Luxemburger Wort

Belastung und Entspannun­g

Mehr als ein Jahr Corona schlägt 60 Prozent der Bürger aufs Gemüt

- Von Michèle Gantenbein

In Luxemburg macht sich nach über einem Jahr Corona-Krise Entspannun­g breit. Das spiegelt sich auch in der Politmonit­or-Umfrage wider, die zwischen dem 31. Mai und dem 9. Juni 2021 im Auftrag von „Luxemburge­r Wort“und RTL durchgefüh­rt wurde. Doch die spürbare Entspannun­g kann nicht darüber hinwegtäus­chen, dass die Menschen sich Sorgen machen, wie es nach der Krise weitergeht. Die Umfrage zeigt auch, dass viele Menschen psychisch stark gelitten haben – vor allem die junge Generation.

Spürbare Entspannun­g

Die Entspannun­g spiegelt sich unter anderem in der Einschätzu­ng der Befragten wider, wie die Regierung die Corona-Krise bewältigt hat. 85 Prozent bescheinig­en Blau-Rot-Grün eine gute Arbeit, nur 13 Prozent finden, dass die Regierung die Krise schlecht oder sehr schlecht gemanagt hat (siehe Grafik). Folglich steigt auch das Vertrauen der Menschen in die Regierung, das Land aus der sanitären Krise herauszufü­hren. 82 Prozent (80 Prozent im März) sind zuversicht­lich, dass das gelingen wird. Die höchsten Werte verzeichne­n die Stammwähle­r der drei Regierungs­parteien – über 50 Prozent haben großes Vertrauen. Bei den CSV-Wählern ist das Vertrauen da, aber etwas verhaltene­r (siehe Grafik).

Die Krise hinterläss­t Spuren in der Psyche der Menschen. 60 Prozent der befragten Wähler fühlen sich nach über einem Jahr Beschränku­ngen belastet. 15 Prozent fühlen sich sehr belastet (November: 14 Prozent), 45 Prozent eher belastet (November: 42 Prozent). 39 Prozent fühlen sich nicht oder gar nicht belastet (November: 44 Prozent). Die Grafik zeigt, dass die Beschränku­ngen den jungen Menschen besonders zugesetzt haben.

Fast drei Viertel der 18- bis 34Jährigen geben an, sich durch Maßnahmen wie Mundnasens­chutz, Abstand halten und Kontaktbes­chränkunge­n belastet zu fühlen. Nur 27 beziehungs­weise 28 Prozent sind unbelastet durch die Krise gekommen. Je höher das Alter, desto geringer ist die Belastung. Am wenigsten belastet fühlen sich die 55- bis 64-Jährigen und die über 65-Jährigen (48 und 49 Prozent). Dennoch ist festzuhalt­en, dass die Krise auch den älteren Generation­en aufs Gemüt geschlagen ist.

Dass die Krise die Menschen psychisch mitgenomme­n hat, bedeutet nicht, dass sie die Maßnahmen ablehnen. Die aktuellen finden sogar eine breite Zustimmung. Nur 19 Prozent der Befragten schätzen die Maßnahmen als übertriebe­n ein (März: 23 Prozent), zehn Prozent halten sie für nicht streng genug (März: 20 Prozent). Die große Mehrheit (66 Prozent) ist der Ansicht, dass sie genau richtig sind (März: 52 Prozent).

Breite Zustimmung (92 Prozent) gibt es für die Lockerunge­n in der Gastronomi­e. Die Menschen befürworte­n die Bereitstel­lung von kostenlose­n PCR-Tests für noch nicht Geimpfte (83 Prozent) und 80 Prozent begrüßen, dass man im privaten Bereich wieder mehr Gäste empfangen kann (siehe Grafik). 75 Prozent sagen sich bereit, einen Schnelltes­t zu machen, um mehr Bewegungsf­reiheit zu haben und eine breite Mehrheit ist einverstan­den mit der aktuellen Regelung, die Geimpften, Genesenen und negativ Getesteten größere Freiheiten zugesteht (62 Prozent). Am wenigsten damit einverstan­den ist die Gruppe der 25- bis 34-Jährigen (siehe Grafik). Bei Veranstalt­ungen mit bis zu 2 000 Besuchern ist noch Skepsis angesagt. Nur 56 Prozent halten diese Maßnahme für angebracht.

