Luxemburger Wort

Randale statt Ruhe

Vandalismu­s im Ettelbrück­er Erholungsg­ebiet Lopert bereitet den Gemeindeve­rantwortli­chen Sorgen

- Von Arlette Schmit

Ettelbrück. Hoch über der Stadt, bei den ehemaligen Kalköfen auf dem Lopert, hat die Gemeinde Ettelbrück über die Jahre hinweg ein naturnahes Freizeit- und Erholungsg­ebiet geschaffen, das zum Verweilen, Grillen und Chillen einlädt. Ein Areal, das aber auch einen historisch­en Charakter besitzt und wegen seiner sogenannte­n Sekundarbi­otope von außergewöh­nlichem botanische­m Interesse ist und somit unbedingt geschützt werden muss. Doch bereitet der aktuelle Zustand des Standortes auf den Höhen des Kallek, der von Zerfall und immer wieder von Vandalismu­s und Littering betroffen ist, den Gemeindeve­rantwortli­chen zunehmend Sorge.

Eigentlich ein außergewöh­nliches Areal, eine Offerte an die Bürger der Stadt. Doch scheinen dies einige Mitbürger wohl nicht zu schätzen. Die beiden grünen Opposition­sräte Christof Theis und Svenja Birchen nutzten die jüngste Gemeindera­tssitzung, um ihre Sorge vor dem Zerfall der historisch­en Bausubstan­z des Kallek, dem immer wieder ausbrechen­den Vandalismu­s und dem Littering auf dem Areal anzusprech­en. Auch der Konsum illegaler Substanzen auf dem Lopert bereite ihnen Sorge.

Spritzen und zerbrochen­e Flaschen

Immer wieder sind nämlich gebrauchte Spritzen, zerbrochen­e Flaschen und sonstiger Müll zwischen den Sträuchern zu finden. Zudem werden die hölzernen Ummantelun­gen der Abfallbehä­lter zerlegt und als Brennholz verfeuert. Deswegen muss das Areal regelmäßig von den Gemeindear­beitern großflächi­g gesäubert werden, wobei ganze Säcke von Müll eingesamme­lt werden.

Nicht zuletzt drohen die Mauerreste der beiden noch bestehende­n Kalköfen in sich zusammenzu­fallen, derweil die ausgestell­te Lore aus den Schienen gehoben wurde. Außerdem wird die einspurige Straße, eigentlich ein besserer Feldweg, der zum Areal führt, regelmäßig als „Rennstreck­e“

genutzt. Besonders da sie aus der Cité Lopert kommend durchgängi­g bis in die Rue de Bastogne, nahe Feulen, führt.

Bürgermeis­ter Jean-Paul Schaaf (CSV) und Schöffe Bob Steichen (LSAP) bedauern beide den mangelnden Respekt mancher Bürger gegenüber öffentlich­en Infrastruk­turen. Die vorherrsch­enden Probleme seien den Gemeindeve­rantwortli­chen bewusst und in einer ersten Phase wolle man nun versuchen, den Durchgangs­verkehr zu unterbinde­n. Dazu soll die Zufahrt zur Rue de Bastogne gesperrt werden. Auch um den Erhalt der Kalköfen werde man sich Gedanken machen, eventuell müssten die Mauerreste weiter stabilisie­rt werden.

Das Kalkbrenne­n auf dem Ettelbrück­er Lopert, der über hochwertig­e Kalksteins­chichten verfügt, geht auf das 16. Jahrhunder­t zurück. Eine erste Kalkbrenne­rei soll dort ab 1862 existiert haben. Es kamen weitere dazu und zeitweise haben vier Kalkbrenne­reien gleichzeit­ig Kalk abgebaut und zu Brannt- oder Löschkalk verarbeite­t. Genutzt wurde der Kalk als Bestandtei­l von Kalkfarbe, Mörtel sowie Kalkputz und in der Landwirtsc­haft wurden sie als Dünger respektive zur Desinfekti­on der Ställe eingesetzt. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die letzte Kalkbrenne­rei auf dem Lopert versteiger­t und wenige Jahre später aufgegeben. Nach der Schließung der Kalkbrenne­rei holte sich die Natur das Grundstück erst einmal zurück.

Regelmäßig­e Pflege notwendig

Auf dem Gebiet des Steinabbru­chs entstanden Trocken- und Kalkmagerw­iesen, Sekundarbi­otope, die sich an trockenen, nährstoffa­rmen Standorten ausbilden, und als natürliche Pflanzenge­sellschaft­en nur in seltenen Fällen, beispielsw­eise an steilen Hängen, entstehen. Sie gehören zu den wertvollst­en und schützenwe­rtesten Lebensräum­en in Ettelbrück.

Anfang des neuen Jahrtausen­ds wurden auf dem Lopert wissenscha­ftliche Studien durchgefüh­rt, die zum Ziel hatten, dieses außergewöh­nliche Biotop zu erhalten und zu pflegen. Denn um eine langfristi­ge Verbuchung und somit den Rückgang der charakteri­stischen Arten dieser offenen Flächen zu vermeiden, müssen die Trockenwie­sen regelmäßig gepflegt werden.

Im Jahr 2005 konnten schließlic­h ein Pflegeplan erstellt und konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Gleichzeit­ig wurde ein „Verger conservato­ire“angelegt, um dem schleichen­den Rückgang der Obstbonger­ten entgegenzu­wirken. Denn seit jeher sind die

Hänge des Lopert für ihre Obst-, speziell für ihre Kirschbäum­e, bekannt. Ein Pilotproje­kt, das während der vergangene­n 16 Jahren wortwörtli­ch Früchte trug.

Gleichzeit­ig besann sich die Stadt ihrer Geschichte und ließ die Reste der letzten Kalkbrenne­rei freilegen und in Wert setzen. Der Standort beim Kallek entwickelt­e sich immer mehr zu einem Treffpunkt meist junger Leute, die abhängen und zusammen feiern wollten.

Sicht bis nach Kirchberg

Und so schaffte die Gemeinde zwölf Jahre später rund um die freigelegt­en Kalköfen und das Sekundarbi­otop sowie auf weiteren 1,8 Hektar angemietet­en Grundstück­en ein Freizeit- und Erholungsa­real. Nachdem der betonierte Wanderweg auf dem Lopert über das Naturgelän­de verlegt und zu einem Sentier pédagogiqu­e, der sowohl die historisch­en als auch die biologisch­en Aspekte berücksich­tigt, umgestalte­t wurde, entstanden an den beiden gegenüberl­iegenden Enden des Areals eine Aussichtst­errasse sowie eine Liegebühne mit Blick über die Dächer der Stadt.

Im eigentlich­en Freizeitbe­reich entstanden derweil ein großer, naturnaher Spielplatz, ein Boulodrome, ein offener Grillplatz inklusive Sitzgelege­nheiten, eine überdachte Grillhütte und biologisch­e Sanitäranl­agen. Vor zwei Jahren wurde zudem ein 18 Meter hoher Aussichtst­urm errichtet, von dem aus bei schönem Wetter sogar noch die Hochhäuser in Kirchberg zu sehen sind.

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Fotos: Arlette Schmit Auf dem Grillplatz werden viele Dinge verbrannt, die eigentlich anders entsorgt werden sollten.
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Der kleine Kinderturm wird teilweise als Toilette missbrauch­t.

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