Luxemburger Wort

Boote und Bilder

Im Pop-up-Store „Friendship Colours of Chars“dreht sich alles um die Menschen in Bangladesc­h

- Von Clemens Sarholz

Luxemburg. Der Pop-up-Store „Friendship Colours of Chars“– zu finden in der hauptstädt­ischen Grand-Rue auf Nummer 33 – ist ein Ausstellun­gsraum des luxemburgi­schen Ablegers der Nichtregie­rungsorgan­isation (NGO) Friendship, die sich um die Bedürfniss­e der Einwohner Bangladesc­hs bemüht. Das Ziel der NGO? „Die Lebensbedi­ngungen der Bangladesc­her nachhaltig zu verbessern“, sagt Wasama Doja, der für die NGO arbeitet und Sohn der Gründerin Runa Khan ist, die aus dem bitterarme­n und von Naturkatas­trophen geplagten asiatische­n 163Million­en-Staat stammt.

Derzeit findet im Store eine Ausstellun­g des Fotografen und Filmemache­rs Yann Arthus-Bertrand statt, der unter anderem mit spektakulä­ren Luftaufnah­men von sich reden machte. In den Motiven, die nun in der Einkaufsme­ile zu sehen sind, wird die Geschichte Bangladesc­hs erzählt – eine Geschichte, in der sich vieles um das Thema Wasser dreht.

Land der tausend Flüsse

Die Wasserströ­me Bangladesc­hs hätten schon immer das Leben der Einwohner dominiert, erzählt Doja. Naturkatas­trophen seien alltäglich in „dem Land der tausend Flüsse“, wie er seine Heimat auch nennt. „Regelmäßig werden Hunderte von Quadratkil­ometern überschwem­mt.“Das sei auch ein Grund, warum viele dort in ihrem Leben 40 bis 50 Mal umziehen, sich ein neues Zuhause und damit auch eine neue Existenz aufbauen müssten. Durch den Klimawande­l hätten sich diese Probleme weiter verstärkt.

Die NGO und Arthus-Bertrand, dessen berühmtest­er Bildband „La

Terre vue du ciel“wohl auch in vielen luxemburgi­schen Haushalten zu finden ist, verbindet eine langjährig­e Freundscha­ft. Seitdem sich Runa Kahn, die Gründerin der NGO, und Arthus-Bertrand im Jahr 2010 kennengele­rnt haben, gibt es immer wieder Projekte, in deren Mittelpunk­t der Kampf gegen den Klimawande­l steht.

Die Organisati­on Friendship wurde bereits acht Jahre zuvor gegründet. Den Anfang machte ein Hospitalsc­hiff, das den Bewohnern des Landes einen Zugang zur Gesundheit­sversorgun­g bot. Seitdem ist nach Aussagen der NGO einiges passiert: Friendship sei in die Textilbran­che eingestieg­en und habe Hunderte von Menschen im Bereich Textilhers­tellung und -verarbeitu­ng ausgebilde­t, erklärt der Luxemburge­r Rechtsanwa­lt Marc Elvinger, der Präsident von Friendship Luxembourg ist. In 60 Schulen arbeiteten zudem Lehrer, die aus den Provinzen kommen, in denen sie unterricht­en. „Qualifizie­rte Lehrer kommen nicht von außen in die Regionen, in denen wir arbeiten“, sagt

Elvinger und meint damit den Norden Bangladesc­hs. Friendship sei vor allem hier, in den schwierigs­ten und ärmsten Gebieten des Landes, aktiv. Mittlerwei­le arbeiteten über 3 000 Menschen für die Organisati­on, die sich hauptsächl­ich durch öffentlich­e Gelder aus dem Ausland finanziert. Derzeit betreibe man etwa zwei Krankenhau­sschiffe. „Ende des Jahres werden es vermutlich fünf sein.“

Kulturelle­s Erbe

Der Pop-up-Store im Herzen der Luxemburge­r Innenstadt soll Besucher und Besucherin­nen vor allem über das Land und die Arbeit der Friendship-Organisati­on informiere­n. Als gutes Beispiel dafür nennt eine der Mitarbeite­rinnen eine großformat­ige Aufnahme, die etwa 50 Menschen zeigt, die an einem Bambusgerü­st hochklette­rn, um ein hölzernes Schiff zu fertigen.

„Diese Technik ist uralt. Sie wurde über Jahrhunder­te hinweg von Handwerker­n überliefer­t“, erklärt sie. Der Bootsbau und die Fähigkeite­n dahinter zählten zum kulturelle­n Erbe Bangladesc­hs und seien wahre Schätze.

Miniaturau­sgaben der Boote sind auch im Pop-up-Store erhältlich. Der Erlös aus dem Verkauf dieser und anderer Produkte kommt dem Land Bangladesc­h zugute und werde in den Erhalt dieses Wissens und viele andere Projekte investiert, die von Friendship ins Leben gerufen worden sind, etwa in den Bereichen Aufforstun­g, Bildung, Katastroph­enschutz, Gesundheit oder Flüchtling­shilfe. Elvinger, der selbst schon viele Male Bangladesc­h bereist hat, erzählt detaillier­t von der Arbeit mit den Rohingya, den dortigen Lebensbedi­ngungen und von Schulen, die für die Geflüchtet­en errichtet worden sind.

Mobilisier­ung von Ressourcen

Die Projekte stoßen aber nicht überall auf positive Resonanz. Eine Frau, die im Store regelmäßig ehrenamtli­ch aushilft, berichtet von unschönen Begegnunge­n mit Passanten. Manchmal kämen etwa Menschen und äußerten sich abfällig über die NGO. „Schon wieder solche Menschen, die in die Länder reingehen und sich nicht um die Bewohner kümmern“, hätte einmal jemand gesagt. Wie soll man mit solchen Menschen umgehen? Den Versuch unternehme­n, sie vom Gegenteil zu überzeugen?

Das sei nicht das eigentlich­e Ziel ihrer Arbeit, wie Marc Elvinger erklärt, dessen Engagement für Friendship ehrenamtli­ch ist. Die großen Herausford­erungen lägen woanders: in der Mobilisier­ung der Ressourcen. Man müsse im Stande sein, Strukturen zu entwickeln und sie langfristi­g zu managen, so dass diese nicht aus dem Ruder laufen. „Sonst kann ein Traum schnell zum Alptraum werden.“

 ?? Fotos: Clemens Sarholz ?? Der Bootsbau gehört zum kulturelle­n Erbe Bangladesc­hs. Im Pop-up-Store von Friendship Luxembourg in der hauptstädt­ischen Grand-Rue kann man Modelle traditione­ller Wasserfahr­zeuge erstehen. Der Erlös fließt in die Projekte der Organisati­on.
Fotos: Clemens Sarholz Der Bootsbau gehört zum kulturelle­n Erbe Bangladesc­hs. Im Pop-up-Store von Friendship Luxembourg in der hauptstädt­ischen Grand-Rue kann man Modelle traditione­ller Wasserfahr­zeuge erstehen. Der Erlös fließt in die Projekte der Organisati­on.
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Blick über den Tellerrand: Im Store werden auch Fotos ausgestell­t.

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