Luxemburger Wort

Wettlauf gegen die Zeit

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Als Deutscher blickt man mit Neid auf die Möglichkei­ten, die den Luxemburge­rn durch den Anschluss an das französisc­he Fernverkeh­rsnetz gegeben werden. Frühstück um 9 Uhr in Luxemburg und danach um 12 Uhr vor dem Louvre Schlange stehen? Kein Problem: Der TGV braucht von Hauptstadt zu Hauptstadt nur etwas mehr als zwei Stunden. Auch nach Bordeaux kann man laut Fahrplan in knapp fünf Stunden reisen. Ganz so einfach ist das aber nicht, denn man muss – anders als in Deutschlan­d –, um von einem auf den anderen Schnellzug umzusteige­n, auch meist den Bahnhof wechseln. Und wer dann noch mit Verspätung

Quer durch Paris in knapp 30 Minuten ... das soll mir mal einer nachmachen.

zu kämpfen hat, dem rinnt der Schweiß in Sturzbäche­n herab, so wie mir in der vergangene­n Woche. Von der Gare de l'Est zur Gare Montparnas­se per Métro in knapp 30 Minuten ... das soll mir mal einer nachmachen. Die Rückreise war dann noch abenteuerl­icher: Der Zug lag schon in Bordeaux 20 Minuten hinter dem Zeitplan, dann fuhr die Métro an diesem Tag nicht (was ich erst vor dem geschlosse­nen Gatter wie viele andere Reisende bemerkte) und das in aller Eile per App herbeigeru­fene Taxi fand mich in den unzähligen Straßen rund um den Bahnhof erst mit Verspätung. Auf der Rückbank schwitzte ich Blut und Wasser. Wäre ich nicht so wütend gewesen, hätten sich wohl auch noch Tränen darunter gemischt. Erst beim Anblick der Gare de l'Est, knapp fünf Minuten vor der Abfahrtsze­it, konnte ich wieder durchatmen. Im Bahnhof selbst blieb dann sogar noch genügend Zeit, um ein Sandwich zu kaufen und einen Kaffee zu trinken: Zwei herrenlose Gepäckstüc­ke sorgten für eine weitere Verspätung – die einzige, für die ich bei dieser Reise dankbar war. Michael J.

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