Belastung und Entspannung
Mehr als ein Jahr Corona schlägt 60 Prozent der Bürger aufs Gemüt
In Luxemburg macht sich nach über einem Jahr Corona-Krise Entspannung breit. Das spiegelt sich auch in der Politmonitor-Umfrage wider, die zwischen dem 31. Mai und dem 9. Juni 2021 im Auftrag von „Luxemburger Wort“und RTL durchgeführt wurde. Doch die spürbare Entspannung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Menschen sich Sorgen machen, wie es nach der Krise weitergeht. Die Umfrage zeigt auch, dass viele Menschen psychisch stark gelitten haben – vor allem die junge Generation.
Spürbare Entspannung
Die Entspannung spiegelt sich unter anderem in der Einschätzung der Befragten wider, wie die Regierung die Corona-Krise bewältigt hat. 85 Prozent bescheinigen Blau-Rot-Grün eine gute Arbeit, nur 13 Prozent finden, dass die Regierung die Krise schlecht oder sehr schlecht gemanagt hat (siehe Grafik). Folglich steigt auch das Vertrauen der Menschen in die Regierung, das Land aus der sanitären Krise herauszuführen. 82 Prozent (80 Prozent im März) sind zuversichtlich, dass das gelingen wird. Die höchsten Werte verzeichnen die Stammwähler der drei Regierungsparteien – über 50 Prozent haben großes Vertrauen. Bei den CSV-Wählern ist das Vertrauen da, aber etwas verhaltener (siehe Grafik).
Die Krise hinterlässt Spuren in der Psyche der Menschen. 60 Prozent der befragten Wähler fühlen sich nach über einem Jahr Beschränkungen belastet. 15 Prozent fühlen sich sehr belastet (November: 14 Prozent), 45 Prozent eher belastet (November: 42 Prozent). 39 Prozent fühlen sich nicht oder gar nicht belastet (November: 44 Prozent). Die Grafik zeigt, dass die Beschränkungen den jungen Menschen besonders zugesetzt haben.
Fast drei Viertel der 18- bis 34Jährigen geben an, sich durch Maßnahmen wie Mundnasenschutz, Abstand halten und Kontaktbeschränkungen belastet zu fühlen. Nur 27 beziehungsweise 28 Prozent sind unbelastet durch die Krise gekommen. Je höher das Alter, desto geringer ist die Belastung. Am wenigsten belastet fühlen sich die 55- bis 64-Jährigen und die über 65-Jährigen (48 und 49 Prozent). Dennoch ist festzuhalten, dass die Krise auch den älteren Generationen aufs Gemüt geschlagen ist.
Dass die Krise die Menschen psychisch mitgenommen hat, bedeutet nicht, dass sie die Maßnahmen ablehnen. Die aktuellen finden sogar eine breite Zustimmung. Nur 19 Prozent der Befragten schätzen die Maßnahmen als übertrieben ein (März: 23 Prozent), zehn Prozent halten sie für nicht streng genug (März: 20 Prozent). Die große Mehrheit (66 Prozent) ist der Ansicht, dass sie genau richtig sind (März: 52 Prozent).
Breite Zustimmung (92 Prozent) gibt es für die Lockerungen in der Gastronomie. Die Menschen befürworten die Bereitstellung von kostenlosen PCR-Tests für noch nicht Geimpfte (83 Prozent) und 80 Prozent begrüßen, dass man im privaten Bereich wieder mehr Gäste empfangen kann (siehe Grafik). 75 Prozent sagen sich bereit, einen Schnelltest zu machen, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben und eine breite Mehrheit ist einverstanden mit der aktuellen Regelung, die Geimpften, Genesenen und negativ Getesteten größere Freiheiten zugesteht (62 Prozent). Am wenigsten damit einverstanden ist die Gruppe der 25- bis 34-Jährigen (siehe Grafik). Bei Veranstaltungen mit bis zu 2 000 Besuchern ist noch Skepsis angesagt. Nur 56 Prozent halten diese Maßnahme für angebracht.
