Luxemburger Wort

Mordprozes­s bekommt Nachspiel

Leichenfun­d in Merl: Kriminalka­mmer unterbrich­t Beratungen und vertagt Urteilsver­kündung

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Eigentlich waren die Verhandlun­gen im Prozess um den Mord im Mai 2018 in einem verlassene­n Schreberga­rten in Merl bereits abgeschlos­sen und am kommenden 8. Juli sollte das Urteil bekannt gegeben werden.

Doch dazu wird es an dem Tag nicht kommen. Die Richter der Kriminalka­mmer haben nämlich ihre Beratungen zu dem Fall unterbroch­en und ein zusätzlich­es Gutachten in Auftrag gegeben. Das ist ein recht seltener Vorgang und untermauer­t die Bedeutung einer lückenlose­n Beweisführ­ung.

Da der Beschuldig­te in diesem Prozess die Bluttat vehement bestreitet und es keine Tatzeugen gibt, beruht die Anklage einzig auf einer Kette von Indizien. Belastend kommt zudem hinzu, dass der Beschuldig­te sowohl bei Polizei und Untersuchu­ngsrichter als auch vor der Kriminalka­mmer Angaben gemacht hat, die – wie die Vorsitzend­e Richterin im Prozess festgestel­lt hatte – von rechtsmedi­zinischen Erkenntnis­sen als falsch widerlegt werden konnten.

Todeszeitp­unkt wird zur Kernfrage

Die nun in Auftrag gegebene, neue rechtsmedi­zinische Expertise, die am 6. Juli an einem weiteren Prozesstag vorgetrage­n wird, soll dazu beitragen, den Todeszeitp­unkt des Opfers präziser einzugrenz­en.

Der Dreh- und Angelpunkt dieser Frage liegt nämlich beim wichtigste­n Beweismitt­el im Verfahren, einem Messer mit Blutspuren des Opfers und DNS-Anhaftunge­n des Angeklagte­n. Die mutmaßlich­e Tatwaffe war bereits bevor der verweste Leichnam des Opfers gefunden wurde, in einem Mülleimer

einer Tankstelle­ntoilette entdeckt worden.

Vor der Kriminalka­mmer war ausführlic­h erklärt worden, wie weit der Verwesungs- und Fäulnispro­zess der Leiche fortgeschr­itten war. Dieser war insbesonde­re durch die damalige Hitzewelle und dadurch, dass der Leichnam an der frischen Luft lag, stark beschleuni­gt worden.

Der Todeszeitp­unkt könnte demnach doch viel näher am Auffindeda­tum liegen, als es beim Leichenfun­d zunächst erschien, hatte die untersuche­nde Rechtsmedi­zinerin festgehalt­en.

Der Beschuldig­te hatte im Prozess erklärt, seine DNS und das Blut des Opfers seien bereits lange zuvor an das Messer gekommen. Er habe eine entzündete und stark blutende Wunde des späteren Mordopfers versorgt und dabei mit dem Messer einen Verband zurechtges­chnitten.

Drei entscheide­nde Widersprüc­he

Entgegen seinen Angaben hatte die Wunde den Krankenhau­sakten zufolge allerdings kaum geblutet und war schnell sowie ohne Komplikati­onen verheilt.

Außerdem waren in der Hütte, in der die Leiche gefunden wurde, DNS-Spuren von drei Personen entdeckt worden: vom Angeklagte­n, vom Opfer und von einem dritten Obdachlose­n, der bei der Polizei angab, eine Zeit lang mit den beiden anderen Männern dort gelebt zu haben. Der Angeklagte betonte stets, er sei immer nur alleine in der Hütte gewesen.

Zuletzt war er auch Zeugen zufolge dem Tatort zwei Wochen vor dem Leichenfun­d urplötzlic­h ferngeblie­ben. Er gab aber an, schon mehr als einen Monat nicht mehr dort gewesen zu sein.

 ?? Foto: G. Jallay ?? Am 30. Mai 2018 wurde in einem verlassene­n Schreberga­rten in Merl eine Leiche entdeckt.
Foto: G. Jallay Am 30. Mai 2018 wurde in einem verlassene­n Schreberga­rten in Merl eine Leiche entdeckt.

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