Mordprozess bekommt Nachspiel
Leichenfund in Merl: Kriminalkammer unterbricht Beratungen und vertagt Urteilsverkündung
Luxemburg. Eigentlich waren die Verhandlungen im Prozess um den Mord im Mai 2018 in einem verlassenen Schrebergarten in Merl bereits abgeschlossen und am kommenden 8. Juli sollte das Urteil bekannt gegeben werden.
Doch dazu wird es an dem Tag nicht kommen. Die Richter der Kriminalkammer haben nämlich ihre Beratungen zu dem Fall unterbrochen und ein zusätzliches Gutachten in Auftrag gegeben. Das ist ein recht seltener Vorgang und untermauert die Bedeutung einer lückenlosen Beweisführung.
Da der Beschuldigte in diesem Prozess die Bluttat vehement bestreitet und es keine Tatzeugen gibt, beruht die Anklage einzig auf einer Kette von Indizien. Belastend kommt zudem hinzu, dass der Beschuldigte sowohl bei Polizei und Untersuchungsrichter als auch vor der Kriminalkammer Angaben gemacht hat, die – wie die Vorsitzende Richterin im Prozess festgestellt hatte – von rechtsmedizinischen Erkenntnissen als falsch widerlegt werden konnten.
Todeszeitpunkt wird zur Kernfrage
Die nun in Auftrag gegebene, neue rechtsmedizinische Expertise, die am 6. Juli an einem weiteren Prozesstag vorgetragen wird, soll dazu beitragen, den Todeszeitpunkt des Opfers präziser einzugrenzen.
Der Dreh- und Angelpunkt dieser Frage liegt nämlich beim wichtigsten Beweismittel im Verfahren, einem Messer mit Blutspuren des Opfers und DNS-Anhaftungen des Angeklagten. Die mutmaßliche Tatwaffe war bereits bevor der verweste Leichnam des Opfers gefunden wurde, in einem Mülleimer
einer Tankstellentoilette entdeckt worden.
Vor der Kriminalkammer war ausführlich erklärt worden, wie weit der Verwesungs- und Fäulnisprozess der Leiche fortgeschritten war. Dieser war insbesondere durch die damalige Hitzewelle und dadurch, dass der Leichnam an der frischen Luft lag, stark beschleunigt worden.
Der Todeszeitpunkt könnte demnach doch viel näher am Auffindedatum liegen, als es beim Leichenfund zunächst erschien, hatte die untersuchende Rechtsmedizinerin festgehalten.
Der Beschuldigte hatte im Prozess erklärt, seine DNS und das Blut des Opfers seien bereits lange zuvor an das Messer gekommen. Er habe eine entzündete und stark blutende Wunde des späteren Mordopfers versorgt und dabei mit dem Messer einen Verband zurechtgeschnitten.
Drei entscheidende Widersprüche
Entgegen seinen Angaben hatte die Wunde den Krankenhausakten zufolge allerdings kaum geblutet und war schnell sowie ohne Komplikationen verheilt.
Außerdem waren in der Hütte, in der die Leiche gefunden wurde, DNS-Spuren von drei Personen entdeckt worden: vom Angeklagten, vom Opfer und von einem dritten Obdachlosen, der bei der Polizei angab, eine Zeit lang mit den beiden anderen Männern dort gelebt zu haben. Der Angeklagte betonte stets, er sei immer nur alleine in der Hütte gewesen.
Zuletzt war er auch Zeugen zufolge dem Tatort zwei Wochen vor dem Leichenfund urplötzlich ferngeblieben. Er gab aber an, schon mehr als einen Monat nicht mehr dort gewesen zu sein.