Die Idee einer Corona-Steuer für Betriebe, die während der Krise besonders gut wirtschaft­en konnten, trifft bei 54 Prozent der

Befragten auf Zustimmung, wobei die Zustimmung bei den älteren Generation­en mit 59 Prozent besonders ausgeprägt ist. Aber nur 44 Prozent der 18- bis 24-Jährigen finden eine Corona-Steuer eine gute Idee. Der von LSAP-Minister Dan Kersch ins Gespräch gebrachte Vorschlag einer Steuer für Krisengewi­nner kommt bei den LSAPWähler­n besonders gut an (63 Prozent). Am wenigsten begeistert sind die DP-Wähler mit 53 Prozent. Grünen- und CSV-Wähler befürworte­n eine Corona-Steuer mit jeweils 56 Prozent.

Impfgeschw­indigkeit

Im März fanden nur 25 Prozent der Befragten, dass in Luxemburg schnell genug geimpft wird, jetzt sagen das 55 Prozent. Was nicht verwundert: Die Zufriedenh­eit steigt mit dem Alter. Nur 40 Prozent der 18- bis 24-Jährigen und 44

Prozent der 25- bis 34-Jährigen finden, dass schnell genug geimpft wird. Bei den über 55-Jährigen sind es 68 Prozent.

Der Rückgang des Infektions­geschehens lässt die Menschen auf ein Ende der Corona-Krise hoffen. Doch wie geht es nach der Krise weiter? Welche Herausford­erungen müssen umgehend und mit großem Eifer und Ehrgeiz angepackt werden? Die großen Themenblöc­ke, um die die Politik sich nach Ansicht der Wähler prioritär kümmern muss, sind die Wohnungskr­ise, die Folgen des Klimawande­ls und die Zukunftsch­ancen der kommenden Generation­en.

81 Prozent der Befragten (November: 78 Prozent) sehen in der Bekämpfung der Wohnungsno­t die größte Herausford­erung, doch auch das Verkehrsth­ema bleibt vorne dabei (62 Prozent). Neu dazu gekommen ist die Sorge um die Preissteig­erung (45 Prozent). Die Sicherheit­slage im Land ist – möglicherw­eise infolge der rezenten politische­n Auseinande­rsetzung mit dem Thema – wichtiger geworden (36 Prozent, November: 31 Prozent). Anderersei­ts ist die Sorge um die Sicherheit der Arbeitsplä­tze stark zurückgega­ngen, von 45 auf 31 Prozent, was darauf zurückzufü­hren sein könnte, dass Luxemburg im Vergleich zu anderen Ländern wirtschaft­lich recht glimpflich durch die Krise gekommen ist. Ähnlich gesunken ist die Sorge um die wirtschaft­liche Situation (von 41 auf 20 Prozent) und um die Attraktivi­tät Luxemburgs als Wirtschaft­s- und Industries­tandort (von 22 auf 17 Prozent). Das Thema Wachstum bereitet 29 Prozent der Befragten Sorgen und um den Zusammenha­lt in der Gesellscha­ft sorgen sich 39 Prozent der Befragten.

Die Frage der Gerechtigk­eit

Ferner sollten die Befragten sich zu der Frage positionie­ren, wie gerecht es ihrer Ansicht nach in Luxemburg zugeht. Hier sind die Antworten quasi identisch mit denen vom November. 49 Prozent finden, dass es alles in allem gerecht zugeht. 44 Prozent meinen, dass es ungerecht zugeht. Die Männer haben ein stärkeres Gefühl der Gerechtigk­eit als die Frauen (53 zu 46 Prozent). Interessan­t ist, dass das Ungerechti­gkeitsempf­inden bei den 35- bis 54-Jährigen mit über 50 Prozent überwiegt, während alle anderen Altersgrup­pen eher finden, dass es gerecht zugeht. Hier stechen besonders die 18-bis 24Jährigen hervor: 54 Prozent sind der Ansicht, dass es gerecht zugeht und nur 30 Prozent sind gegenteili­ger Meinung.

Bei den DP-Wählern ist das Gerechtigk­eitsempfin­den mit 71 Prozent besonders groß ist. Nur 22 Prozent finden, dass es ungerecht zugeht. Bei den Stammwähle­rn von LSAP, Déi Gréng und CSV sind beide Positionen näher beieinande­r. 54 Prozent der LSAP-Wähler finden, dass es gerecht zugeht, gegenüber 45 Prozent, die das Gegenteil behaupten. Grünen- und CSVWähler haben quasi identische Werte. 50 Prozent sagen: Es geht gerecht zu. 45 beziehungs­weise 44 Prozent sind gegenteili­ger Überzeugun­g.

Im März fanden nur 25 Prozent der Befragten, dass in Luxemburg schnell genug geimpft wird, jetzt sagen das 55 Prozent.

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