rolle. Denn erstmals wagt sich ein FLFFrauenteam in eine Gruppenphase der WM-Qualifikation.
Einen Vorgeschmack darauf, was die Mannschaft dort erwartet, dürfte sie am Samstag (18 Uhr) bekommen. Luxemburg empfängt Belgien in Wiltz zum Testspiel. Ursprünglich war die Auswahl der Kapverden als Gegner vorgesehen. Laut Nationaltrainer Dan Santos wurde pandemiebedingt kurzfristig umdisponiert. Die Belgierinnen sind als EM-Teilnehmer und Nummer 18 der FIFA-Weltrangliste ein echtes Schwergewicht im Frauenfußball.
WM-Quali ab September
Estevez hat sich in der FLF-Auswahl zu einer festen Größe etabliert. Mit ihren 24 Jahren gehört sie schon zu den erfahreneren Akteurinnen. Beim bis dato letzten Testspiel im April in Liechtenstein (2:1), als Luxemburg zunächst mit 0:1 zurücklag, sorgte Estevez mit ihrem Ausgleichstreffer in der zweiten Halbzeit für die Wende. „Marta ist in ihrem Spiel erwachsener geworden“, sagt Santos, der auch die Mentalität und den Trainingsfleiß der offensiven Mittelfeldspielerin lobt.
Sie ist seit fünf Jahren im A-Nationalteam, begonnen hatte sie in der U15. Sie hat schon mit drei Nationaltrainern gearbeitet und die Zeiten noch miterlebt, in denen Luxemburg regelmäßig an Vorqualifikationen für Welt- oder Europameisterschaften teilnahm. 2017 war sie beim Turnier auf den Färöern dabei. Danach wurde der Modus geändert. Mittlerweile spielen auch die kleinen Länder direkt gegen ganz große Favoriten. Luxemburg
Die 24-jährige Marta Estevez gehört zu den erfahreneren Spielerinnen in der FLF-Auswahl.
bestritt daher länger keine Kampagne.
Ab September wird es ernst. Die FLF-Frauen spielen in der Qualifikation für die WM 2023 in Australien und Neuseeland gegen England, Österreich, Nordirland, Nordmazedonien und Lettland. Dass das auch bitter werden kann, ist Estevez klar. „Wir wussten von Anfang an, dass wir auf große Gegner treffen würden. Wir werden kämpfen bis zum Schluss, um gute Leistungen zu zeigen und den Leuten zu beweisen, dass wir auch Fußball spielen können“, betont sie. Solche Duelle seien wichtig für die Entwicklung: „Da sieht man, wo man steht und woran genau man arbeiten muss.“
Estevez glaubt an den Erfolg langfristiger Arbeit. Auch im Verein. Seit zehn Jahren spielt sie für die Entente Wormeldingen/Münsbach/Grevenmacher. „Meiner Meinung nach haben wir sehr großes Potenzial. Die Entente ist zu meiner zweiten Familie geworden. Ich kann mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu spielen. Denn ich bin überzeugt, dass wir als Mannschaft etwas erreichen können“, sagt sie. In der Rückrunde der Saison 2020/21 habe man nur zwei Spiele (gegen Racing und Junglinster) verloren. „Das zeigt auch, dass wir immer stärker werden.“Die Spielzeit beendete die Mannschaft auf Platz fünf, bald kann sie nach Meinung von Estevez um den Titel spielen.
Erziehungswissenschaften
Die Tochter spanischer Eltern hatte als kleines Kind im Jungenteam der US Hostert mit dem Fußball begonnen. Denn seit sie im Kindergarten beobachtet hatte, wie ein anderes Mädchen auf dem Schulhof mit Jungen Fußball spielte, wollte sie das auch versuchen. Hostert war der nächstgelegene Verein. Mit 14 Jahren dürfen Mädchen nicht mehr in gemischten Teams antreten. So spielte Estevez dann bei den Frauen in der Entente,
zu der damals auch Hostert gehörte. Die Studentin der Erziehungswissenschaften an der Universität Trier liebt den Fußball und glaubt an ihre Mannschaft, deren Kern über die Jahre zusammenblieb. „Ich habe beim Fußball einfach Spaß. Ich kann dabei alles andere vergessen“, meint sie. Auch ihrer Position im offensiven zentralen Mittelfeld ist sie immer treu geblieben. „Weil man da einen guten Überblick über das Spiel hat und Bälle gut verteilen kann. Man kann auch mit nach vorne gehen, um Tore zu schießen.“
Dabei hat sie im Verein und im Nationalteam auch wenig spaßige Zeiten erlebt. Wormeldingen stieg zur Saison 2015/16 erstmals in die höchste Spielklasse auf, weil nach dem Rückzug eines Erstligisten ein Platz frei wurde. Die Entente war überfordert und kassierte eine hohe Niederlage nach der anderen. Die Spielerinnen nahmen das als Vorbereitung auf den nächsten Aufstieg, der 2017 gelang. Das Erreichen des Pokalfinals 2019 war der bislang größte Erfolg.
Mit der Nationalmannschaft gab es im Jahr vor Santos' Amtsantritt im Sommer 2020 Durststrecken mit wenigen Spielen und ohne regelmäßiges Training. „Wir hatten vor einem Spiel zwei Wochen intensives Training, danach nichts mehr. So können sich keine Automatismen entwickeln“, sagt Estevez. Santos hat das Konzept geändert. Die Nationalspielerinnen trainieren seither jede Woche. Trotzdem ist ein Duell mit einem Gegner wie Belgien eine Herkulesaufgabe. „Da können wir sehen, wie die WM-Qualifikation sein wird“, sagt Estevez. Angst habe sie nicht, „eher eine positive Nervosität“.
Ich habe beim Fußball einfach Spaß. Ich kann dabei alles andere vergessen. Marta Estevez