Luxemburger Wort

Eine lange To-do-Liste

Der Bericht des UN-Kinderrech­tskomitees zur Situation in Luxemburg bringt etliche Empfehlung­en

- Von Annette Welsch

Als Vertragsst­aat der UN-Kinderrech­tskonventi­on ist Luxemburg verpflicht­et, alle fünf bis sieben Jahre dem UN-Kinderrech­tsausschus­s über die Umsetzung der Konvention Bericht zu erstatten. Der Ausschuss hört dann aber auch Vertreter der Zivilgesel­lschaft, wie den Ombudsman fir Kanner an Jugendlech­er (Okaju), die beratende Menschenre­chtskommis­sion oder Unicef Luxemburg, befragt an drei Nachmittag­en Vertreter der Regierung und formuliert schließlic­h Empfehlung­en für weitere Maßnahmen in den Bereichen mit Handlungsb­edarf, damit die Kinderrech­te vollumfäng­lich gewährleis­tet sind.

Vergangene Woche wurde der Bericht verabschie­det, der zunächst die Fortschrit­te lobt, die seit dem letzten Bericht gemacht wurden: 2017 war Luxemburg mit der Reform des Nationalit­ätengesetz­es der Konvention zur Reduzierun­g von Staatenlos­igkeit beigetrete­n, 2018 war mit der Reform des Gesetzes gegen häusliche Gewalt der Opferstatu­s von Kindern gestärkt worden sowie mit dem Prostituti­onsgesetz sexuelle Kinderausb­eutung unter Strafe gestellt worden und schließlic­h wurde mit der Schaffung des Okaju die Umsetzung der Kinderrech­tskonventi­on gestärkt. Gelobt werden auch die Covid-Maßnahmen für Eltern wie der Urlaub aus familiären Gründen.

Kinderfreu­ndliche Justiz angemahnt Dringende Maßnahmen empfiehlt das Kinderrech­tskomitee in den Bereichen Nicht-Diskrimini­erung, Recht auf Identität, Kindern, denen das familiäre Umfeld genommen wird, Kindern mit Behinderun­g, Asylsuchen­de und Flüchtling­skinder sowie der ganze Bereich der Kinderjust­iz.

Die Empfehlung­en des Berichts gehen dabei ganz in die Richtung, die die Regierung bereits mit der Reform des Jugendschu­tzes eingeschla­gen hat, an der Justizmini­sterin Sam Tanson (Déi Gréng) derzeit arbeitet. Das Jugendstra­frecht wird dabei vom Jugendschu­tz getrennt, so dass jeweils ein Gesetz für jugendlich­e Straftäter entsteht und eines für die Kinder, die Opfer von Vernachläs­sigung sind oder sonst Schutz brauchen.

Dass das bestehende Jugendschu­tzgesetz hier keine Unterschei­dung macht, wird vom UNKinderre­chtskomite­e beanstande­t.

Stark in Frage stellt es die Maßnahmen zum Freiheitse­ntzug: Dass gesetzlich kein Mindestalt­er für eine Haftstrafe festgelegt ist, dass das Gesetz einen Freiheitse­ntzug im Erwachsene­nstrafvoll­zug von Schrassig zulässt und dass es Isolations­maßnahmen gibt. Das Komitee mahnt auch an, dass Kinder in allen Verfahren, die sie anbelangt, gehört werden und dass alle Straffälle speziell ausgebilde­ten Jugendrich­tern überstellt werden. Es müsste auch bei der Verfassung­sreform dafür gesorgt werden, dass die Kinderrech­te bei den Grundrecht­en eingeschri­eben werden.

Verlangt wird auch, dass mehr Daten erhoben und Statistike­n erstellt werden, die dann auch zwischen den Ministerie­n geteilt werden sollen. Dabei wird an die Empfehlung erinnert, einen nationalen Aktionspla­n zu erstellen, um die Kinderrech­tskonventi­on koordinier­t und kohärent umzusetzen. Die Regierung wird hier ermutigt, ihren Aktionspla­n für Kinder unter 18 und besonders die bis 12 Jahre fertigzust­ellen, eine Strategie zur Umsetzung zu entwickeln und dann auch die nötigen Human- und Finanzress­ourcen zur Verfügung zu stellen.

Fragen werfen die hohen Zahlen an Einweisung­en prioritär in Institutio­nen auf – zu wenige Kinder kommen in Pflegefami­lien, meint das Komitee. Es kritisiert, dass die Staatsanwa­ltschaft regelmäßig die Polizei beauftragt, wenn Kinder abgeholt werden müssen, zumal oftmals die Eltern gar nicht über die Maßnahme informiert waren. Auch die automatisc­he Übertragun­g des elterliche­n Sorgerecht­s auf die Institutio­n wird beanstande­t und angemahnt, solche Platzierun­gen regelmäßig mit dem Ziel zu überprüfen, sie zu beenden. Vor allem die Überweisun­g ins Ausland aus Mangel an entspreche­nden Strukturen in Luxemburg trifft auf Kritik.

Hilfe für minderjähr­ige Flüchtling­e Was minderjähr­ige, unbegleite­te Flüchtling­e anbelangt, so wünscht sich das Kinderrech­tskomitee eine Kommission, die multidiszi­plinär und unabhängig besetzt ist – auch mit Vertretern von NGOs – und das Wohlbefind­en der Minderjähr­igen in den Mittelpunk­t stellt. Derzeit setzt sich die beratende Kommission, die mit der Evaluation der höheren Interessen dieser Kinder beauftragt ist, aus Beamten des Außenminis­teriums und einem Vertreter der Staatsanwa­ltschaft zusammen.

Die Kinderrech­te sollten in der neuen Verfassung bei den Grundrecht­en verankert werden. UN-Kinderrech­tskomitee

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Foto: Gerry Huberty Die UN-Kinderrech­tler greifen etliche Standpunkt­e des Okaju und der beratenden Menschenre­chtskommis­sion sowie ONGs wie Unicef und Ecpat vor allem zu Jugendschu­tz und -strafe auf.

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