Die Idee einer Corona-Steuer für Betriebe, die während der Krise besonders gut wirtschaften konnten, trifft bei 54 Prozent der
Befragten auf Zustimmung, wobei die Zustimmung bei den älteren Generationen mit 59 Prozent besonders ausgeprägt ist. Aber nur 44 Prozent der 18- bis 24-Jährigen finden eine Corona-Steuer eine gute Idee. Der von LSAP-Minister Dan Kersch ins Gespräch gebrachte Vorschlag einer Steuer für Krisengewinner kommt bei den LSAPWählern besonders gut an (63 Prozent). Am wenigsten begeistert sind die DP-Wähler mit 53 Prozent. Grünen- und CSV-Wähler befürworten eine Corona-Steuer mit jeweils 56 Prozent.
Impfgeschwindigkeit
Im März fanden nur 25 Prozent der Befragten, dass in Luxemburg schnell genug geimpft wird, jetzt sagen das 55 Prozent. Was nicht verwundert: Die Zufriedenheit steigt mit dem Alter. Nur 40 Prozent der 18- bis 24-Jährigen und 44
Prozent der 25- bis 34-Jährigen finden, dass schnell genug geimpft wird. Bei den über 55-Jährigen sind es 68 Prozent.
Der Rückgang des Infektionsgeschehens lässt die Menschen auf ein Ende der Corona-Krise hoffen. Doch wie geht es nach der Krise weiter? Welche Herausforderungen müssen umgehend und mit großem Eifer und Ehrgeiz angepackt werden? Die großen Themenblöcke, um die die Politik sich nach Ansicht der Wähler prioritär kümmern muss, sind die Wohnungskrise, die Folgen des Klimawandels und die Zukunftschancen der kommenden Generationen.
81 Prozent der Befragten (November: 78 Prozent) sehen in der Bekämpfung der Wohnungsnot die größte Herausforderung, doch auch das Verkehrsthema bleibt vorne dabei (62 Prozent). Neu dazu gekommen ist die Sorge um die Preissteigerung (45 Prozent). Die Sicherheitslage im Land ist – möglicherweise infolge der rezenten politischen Auseinandersetzung mit dem Thema – wichtiger geworden (36 Prozent, November: 31 Prozent). Andererseits ist die Sorge um die Sicherheit der Arbeitsplätze stark zurückgegangen, von 45 auf 31 Prozent, was darauf zurückzuführen sein könnte, dass Luxemburg im Vergleich zu anderen Ländern wirtschaftlich recht glimpflich durch die Krise gekommen ist. Ähnlich gesunken ist die Sorge um die wirtschaftliche Situation (von 41 auf 20 Prozent) und um die Attraktivität Luxemburgs als Wirtschafts- und Industriestandort (von 22 auf 17 Prozent). Das Thema Wachstum bereitet 29 Prozent der Befragten Sorgen und um den Zusammenhalt in der Gesellschaft sorgen sich 39 Prozent der Befragten.
Die Frage der Gerechtigkeit
Ferner sollten die Befragten sich zu der Frage positionieren, wie gerecht es ihrer Ansicht nach in Luxemburg zugeht. Hier sind die Antworten quasi identisch mit denen vom November. 49 Prozent finden, dass es alles in allem gerecht zugeht. 44 Prozent meinen, dass es ungerecht zugeht. Die Männer haben ein stärkeres Gefühl der Gerechtigkeit als die Frauen (53 zu 46 Prozent). Interessant ist, dass das Ungerechtigkeitsempfinden bei den 35- bis 54-Jährigen mit über 50 Prozent überwiegt, während alle anderen Altersgruppen eher finden, dass es gerecht zugeht. Hier stechen besonders die 18-bis 24Jährigen hervor: 54 Prozent sind der Ansicht, dass es gerecht zugeht und nur 30 Prozent sind gegenteiliger Meinung.
Bei den DP-Wählern ist das Gerechtigkeitsempfinden mit 71 Prozent besonders groß ist. Nur 22 Prozent finden, dass es ungerecht zugeht. Bei den Stammwählern von LSAP, Déi Gréng und CSV sind beide Positionen näher beieinander. 54 Prozent der LSAP-Wähler finden, dass es gerecht zugeht, gegenüber 45 Prozent, die das Gegenteil behaupten. Grünen- und CSVWähler haben quasi identische Werte. 50 Prozent sagen: Es geht gerecht zu. 45 beziehungsweise 44 Prozent sind gegenteiliger Überzeugung.
Im März fanden nur 25 Prozent der Befragten, dass in Luxemburg schnell genug geimpft wird, jetzt sagen das 55 Prozent.